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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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gesagt?«
    »Du stehst unter Schock.«
    Das könnte die Sache mit dem Gar-nichts-Fühlen natürlich erklären, aber wenn man erst mal unter Schock steht, versteht man das nicht so wirklich.
    »Sagst du mir jetzt, was er gesagt hat?«
    »Nein.«
    Ich lächelte - lächelte! - und sagte todernst: »Okay. Ich geh dann mal proben.«
    Tim hielt mich zurück. »Tilly. Er hat eine andere. Er wird sie heiraten. Er hat sie mit dir nur betrogen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ach, das glaub ich nicht, das hätte er mir doch gesagt. Oder … hat er dir das gesagt?«
    Tim schwieg und sah mich an.
    »Das ist alles eine Verwechslung«, sagte ich zögerlich.
    Tim schwieg weiter.
    »Hat er wirklich zu dir gesagt, dass er heiraten wird?«
    Tim nickte knapp, sagte aber immer noch nichts.
    »Bist du sicher, dass du mit ihm gesprochen hast?«
    Ein finster blickender, schweigender, nickender Tim.
    Ich hatte offenbar schon vor einer Weile angefangen zu zittern, merkte es aber erst jetzt. Ich saß da und starrte vor mich hin, versuchte zusammenzubringen, was gestern zwischen mir und Marc passiert war und was ich heute über ihn erfahren hatte. Es passte nicht zusammen, es ging nicht in meinen Kopf, und doch wusste ein Teil von mir, dass genau das die Wahrheit war: Mal wieder war ich von einer anderen Frau ausgestochen worden. Mal wieder würde ich nicht die Nummer eins sein. Nur tat es diesmal viel mehr weh als sonst. Eine einzige Nacht hatten wir nur gehabt, aber auf diese Nacht hatte ich jahrelang gewartet. Diesen Mann hatte ich tiefer und inniger geliebt als jeden anderen. Ich verlor den Boden unter den Füßen.
    Tim sah mir an, wie es mir ging. Er nahm meine Hand, drückte sie fest, breitete dann seine Arme aus und wartete, bis ich mich laut schluchzend an seine Brust geworfen hatte.
    Manchmal dauerte es eben ein bisschen länger, bis ich etwas begriff.

    Man sollte es erwachsenen Menschen per Gesetz verbieten, sich zu ihren Eltern zu verziehen, wenn es ihnen schlechtgeht. Ein solches Gesetz hätte mich vor einer noch tieferen Depression ganz sicher bewahrt. Ich stolperte nämlich von der Staatsoper direkt in die Bahn, die mich zu meinem Elternhaus brachte, und statt dort auf Zuneigung und Verständnis zu stoßen, geriet ich zwischen die Fronten einer ehelichen Auseinandersetzung. Grund für den Streit war meine Schwester Fina.
    »Natürlich bezahlen wir das Essen«, schrie meine Mutter.
    »Wieso sollten wir? Dieser Finanzheini hat doch Geld zum Verbrennen!«, schrie mein Vater zurück.
    »Das gehört sich nun mal so! Wir bezahlen, und fertig!«
    »Aber dann will ich auch aussuchen, wo ich essen gehe!«
    Ich hatte ganz vergessen, dass im Moment wirklich alle im Heiratswahn waren. Sogar Fina. Nur ich nicht.
    »Dieser Bob kennt sich bestimmt aus, da kannst du ihn nicht einfach ins nächste Steakhaus schleppen«, wütete Mutter.
    »Aber ich hab diese Woche schon einmal Fisch gegessen, ich geh nicht schon wieder Fisch essen!«, schrie Vater.
    »Dann gehen wir eben ganz woanders hin. Italienisch oder Vietnamesisch, oder was essen denn die jungen Leute heute so? Chinesisch nicht mehr, oder essen sie noch Chinesisch? Tilly, isst du Chinesisch?«

    Meine Eltern starrten mich an und warteten auf meine Antwort. Dass ich gerade aussah, als hätte ich stundenlang Rotz und Wasser geheult (ich hatte stundenlang Rotz und Wasser geheult), ignorierten sie höflichst. Ich schnäuzte mich demonstrativ.
    »Was ist mit dem Kind?«, fragte Vater.
    »Wahrscheinlich hat sie ihre Tage«, sagte Mutter. »Also, Kind, wo gehen wir mit Fina und Bob hin?«
    »Ins ›Carls‹, mindestens«, heulte ich.
    Meine Eltern sahen sich verblüfft an.
    »Sagt mal jemand was zu mir?«, forderte ich.
    »Gute Idee«, sagte mein Vater anerkennend und ging immer noch nicht auf meinen Zustand ein. »Dass wir da nicht von selbst …«
    »Ach, da würdest du also hingehen?« Mutter war schon wieder auf Krawall aus.
    »Ja«, plärrte mein Vater. »Die braten mir ein Steak, und zwar ein ganz feines, so was bekommt man nicht alle Tage!«
    »Hohooo«, höhnte Mutter. »Der feine Herr kennt sich ja gut aus im ›Carls‹! Wann war er denn da, der Herr? Davon weiß ich ja gar nichts!«
    Vater schnaufte. »Man hat es dem feinen Herrn erzählt, der feine Herr hat nämlich im Gegensatz zu der edlen Dame Freunde!«
    »Puh, jetzt hast du’s mir aber gezeigt!«, pampte Mutter, und ich fragte mich, wie viele Jahre die beiden es noch miteinander aushalten wollten. Als Kind hatte ich mir schon

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