Für immer untot
konnte ich natürlich nichts vormachen.
»Und ein ziemlich schlimmer«, sagte sie. Ihre Lippen zitterten kurz. »Es brachte ihn sofort auf die schwarze Liste des Kreises, und sie sperrten ihn ein.
Sein Vater hat zwei Jahre lang mit Rechtsanwälten versucht, ihn herauszuholen, aber sie sagten ihm schließlich, es sei hoffnungslos. Etwas anderes, ein weniger schwerer Fall… Dann hätten sie vielleicht etwas tun können. Aber nicht für Jesse.« Tamis Miene verdunkelte sich. »Ich wollte ihn nicht all dem Mist überlassen.«
»Du hast ihn herausgeholt.«
Sie hob das Kinn. »Teufel auch, ja, das hab ich. Uns Nuller behandeln sie immer so, als wären wir nutzlos, aber wenn ich mich einem Schutzzauber nähere, taugt das Ding nichts mehr! Zwei Jahre lang war Jesse dort gewesen. Er erzählte mir viele Dinge, dass sie wie Gefangene gelebt hatten, dass niemand sie berührte, als hätten sie eine ansteckende Krankheit, und er berichtete auch von den Gerüchten.«
»Von welchen Gerüchten?«
»Hast du nichts davon gehört? Der Kreis lässt Operationen durchführen, wenn die Kinder alt genug sind.« Ich runzelte die Stirn. »Operationen?«
»Um sicherzustellen, dass sie sich nicht fortpflanzen und den Genpool ›verunreinigen‹ können, sollten sie irgendwie in die Freiheit entkommen!«
»Der Kreis weist diesen Vorwurf zurück«, warf Marlowe sanft ein.
Tami wandte sich ihm zornig zu. »Der gottverdammte Kreis würde die Wahrheit nicht einmal zugeben, wenn sie ihm in den gottverdammten Hintern tritt!«
Tami hatte keine Skrupel, einen Meistervampir vor dem halben Senat zu rüffeln. Marlowe trat einen Schritt zurück, hob die Hände und zeigte die Andeutung eines Lächelns. »Ich habe nicht gesagt, dass ich dem Kreis glaube.«
»Aber warum bist du hier?«, fragte ich Tami. »Ich meine, ich weiß, dass du das Gesetz gebrochen hast, aber es war keine so ernste Sache.« Eine Pflegemutter im sichersten aller Gefängnisse zu verwahren, erschien mir übertrieben, selbst für den Kreis.
Marlowe hob eine Braue. »Ein halbes Dutzend Schulen des Kreises in die Luft zu jagen, ist keine ernste Sache? Oh, ich habe ganz vergessen, mit wem ich rede.«
Ich runzelte erneut die Stirn, und dann wurde mir klar, was die Worte bedeuteten, woraufhin mein Blick zu Tami ging. »Moment mal! Bist du die Rastlose Rächerin, von der alle berichten?«
Sie verzog das Gesicht und strich mit der einen Hand über ihr zerknittertes Kostüm. »Sehe ich vielleicht rastlos aus?«
Wenn man berücksichtigte, was sie durchgemacht hatte, sah sie recht gut aus. Was aber nicht hieß, dass ich ihre Taten billigte. »Meine Güte, was hast du dir nur dabei gedacht?«
»Ich habe mir dabei gedacht, dass ich meinen Sohn vor den verdammten Mistkerlen in Sicherheit bringen musste! Aber als ich Jesse befreit hatte, flehte er mich an, auch einige seiner Freunde zu holen. Und seine Freunde hatten ebenfalls Freunde, die ihrerseits Freunde hatten… Und manchmal waren Schutzzauber nicht die einzigen Hindernisse, insbesondere als sie herausfanden, dass sie bei mir nicht wirkten. Sie begannen damit, Fallen vorzubereiten, und deshalb begann ich damit, Sprengstoff mitzunehmen, und… eins führte zum anderen.«
»Oh.« Ich blinzelte. Es fiel mir schwer, die verrückte »Rächerin« mit der Frau zu verbinden, die ich gekannt hatte. Vermutlich ging es ihr bei mir ähnlich.
»Schließlich erwischte mich der Kreis, und jetzt soll ich die Namen all jener nennen, die mir dabei geholfen haben, ein neues Zuhause für die Kids zu finden. Ich werde sie natürlich nicht nennen.« Tami schenkte Marlowe einen weiteren finsteren Blick. »Es ist mir gleich, was ihr mit mir anstellt. Selbst wenn ihr verdammten Vampire mich komplett aussaugt… Ihr erfahrt nichts von mir.«
»Deshalb bist du nicht hier«, sagte ich. Temperament zu zeigen, war eine Sache, den Senat zu beleidigen eine ganz andere. Was Beleidigungen betraf, hatte der Senat von mir genug für uns beide bekommen. »Ich möchte zu Mircea«, sagte ich zu Marlowe und zog Tami mit.
»Er ist indisponiert.«
»Darauf haben Sie bereits hingewiesen. Ich möchte trotzdem zu ihm.«
Marlowe wurde mit der für Vampire typischen Übergangslosigkeit ernst.
»Nein«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass Sie das möchten.«
»Wo ist er?«, fragte Alphonse. Er und Sal hatten sich bisher im Hintergrund gehalten, aber jetzt traten sie vor. Ein Senatswächter setzte sich in Bewegung, aber Marlowe winkte und ließ Alphonse und seine Freundin
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