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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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riechen. »Wo es wohl brennt?«, fragte sie – und wie als Antwort zischte durch das offene Fenster ein feuriger Komet, der sich in einen der Deckenbalken bohrte.
    »Brandpfeile. Sie schießen mit Brandpfeilen!«, schrie eine Frauenstimme.
    Endlich begriff Hannah, was gemeint war. Doch schon loderte ein zweiter Pfeil durch das Fensterloch und setzte die Vorhänge der Abtrennung in Brand. Und jetzt wusste sie auch, woher der Brandgeruch kam: vom Turmdach.
    »Sie haben den Turm angesteckt. Sie wollen uns ausräuchern«, schrie sie.
    Neben dem Geheul der Frauen, das im Turminneren losbrach, vernahm Hannah das wütende Gekläff von Hunden, die draußen vor dem Turm tobten.
    Hannah sprang auf, riss eine Decke von einem der Betten und begann damit auf die Brandherde einzuschlagen, doch es war zu spät. Das trockene Holz, die dürren Balken, das Barchenttuch, alles brannte wie Zunder. Es knisterte sogar oben auf dem Dach.
    »Die wollen uns loswerden«, schrie sie.
    In aller Hast dachte sie darüber nach, was zu tun war, doch sie fand keine schnelle Lösung. Sie würden entweder in diesem Turm verbrennen, oder – wenn sie nach draußen flüchteten – von den Hunden, die vor dem Tor lauerten, zu Tode gebissen werden. Ein ebenso einfacher wie sicherer Plan ihrer Feinde, von denen sie nicht einmal genau wusste, wer sie waren.
    Sie spürte, wie Josefa sie am Handgelenk packte.
    »Sollen sie den Turm haben«, sagte diese entschlossen. Dann rief sie: »Nach unten, Weiber. Der Röttel und mir nach.«
    Hastig steckte Hannah noch ihr Geld und den Schmuck aus der Schatulle unter das Kleid. Beides hatte sie in einem Leinenbeutel in einer Schublade bei ihren Tinkturen liegen.
    Der fensterlose Turmunterbau wurde jetzt nicht nur von Kerzen erleuchtet, sondern auch vom Flackern der Brandherde. Das Untergeschoss war noch recht sicher, denn es hatte keine Luken nach außen und bestand aus Stein. Nur am hölzernen Tor hatte man Feuer gelegt, wie man an dem Licht erkennen konnte, das durch die Ritzen flackerte. Doch das Tor würde noch eine Weile standhalten.
    Hannah versammelte die Frauen um sich. Es waren mehr als dreißig, überschlug Hannah mit einem flüchtigen Blick. Dann wies sie Josefa an: »Wir fliehen durch den Brunnenschacht. Er ist nicht tief und führt nach draußen. Allerdings muss man die letzten Meter tauchen. Wer nicht schwimmen kann, braucht sich keine Sorgen zu machen. Das Wasser ist nur ungefähr brusttief. Taucht aber erst weiter bachabwärts auf. Wir treffen uns ...«, hier stockte Josefa.
    Hannah sprang ein. Zwar war durch das immer lauter werdende Knistern und Fauchen des Feuers über ihnen die Beschreibung nur schwer zu verstehen, doch sie erklärte den Frauen nochmals, wohin sie sich wenden sollten.
    Dann bückte sich Josefa, hob die Falltür zum Brunnen an und ließ die ersten Frauen hinab. Sie mussten sich auf den Rand setzen und dann springen. Ohne zu zögern ging es abwärts in die Finsternis.
    »Es sind nur knapp fünfzehn Fuß hinunter bis zum Bach«, drängte sie. »Beeilt euch.«
    Eine Frau nach der anderen verschwand im Brunnenschacht. Die Schwarze Liss und Hannah waren die Letzten. Sie sahen beide Nelda nach, die sich ins Dunkel fallen ließ, und horchten auf das nahe Platschen des Wassers.
    Hannah sah in das Lodern der Flammen über ihnen hinein, dann drückte sie Josefa die Hand. »Du warst unsere letzte Rettung. Danke.«
    Hannah umarmte die Bettlerin. Die Kräftige war so überrascht, dass sie Hannah beinahe in das Loch vor ihr gestoßen hätte. Doch die Apothekerin stockte.
    »Wir haben jemanden vergessen. Magdalena! Hat jemand Magdalena mitgenommen?«
    Die Kräftige, die deutlich zu sehen war im flackernden Schein der Brände, schüttelte den Kopf.
    »Wir können sie doch nicht einfach dort oben liegen und verbrennen lassen!«
    »Sie hat dir Unglück genug gebracht!«, keuchte Josefa. Langsam füllte sich der Raum mit Rauch.
    Hannah ließ sich nicht beirren. Mit einem Blick schätzte sie die Wahrscheinlichkeit ab, mit der sie die Treppe erreichen und das Mädchen oben befreien konnte. Sie spürte das Messer an ihrem Unterarm. Dann sprang sie auch schon in großen Sätzen die Treppe hinauf, ohne auf die wütenden Einwände Josefas zu achten. Dabei verfluchte sie die Kleidung der Frauen. Wie sie unter diesem unförmigen Rock litt, der sich ständig zwischen den Beinen verfing. Doch sie bald würde gar keine Zeit mehr haben, über solche Dinge nachzusinnen.
    Eine flackernde Hölle empfing sie. Die

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