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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Gelächter, so als freute sich der Teufel über die Sünder in diesem Palast und über die Sünden, die hier begangen wurden. Es schwoll an, kicherte und gackerte, dann ging es über in ein Schreien und Toben und brach schließlich unvermittelt ab. Hannah bemerkte, wie ihre Messerhand heftiger zitterte, und einen Moment lang befürchtete sie, das Messer würde ihr aus den Fingern gleiten.
    »Verfluchtes Vieh!«, knurrte der Kerl über ihr und ging in den Raum hinein. »Beruhige es; das klingt ja, als hätten die Höllenteufel die Herrschaft schon übernommen!«, schrie er dann.
    Hannah wusste zuerst nicht, mit wem der Mann sprach, doch sie vermutete, dass der Raum einen zweiten Zugang zu den Kellern hatte. Den Abstieg, den sie suchte. Was ihr jedoch einen weiteren Schauer über den Rücken jagte, war die Stimme des Mannes. Diese Stimme kannte sie genau. Es war dieselbe Stimme, die sie während des Brandes angesprochen hatte. Es war Aigens Stimme.
    Prüfte der Kaufmann selbst nach, ob seine Geschäfte mit den Kindern auch gut liefen?
    Hannahs Finger umschlossen jetzt den Messergriff so fest, dass es ihr wehtat.
    »Verfluchte Ratte!«, knurrte sie innerlich. Hannah versuchte, so vollständig mit der Umgebung zu verschmelzen wie möglich.
    Sie überlegte, ob sie mit raschen Schritten nach oben stürmen, die Überraschung ausnutzen und dem Mann die Klinge in den Leib stoßen sollte. Sie zweifelte allerdings daran, dass ihr das gelingen würde. Aigen galt allgemein als ausgezeichneter Fechter. Er trug sogar hier im Haus sein Schwertgehänge. Bevor sie noch bei ihm wäre, würde sie auf dem sandbestreuten Boden liegen.
    Sie konnte sich jedoch nicht länger so stillhalten. Sie musste sich bewegen – und ihre Bewegungen würden sofort Aigens Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
    Hannah hatte sich schon entschlossen, es wenigstens zu versuchen, als der samtene Klang einer Messingglocke an ihre Ohren drang.
    »Sie sind da!«, murmelte der Mann über ihr. »Luderin, du hast Wort gehalten. Brav so.«
    Mit einem leisen Lachen trat der Kaufmann zur Tür, zog sie auf und verschwand nach draußen. Hannah zögerte. Hatte er mit der Luderin oder hatte er mit sich selbst gesprochen? War sie womöglich auch im Zimmer, in der Ecke des Raums, die sie von hier unten nicht einsehen konnte? Egal. Sie musste handeln.
    Hannah wartete nicht, bis sich der Flügel geschlossen hatte. Sie huschte nach oben, immer den Raum und die Tür im Auge. Sie entdeckte links von sich die beiden Holme einer Leiter und warf einen weiteren Blick durch den Raum. Im Hintergrund hing eine Stange, die mit Seilen an der Decke befestigt war und an der mindestens dreißig verschiedenfarbige Kleider in unterschiedlichen Größen hingen, vom Novizinnenhabit bis hin zur Patrizierinnenrobe. Ansonsten war das Zimmer leer. Demnach hatte Aigen ein Selbstgespräch geführt.
    Ein Johlen ging draußen durch die Menge, die offenbar immer größer geworden war. Aus der Tiefe des Zimmers blickte sie durch die nackte Fensteröffnung nach draußen auf den Innenhof, auf dem alles, was männlich war und der Kleidung nachRang und Namen hatte, versammelt war, ein kleiner Wald aus Masken.
    Die Männer klatschten etwa einem Dutzend junger Frauen Beifall, die durch das hintere Tor eingelassen worden waren.
    »He, Konrad«, schrie ein Mann in der Nähe des Fensters. »Die Dunkle da, die Hässliche, die ist was für dich.«

9
    B ruder Adilbert war völlig außer Atem, als er das Ende der Treppe erreicht hatte, doch das Mädchen war verschwunden. Er hatte eben noch ihren Rock die letzten Stufen hinaufhuschen sehen – und jetzt war sie weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Gedankenverloren streifte er mit den Händen über zwei Vertiefungen links und rechts in der Wand, in die man Kerzen stellen konnte.
    Er musste das Mädchen finden und aufhalten, bevor es nach draußen floh und die Aufmerksamkeit der überall umherstehenden Wachen erregte. Sie würde sonst noch ihren ganzen Plan verderben.
    Der Mönch ging den Gang entlang. Er probierte jede Klinke, die er ertasten konnte, sah in jedes Zimmer. Nichts. Die Räume waren alle gähnend leer. Wo um alles in der Welt war das vermaledeite Mädchen hingerannt?
    Als er die letzte Klinke heruntergedrückt hatte und sich auch in diesem Zimmer niemand fand, fluchte er leise vor sich hin, rügte sich jedoch im selben Moment dafür.
    Gallina konnte sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er musste den Gang nochmals

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