Fuer Wunder ist es nie zu spaet
ist.«
»Aber wenn Josefin die einzig Normale ist, dann ist doch wohl sie
diejenige, die komisch ist, oder?«
Ein schiefes Lächeln huscht über Majas Lippen, Alex denkt nach.
»Äh, du verstehst aber schon, was ich meine, oder?«, fragt er dann.
»Klar, aber ich bin anderer Ansicht. Niemand ist komisch. Oder alle
sind es.«
Schweigen. Vogelgezwitscher. Alex’ Hände streicheln sanft über Majas
Oberschenkel und spielen mit ihren Schamhaaren.
»Musst du dahin zurückgehen? Können wir nicht hier schlafen?«
Alex richtet sich auf, stößt Maja ein wenig an, dass sie weiter nach
innen rutscht, und dann legt er sich direkt neben sie. Er kriecht in ihre
warmen, offenen Arme und spürt ihre Finger, die seinen Kopf streicheln, und
einen leichten Kuss auf der Stirn.
»Das würde ich gern, wirklich. Aber ich muss in meinem Bett
schlafen. Wenn Pelle . . . na, du weißt schon. Und außerdem müssen wir morgen
weiter schwimmen üben. Du sollst schließlich die Stange mal loslassen! Und du
wirst es schaffen, Alex, du bist schon nah dran.«
»Wie wird es morgen?«
»Was denn?«
»Mit uns? Wie sollen wir uns verhalten?«
»Wie immer.«
»Und dann?«
Maja küsst Alex noch einmal auf die Stirn. Schweigend denkt sie
nach. Nein, sie denkt überhaupt nicht, das Gehirn springt nicht an, nur der
Bauch antwortet.
»Dann hole ich dich.«
»Wie das?«
»Weiß noch nicht genau, vielleicht, wenn die anderen Pause machen.
Ich glaube, dann solltest du noch etwas zusätzlich üben, findest du nicht
auch?«
»Doch, ich muss tierisch viel zusätzlich üben.«
»Genau!«
Sie küssen sich, und Maja spürt, wie sich Alex an sie presst.
Lachend schubst sie ihn von der Bank.
»Komm, lass uns gehen.«
Sie schleichen auf dem Kies herum, um ihre Kleider einzusammeln.
Alex reckt seinen braun gebrannten Körper zum dämmernden Himmel und gähnt
zufrieden. Maja knöpft das Cape über ihren nackten Körper und gibt Alex ihre
Hand, die dieser sanft küsst und zu sich zieht. Die ganze Maja zieht er in
einem langsamen Kuss an sich. Maja im Cape, Alex nackt.
»Das fühlt sich richtig scheiße an, dass du gleich neben Pelle
liegen wirst. Eigentlich sollte ich bei dir liegen.«
»Ich will auch bei dir liegen.«
Schweigen.
»Aber es ist nun mal so. Komm.«
Sie gehen Hand in Hand, Majas Kopf ruht auf Alex’ Schulter. Die
Kleider hat er über dem Arm hängen, nur die Hose hat er nachlässig hochgezogen
und den Hosenladen auch nicht richtig zugeknöpft. Was zum Teufel mache ich hier
eigentlich?, fragt Maja sich wieder und wieder und will doch die warme Hand von
Alex nicht loslassen.
Jetzt sieht er sie. Sie stehen am Rand des Labyrinths und
flüstern. Sie lassen sich los und treten aus den Irrgängen, als wäre nichts
gewesen. Channa schläft mit einem Badelaken als Decke auf einem der
Liegestühle, im dichten Brombeergestrüpp röhren ein paar Damhirsche, und Pelle
wacht mit der Hand auf dem Herzen an seinem Fenster. Ganz deutlich kann er
sehen, wie Maja und Alex sich zuwinken und jeder in seine Richtung geht. Doch
nach ein paar Metern überlegen sie es sich anders und geben sich noch einen
letzten Kuss. Er sieht, wie Maja schwankend durch den Haupteingang geht,
während Alex die französische Glastür auf der Rückseite des Hauses nimmt. Er
sieht, wie Maja und Alex sich, ehe sie sich aus den Augen verlieren, noch
einmal umdrehen, um sich ein letztes Gutenacht zuzuwinken. Er sieht, wie seine
Frau dem jungen Mann am Pool einen letzten Handkuss zuwirft.
38
D as ist Karin, die da im Wasser treibt!
Sie kann doch nicht schwimmen! Sie hat doch Todesängste, wenn es um Wasser
geht! Was macht sie bloß hier? Jens spannt alle Muskeln an, die er in seinem
Körper hat. Er macht längere Schwimmzüge, nutzt alle Kraft, die da ist, er muss
voran und schiebt das Wasser zur Seite. Er muss zu ihr, sie lebt nicht, sie ist
tot. Ist sie wirklich tot? Das grüne, durchsichtige Unterkleid umschwebt sie
wie bei einem koketten Tanz. Es mischt sich mit dem haselnussfarbenen Haar. Der
Kopf hängt schlaff auf ihrer Brust.
Jens hat das Gefühl, gegen eine schwere Strömung anschwimmen zu
müssen. Es ist wie in einem Albtraum, in dem man alle Kräfte mobilisiert, die
einem zur Verfügung stehen, so laut schreit, wie man kann, und trotzdem nicht
vorankommt. Es ist so still unter dem Wasser, kein Laut, nur Stille, obwohl
alles so dramatisch ist.
Es dröhnt und pocht in Jens’ Kopf, er muss hoch und Luft holen.
Schnell. Hoch, atmen, tief Luft holen,
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