fuer Liebende
Die ihnen Türen öffnen zu fremden Erlebenswelten, die sie bereichern, verführen, amüsieren und am besten verändern.
Ich will leben. Ganz kitschig, ganz normal, in einem Häuschen mit Garten. Darin eine große, warme Küche mit einem alten Holztisch, der Platz bietet für sechs bis acht nette Menschen, die hin und wieder zusammenkommen, um gemeinsam zu kochen, zu essen, zu lachen. Die Küche – das warme, pulsierende Herz des Hauses. Außerdem: ein Wohnzimmer mit einem offenen Kamin, vor dem man sitzen, reden, träumen, knutschen kann. Mein Arbeitszimmer unter dem Dach: viele Bücher, ein großer Schreibtisch vor dem Fenster mit Blick in den Garten. Ein Wald in der Nähe für Spaziergänge. Katzen natürlich, vielleicht ein Hund.
Es ist groß genug für zwei, dieses Häuschen. Groß genug, dass zwei miteinander leben, lieben, lachen, spielen und auch mal streiten können. Groß genug, dass sie einander nicht auf die Nerven gehen. Und es hat ein wunderbares, bequemes Bett im Schlafzimmer …
Okay, ich kann Dich rennen sehen. Muss Dein absoluter Albtraum sein, so was. Oder?
Jean ist jedenfalls nicht der Mann, mit dem ich diesen Traum teilen könnte. Das weiß ich. Aber er hat Respekt vor mir.
Auch wenn er eine Beziehung im herkömmlichen Sinn ablehnt, und mich je nach Lust und Laune zu Treffen bestellt, so hat er doch zugehört beim letzten Mal. Er will mit mir nämlich Sklavin und Sultan spielen, und mich versteigern lassen. Da gibt es einen Veranstalter in Berlin, der »Stolz-und-Demut-Partys« anbietet. Guck es Dir mal im Internet an. Hübsche Bilder von orientalischen Basaren und halbnackten Leibeigenen …
Sklavenversteigerungen in aller Öffentlichkeit.
Ich bin schon ganz aufgeregt …
Hannah
PS: Was machst Du zu Weihnachten?
Betrifft: (B)Engel
Von: Gruber Bestattungen
Datum: 20 . 12 . 2012 19:52
Hannah,
der Kommerzrummel in der Vorweihnachtszeit lässt mich kalt.
Kann jedoch verstehen, dass er sentimentale Anwandlungen auslöst. Bin auch nicht ganz frei davon, da gerade wenig zu tun ist. Vor Weihnachten wird kaum gestorben. Danach allerdings schon. Besonders im Januar und Februar. Aus Enttäuschung über erneute Einsamkeit nach den Feiertagen oder aus Stress, weil nichts so gelaufen ist wie geplant. Dazu eine nette, kleine Infektion, und schon ist alles vorbei. Besonders ältere Menschen sind diesbezüglich gefährdet.
Deine Idylle ist ein nettes kleines Spießerglück, dachte ich beim ersten Durchlesen. Dann schlich sich das Bild Deiner Küche in meinen Kopf. Ich kann nämlich kochen. Mein Hobby. Und dieser Holztisch, mit ein paar Freunden drum herum, der würde mir schon gefallen.
Davon abgesehen: Spießerglück und Sklavenmarkt? Du bist tatsächlich die interessanteste, weil widersprüchlichste Frau, die ich je kennengelernt habe.
Du schreibst, ich koche, und abends versohle ich Dir gepflegt den Hintern?
Halleluja!
Mike
PS: Meine Eltern weilen in der »Dom Rep«, daher bleibt mir das obligatorische Familientreffen erspart. Im
Galander
gibt es eine Weihnachtsfeier. Grün-rote Cocktails, blond gelockte Engel. Was will ich mehr.
PPS: Das Lied des Tages ist der beste, weil böseste Weihnachtssong aller Zeiten: The Pogues and KirstyMacColl, »Fairytale of New York«!
Betrifft: Pizza und Rute
Von: H. Zimmermann
Datum: 21 . 12 . 2012 12:32
Mike,
Du kannst kochen? Und zwar nicht nur Spiegeleier und Kaffee? Schon wieder eine Überraschung!
Das Lied ist klasse. Besonders wie die zwei sich angiften und einander vorhalten, der eine hätte dem anderen das Leben versaut.
In den letzten Jahren habe ich Weihnachten mit Birgit gefeiert. Abwechselnd bei ihr oder bei mir. Eine von uns hat gekocht (Birgit, ich habe höchstens Pizza bestellt), dann gab es Rotwein, Rockmusik, Tratsch und Klatsch, und zum Abschluss des Abends diesen herrlich kitschigen Weihnachtsfilm »Ist das Leben nicht schön?« mit James Stewart.
Ich vermisse Birgit.
Vielleicht gehe ich ins
Gargoyle
. Dort heißt es »Rute aus dem Sack«, und die bösen Mädchen und Jungs werden vom Weihnachtsmann übers Knie gelegt.
Jean hat versprochen, sich nach den Feiertagen wieder zu melden. Ich glaube, er hat irgendwo eine brave Frau und ein Kind oder zwei. Im Reihenhäuschen.
Hannah
PS: Für die Sklavenversteigerung nach Weihnachten hat er uns trotzdem angemeldet.
Betrifft: Christmas Blues
Von: Gruber Bestattungen
Datum: 22 . 12 . 2102 15:41
Hannah,
komm doch ins
Galander
. Oder noch besser: Schreib Deine Geschichte zu Ende.
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