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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Hamberg
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wieder runter. Unter Wasser ist er
schneller, muss schnell sein, jetzt ganz nah, noch näher. Da! Jens packt Karins
kühlen Arm und reißt sie an sich. Trotz des Wasserauftriebs ist sie schwer.
Jens legt sich auf den Rücken und schwimmt an Land, dabei hält er ihren
schlaffen Körper im eisernen Griff und drückt sie an seine Brust. Ihr Kopf
kippt nach vorn, er schlägt ihn zurück, ja, er packt sie hart an, er will Leben
in sie schütteln.
    »Gleich sind wir an Land, Karin. Nur noch kurz. Gleich sind wir an
Land. Ich werde dir helfen. Karin! Hörst du mich? Ich werde dir helfen. Ich
werde dich nie verlassen.«
    Er redet die ganze Zeit. Er schwimmt, hält sie ganz fest und redet.
Sie ist so schwer, so furchtbar schwer. Jetzt hat er Grund unter den Füßen.
Rauf, sie muss rauf. Jens stellt sich auf den Sandboden, hakt seine Arme unter
Karins Achseln und rennt den menschenleeren Strand hinauf. Ihre Füße schlagen
auf die Dünen, an der Wasserlinie lässt er sie mit einem Schlag fallen. Allein.
Er ist ganz allein. Was soll er tun?
    Jetzt ist Eile geboten, vielleicht ist es schon zu spät. Die Lungen.
Wasser in der Lunge. Das muss raus. Rasch setzt sich Jens hinter Karin, hebt
sie hoch und drückt auf den Brustkorb. Nichts geschieht. Fester drücken. Keine
Reaktion. Aber sie darf doch nicht tot sein! Voller Panik reißt Jens den
leblosen Körper hoch, hält sie um den Bauch und springt auf und nieder. Er schreit
und springt, er umklammert sie und drückt, schreit noch lauter. Im Wald
raschelt und knackt es von Tieren, die vor dem lauten Schreien fliehen.
    »Leeeben! Du sollst nicht sterben! Nicht jetzt! Los, Karin! Komm
zurück! Karin! «
     
    Maja schleicht auf Zehenspitzen in das rosa-grüne Schlafzimmer.
Ihre Haut ist noch nass von der schnellen Dusche, das Fenster steht einen
Spaltbreit offen, Pelle atmet schwer.
    Vorsichtig hebt sie die raschelnde Decke und kriecht darunter. Das
Betttuch ist schön kühl. Sie betrachtet Pelles lockiges Haar auf dem Kissen.
Sie streckt die Hand aus, um ihn zu streicheln, zieht sie aber schnell wieder
zurück. In ihrem Kopf dreht sich alles, als würde sie im Tassenkarussell auf
dem Jahrmarkt sitzen. Sie sieht die Menschen, die entlang des Zaunes stehen und
lächeln, winken und Fotos machen. Die Gesichter sind verwischt. Sie selbst
sitzt in der kreiselnden Kaffeetasse, und ihr ist ein bisschen übel.
    Schlechtes Gewissen. Pelles krauses Haar auf dem Kissen. Ihr Magen
verkrampft sich. Pelle, der nur ihr Bestes will, der sie liebt, der sie in
einem Schloss mit Atelier wohnen lässt, wovon andere Künstler nicht einmal zu
träumen wagen. Der ihr Kaninchen in Senfsoße kocht, wenn sie schlecht drauf
ist.
    Früher, in ihrer ersten gemeinsamen Wohnung, haben sie zusammen
Filme angeschaut, in dem großen Bett, mit zwei Kissen und nur einer Decke.
Immer unter derselben Decke. Damals konnten sie nie begreifen, warum es Leute
gibt, die zwei Decken brauchen. Sie lagen zusammen unter der Decke, vor sich
zwei Schachteln mit frittierten Krabben in süßsaurer Soße vom Chinagrill.
Eintauchen, essen, abbeißen, eintauchen, essen. Sie haben Woody Allen gesehen,
diesen Film, in dem er mit einer entsetzlich viel jüngeren Frau zusammen ist
und mit ihr im Bett liegt, sie essen chinesisches Essen, schauen einen Film an,
und er versucht, sie zu überreden, doch mit jemand anders auszugehen, weil sie
so jung ist, und als sie es schließlich tut, wird er wahnsinnig vor Eifersucht
und will sie zurückhaben.
    Maja und Pelle essen ihre Krabben und lachen, sie witzeln herum,
dass der Film ja von ihnen handele, wie sie im Bett liegen, ein alter Kerl und
ein junges Mädchen, und chinesisch essen und einen Film anschauen, der von
einem alten Kerl und einem jungen Mädchen handelt, die chinesisch essen und
sich gerade einen Film anschauen.
    Maja hat versprochen, Pelle niemals zu verlassen, und Pelle hat
versprochen, sie niemals zur Untreue zu überreden. Und dann haben sie die
Pappschachteln auf den Boden geworfen, sich geküsst und von der Zukunft geträumt.
Sie haben sich vorgestellt, dass sie zusammen Großes erschaffen würden, mit
ihrer Kunst und mit ihren Körpern.
    Oje, es zieht im Bauch. Sie möchte einfach ihre Decke anheben und
mit unter die von Pelle kriechen. Sie sollten wieder unter derselben Decke
liegen. Zusammen.
    Es ist nicht mehr dasselbe, schon lange nicht mehr. Wenn sie die
Hand ausstreckt, ist Pelle nicht da. Er backt lieber ein Kaninchen, als sie zu
umarmen. Dabei ist ihr Essen völlig

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