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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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Sensenmanns durchgegangen wäre. Ihr Gesicht war blass und teigig. An den Händen und um die Augen wirkte die Haut wie durchsichtig.
    »Zwei Heller? Bist du verrückt?«, blaffte die Schwarze Liss.
    Wieder holte die Dicke Fanny aus, doch diesmal war die Schwarze Liss gewarnt. Sie holte mit ihrem Stock aus und ließ ihn auf die Dicke Fanny niedersausen, und Hannah hörte, wie mit einem hässlichen Knacken ein Knochen in Fannys Hand brach. Die Bettlerin stand zuerst da wie versteinert und betrachtete ihre Hand, an der zwei Finger in einem schiefen Winkel abstanden. Dann wurde das Gesicht noch blasser und verzerrte sich.
    »Ich bin die Röttel, auch wenn es in deinen verdammten Schädel nicht hineingeht!«, brach es plötzlich aus Hannah heraus.»Verflucht, was kann ich dafür, dass man mich beinahe angezündet hat?«
    Ein hasserfüllter Blick der Dicken Fanny traf sie. Diese hielt sich die Hand. Sie wankte leicht.
    »Im Grunde ist es mir egal, ob du die Röttel bist oder nicht«, fauchte sie zwischen aufeinandergebissenen Zähnen. »Zwei Heller, oder ihr werdet an keiner Kirchentür mehr betteln.«
    Hannah sah Tränen in den Augenwinkeln der Frau. Die gebrochene Hand musste höllisch schmerzen.
    »Hier«, sagte Hannah, »deine zwei Heller. Und lass uns in Ruhe.« Sie drückte der Dicken zwei Geldstücke in die gesunde Hand, dann drehten Hannah und die Schwarze Liss sich wie auf Befehl um.
    »Ihr ... werdet keine Ruhe mehr haben ... solange ich laufen kann«, zischte die Dicke Fanny hinter ihnen her. »Das wirst du mir büßen, Liss!«
    Die Schwarze Liss wartete, bis die Dicke Fanny außer Hörweite war. »Sie wird es nicht überleben«, sagte sie trocken, als sie zur Kapelle zurückgingen.
    Hannah erschrak. »Wegen der gebrochenen Hand?« Hannah fühlte ein Bedauern mit der teigigen Frau.
    Die Liss zuckte mit den Achseln. »Sie hat eine schlechte Wundheilung. An ihrem letzten Kind wäre sie beinahe verblutet.«
    »Warum hat sie Geld verlangt?«, fragte Hannah leise. Sie musste schlucken bei dem Gedanken, dass diese Unvorsichtigkeit ein Todesurteil gewesen war. Es schnürte ihr die Kehle zu.
    Die Schwarze Liss hielt kurz inne, schloss die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Bedaure es bloß nicht, dieses Weibsstück.« Dann spie sie auf den Boden. »Es ist ohnehin schon spät«, sagte sie dann und deutete auf die aus der Kapelle strömenden Geistlichen. »Und die Pfaffen sind geizig. Kaum einer lässt eine Münze fallen. Alskönnten sie ihre Heller mit ins Jenseits nehmen. Dafür beten sie für uns und für unser Seelenheil. Mir wäre ein voller Bauch allemal lieber. Mit einem vollen Bauch glaubt es sich leichter an das Heil der Seele und die Vergebung der Sünden.«
    Hannah lief hinter der Bettlerin her, die in die Kapelle ging.
    »Setz dich her, ich muss mit dir reden.« Sie nahmen auf einer Bank Platz, die für Bresthafte im hintersten Winkel der Kirche aufgestellt worden war.
    Die Kirche wirkte verlassen und düster. Die Frühjahrssonne war längst hinter den Häusern der alten Pfalz verschwunden.
    Hannah betastete ihr Gesicht und fuhr sich über ihr spärliches blondes Haar, das inzwischen verfilzt war. Ihre Wangen waren eingefallen, die Wangenknochen standen hervor. Und sie spürte die Stellen, wo ihr Gesicht von Brandwunden gezeichnet gewesen war. Eine Schönheit war sie wohl nicht mehr.
    Die Schwarze Liss riss sie aus ihren Betrachtungen, indem sie sie kurz anstieß.
    »Was immer du von uns Stadtarmen bislang gehört hast, Röttel, vergiss es. Wir haben ebenso eine Ordnung wie die Weber oder die Bäcker. Zwar haben wir kein Zunftrecht, aber wir sorgen dafür, dass alle von den Brosamen der Reichen satt werden können. Zumindest alle, die eine Bettelmarke haben. Wir brauchen Frauen, die dafür sorgen, dass niemand die Regeln verletzt. Die Dicke Fanny ist so eine Frau.«
    Die Schwarze Liss faltete die Hände, als wollte sie beten. Doch offenbar versuchte sie nur, ihre Gedanken zu ordnen. »Sie wacht über die nördliche Stadt. Das ist gut so, denn dann findet sich nicht so viel Gesindel unter denen, die vor den Kirchen die Hand aufhalten. Für ihre Dienste verlangt sie jedoch Geld.«
    »Aber das ist doch ...«, unterbrach Hannah den Redefluss, doch die Liss schnitt ihr mit einer harschen Handbewegung das Wort ab.
    »Urteile nicht voreilig. Natürlich nimmt sie auch für sich selbst. Andererseits sorgt sie dafür, dass auch Frauen versorgt werden, die gerade ein Kind unterm Herzen tragen oder eines

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