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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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winkte ab.
     
    Der Hauptmann erinnerte sich noch gut, wie er vor rund zwei Monaten zum erstenmal auf ein Buch von Godunow gestoßen war. An
     einem Bücherstand vor der Metro lagenTaschenbücher in grellbunten Umschlägen aus. Jedesmal, wenn Leontjew sich wieder einmal einen Krimi gekauft und die ersten
     Seiten überflogen hatte, sagte er sich: Nie wieder!
    Er war seit seiner Kindheit ein Bücherwurm. Er saß mit einem Buch beim Essen, in der Metro; selbst auf die Toilette ging er
     nie ohne, sehr zum Verdruß seiner Familie. Aber er konnte nun mal nicht wahllos alles lesen.
    »Nehmen Sie Godunow«, riet ihm eines Tages die Verkäuferin.
    »Haben Sie ihn gelesen?« fragte der Hauptmann und betrachtete ein Taschenbuch mit dem Titel »Die Sackgasse«. Der Umschlag
     zeigte einen kahlgeschorenen Finsterling mit MPi und im Hintergrund eine nackte Frau in erotischer Verrenkung.
    »Ja. Von denen hier« – das Mädchen nickte angewidert zum Ladentisch – »ist er der einzige, den ich lesen kann.«
    Sie wirkte klug und gebildet. Der Hauptmann glaubte ihr und bereute es nicht. Er verschlang den Roman in zwei Nächten.
    Eine Woche später stieß er auf einen weiteren Roman von Godunow und las ihn ebenfalls in ein paar Nächten.
    Der Schriftsteller Viktor Godunow war also Nikita Rakitin, der auf so unsinnige Weise in einer maroden Bruchbude umgekommen
     war. In die er vermutlich geraten war, weil er irgendwelche Probleme hatte.
    Leontjew rief im Verlag an, stellte sich vor und fragte, ob es möglich sei, Rezensionen zu den Büchern von Viktor Godunow
     einzusehen.
    »Wieso, wird nun etwa doch weiterermittelt?« erkundigte sich eine Frauenstimme erstaunt. »Ich denke, es war ein Unfall?«
    »Über die Einleitung von Ermittlungen wird noch entschieden«, brummte der Hauptmann unbestimmt.
    Vor ihm auf dem Tisch lag der Beschluß des Staatsanwalts, dem zufolge der Tod von Nikita Rakitin ein Unfall war und es keinerlei
     Anhaltspunkte für ein Verbrechen gab, also keinen Anlaß für die Einleitung eines Verfahrens.
    »Können Sie morgen vorbeikommen, so gegen drei? Da ist der Pressechef des Verlags da, er hat alle Unterlagen.«
    Der Hauptmann bedankte sich und legte auf. Eine halbe Stunde später brachte man ihm das Ergebnis der Gutachten zu den Waffen
     und den Drogen, die in der Wohnung der Kudijarowa beschlagnahmt wurden.
    Die Herstellernummern der Waffen waren sorgfältig abgefeilt, alle Fingerabdrücke abgewischt. Allerdings gab es zahlreiche,
     relativ deutliche Abdrücke auf der Kaffeebüchse, in der sich die hundert Gramm der synthetischen Droge befunden hatten. Sie
     waren bereits durch den Computer gejagt worden. Nach Meinung des Experten stammten sie von einem gewissen Anton Jewgenjewitsch
     Sliwko, 1962 geboren. 1983 war Sliwko wegen vorsätzlichen Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, 1993 wurde er entlassen,
     er lebte im Dorf Powarowka im Gebiet Moskau.
    »Sehr schön«, murmelte der Hauptmann, »nun müssen wir diesen Sliwko suchen, ob wir wollen oder nicht.«
     
    Wie konnte ich nur auf die Idee kommen, Grischa könne der Schuldige sein? Nika stand noch immer wie angewurzelt im Nieselregen
     an der Kreuzung und sah der Alten mit dem Strohhut nach. Warum trägt sie einen Strohhut und eine dunkle Brille? Warum muß
     ich dauernd an den Blödsinn in diesem gemeinen anonymen Brief denken? Ich kann mich nicht damit abfinden, daß Nikita tot ist.
     Ich glaube es nicht. Aber warum will ich unbedingt einen Schuldigen finden? Grischa ist ein guter Mensch. Er ist mein Mann.
     Der Vater meines Kindes. Das ist doch Verrat. Ich habe nicht das Recht …
    »He, was ist los? Bist du übergeschnappt?« Sina kam mit zwei Einkaufstüten über die Straße gerannt. »Was machst du hier?
     Und wieso in Bademantel und Pantoffeln?«
    »Das Auto«, sagte Nika und schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, »der grüne Jeep. Du siehst nicht nach links und nicht
     nach rechts, wenn du über die Straße rennst. Du hättest den Überweg nehmen können.«
    Sina packte Nikas Arm und zog sie in den Hof.
    »Sie haben eine Katze überfahren, die Schweine«, sagte sie nachdenklich, als sie die Haustür öffnete. »Bitte, Nika, hör auf.«
    »Womit?«
    »Du weinst.«
    »Ich? Tatsächlich.«
    »Hör mal, hast du etwa gedacht, der Jeep hätte mich überfahren?«
    »Ja.«
    »He, Jelagina, wir beide haben uns acht Jahre nicht gesehen! Und auf einmal hast du solche Angst um mich? Wenn mir in den
     acht Jahren was passiert wäre, hättest du es

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