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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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hätte bestimmt…« Ich stockte, weil er so energisch den Kopf schüttelte, dass ich Angst um seine Halswirbelsäule bekam. »Was?«
    »Deshalb sind Sie die ganze Zeit so. Und ich hab mich schon gefragt, was ich falsch gemacht habe.«
    »Was?«, wiederholte ich.
    »Sie verwechseln mich.«
    »Herr von Lahnstein«, knirschte ich genervt. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Sie garantiert nicht verwechsle. Mit wem sollte ich Sie wohl verwechseln? Wir haben uns ja nun oft genug gesehen, und …«
    »Mit meinem Schwager«, unterbrach er mich. »Moritz von Lahnstein. So heißt mein Schwager.«

    Ich glotzte vermutlich ziemlich blöde. Durch den Flur drang irgendwas Kammermusikartiges mit Streichern, das ich nicht gleich zuordnen konnte. Die Party ging offenbar fröhlich weiter. Gut so.
    »Aber Sie sind doch Herr von Lahnstein«, protestierte ich schwach.
    »Ich bin Fabian Rietmann. Angenehm.« Er streckte mir die Hand hin. Ich schüttelte sie nicht. Mein Unterkiefer bewegte sich ein paar Mal ziemlich unsinnig, bevor sich endlich meine Stimmbänder dazuschalteten: »Nein, nein, Sie sind Oscars Vater!«
    »Onkel.«
    »Onkel! Warum hat mir das keiner gesagt?« Okay, warum hätte mir das jemand sagen sollen?
    »Sie lassen mich ja nie zu Wort kommen.«
    Ja, irgendwie war das alles mächtig schräg gelaufen. Andererseits … »Sie waren ja auch echt arrogant, als Sie Oscar abgeholt haben.« Ha. Auch wenn er nicht derjenige war, der uns unsere Räume wegnehmen wollte - er hatte schließlich angefangen, pampig zu sein.
    »Ich war doch nicht arrogant! Ich war total überfordert, ausgerechnet Sie hier zu sehen. Ich dachte, Sie wären längst irgendwo im Ausland, und deshalb höre ich nichts von Ihnen.«
    »Wieso sollten Sie was von mir hören?«
    »Ähm, die Blumen? Haben Sie sie doch nicht bekommen? Verdammt, ich hab mir schon so was gedacht«, ärgerte er sich.
    »Doch. Aber Ihre Blumen waren immer anonym.
Und wieso haben Sie sie mir überhaupt geschickt?« Für einen kurzen Moment überfiel mich wieder die Angst, er könnte ein durchgeknallter Stalker sein, der gerade nur so tat, als hieße er Rietmann. Abgesehen davon, dass es sich nicht ausschloss, Rietmann zu heißen und ein durchgeknallter Stalker zu sein.
    Fabian Rietmann sah mich lange an. Dann bat er, hereinkommen zu dürfen. Ich zögerte, handelte mit ihm aus, dass die Tür offen bleiben müsste, und lehnte mich in angemessener Entfernung zu ihm an die Wand. Mein Raum sah ziemlich karg und elend aus ohne den Flügel, fiel mir auf. Rietmann setzte sich aufs Sofa und erzählte.
     
    Es gab eine Rietmann-Stiftung für besonders begabte Musikschüler, und ich wusste, dass einige der Klavier-Meisterklassen nicht nur in Hamburg mit gespendeten Rietmann-Flügeln ausgestattet worden waren. Fabian Rietmann hielt die Tradition seines Großvaters aufrecht und kümmerte sich persönlich um die Nachwuchsförderung, indem er Wettbewerbe besuchte und eben auch zu Abschlusskonzerten ging. Zu meinem war er auch gekommen. Ich hatte Chopin gespielt, denselben Walzer, den ich ihn vor ein paar Tagen hatte spielen hören.
    Er breche sich noch immer ganz fürchterlich die Finger bei dem Stück, gab er zu, aber er ließe nicht locker. Jedenfalls hatte sich Rupert nach dem Konzert gleich an mich rangewanzt, und Fabian Rietmann war gar
nicht erst zu Wort gekommen. Das schiene ihm öfter zu passieren, wenn es um mich ginge, scherzte er. Unzufrieden war er nach Hause gegangen, um anschließend auf die Idee mit den Blumen zu kommen. Eine dämliche Idee, gab er zu, denn ich hätte ja nicht wissen können, von wem die Blumen waren, weil er nie einen Absender dazuschrieb.
    Ich verstand das alles nicht. Jeder Pianist auf dieser Welt wäre entzückt, von Rietmann angesprochen zu werden, selbst wenn er nur sagen würde: »Von mir aus können Sie gerne mal den Flohwalzer auf einem unserer Flügel klimpern.« Irgendetwas musste damals passiert sein, dass er sich jahrelang nicht getraut hatte, mit mir zu reden. Ich fragte ihn schließlich ganz direkt.
    Und was er mir dann erzählte, warf mich endgültig um.
    Er war zu meinen Eltern gegangen und hatte ihnen zu ihrer Tochter gratuliert.
    »Oh, danke«, hatte Mutter gestrahlt. »Woher wissen Sie das denn?«
    Und Vater: »Ja, ja, sie ist unser ganzer Stolz, sie wird es weit bringen in London.«
    »Sie geht nach London?«, hatte Rietmann enttäuscht gefragt. »Ist sie da etwa schon unter Vertrag?«
    Meine Eltern hatten genickt.
    Mutter: »Schon lange. Sie ist

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