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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Oscar-Verleihung vor.
    »Möchtest du Geld wechseln?«
    Olaf war ganz nah an mein Ohr herangetreten und ich nickte, als ich seine Frage registrierte. Er nahm mich an die Hand und führte mich zu einer ernüchternd schmucklosen Wechselkasse, die in eine Ecke neben dem Eingang gepfercht war. Hinter der Scheibe mit einer ovalen Durchreiche saß ein Rauschebart mit Rentneraugen. In seinem Rücken war in der Wand eine Tresortür eingelassen und ich war mir sicher, dass es eine Attrappe war. Olaf und ich wechselten jeweils 20 Euro in vier Jetons.
    »Im Erdgeschoss wird Roulette und Black Jack gespielt. Hier hält sich die Mehrheit auf. Im Tiefgeschoss stehen die einarmigen Banditen.«
    Während Olaf mit mir sprach, ließ ich meinen Blick über die Menge schweifen. Eine vorherrschende Altersgruppe konnte ich nicht ausmachen; ebenso wenig war erkennbar, ob es mehr Männer als Frauen in dem Saal gab.
    »Oben fangen die Mindesteinsätze bei 20 Euro an. Dort wird Baccara und Poker gespielt. In der zweiten Etage gibt es ein Restaurant.«
    Die Menschentraube öffnete sich und begann, sich in verschiedene Richtungen zu zerstreuen. Erst jetzt sah ich das Treppengeländer, das kreisrund in der Mitte des Saales klaffte. Von dort aus ging es nur hinab. Ich lehnte mich über das Gemäuer und verfolgte den Weg der breiten Wendeltreppe. Sie führte zu bunten Spielautomaten, die in Reih und Glied ihre Kunden mit klimpernden Münzen und Jingles bespaßten. Die Klientel an den Automaten war ausschließlich männlich.
    »Und das Penthouse?«, fragte ich Olaf. »Ich habe es von draußen gesehen.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Da ist bestimmt die Verwaltung untergebracht. Komm mit.«
    Olaf zerrte mich quer durch den Saal und ich sah, dass Schweißtropfen wie Morgentau in seinem Nacken perlten. Augenscheinlich war er dem Stress, dem er im Angesicht dieses Suchttempels erlegen war, immer noch nicht gewachsen.
    »Boris und ich haben immer am gleichen Tisch gespielt. Französisches Roulette. Tisch vier.«
    Olaf schob mich zu einem Roulettetisch, der sich am weitesten von der Wechselkasse und dem Foyer entfernt befand. Ein dreieckiger Kubus mit einer weiß leuchtenden Vier hing darüber; wie im Supermarkt. An Tisch vier bediente ein weiblicher Croupier, eine Croupière, die Spieler. Sie trug ein eng anliegendes schwarzes Jackett, eine weiße Bluse mit breitem Kragen und eine schwarze Fliege. Ihr nussfarbener Teint und die Schlupflider verrieten eine asiatische Herkunft. Ihr schwarzes dauergewelltes Haar umschmeichelte ihr ovales Gesicht, ihr glatter Pony war akkurat über ihren dünnen Augenbrauen geschnitten. Sie hatte einnehmende weiße Zähne und freute sich über die kleinen Siege der Gäste. Ihr Schildchen am Jackett verriet mir, dass sie Fräulein Vu hieß.
    »Fräulein Vu«, wiederholte ich. »Klingt ein wenig nach Kung Fu.«
    »Ein Künstlername«, erläuterte Olaf. »Die Croupiers hier haben alle Aliasse, damit sie nach Feierabend an der Wohnungstür keins auf die Stirn kriegen, wenn sie einem Spieler das Geld aus der Tasche gezogen haben.«
    Wir stellten uns an den Tisch und Fräulein Vu begrüßte uns mit einem Lächeln. Der Stoff auf dem Tisch war Pariser Blau, das Tableau mit gelbem Siebdruck aufgetragen. Der Roulettekessel war riesig, größer als ich ihn mir vorgestellt hatte. Die Croupière gab dem vierarmigen Zylinder einen kleinen Schubs und die roten und schwarzen Zahlen flogen in Windeseile an meinen Augen vorbei. Fast kam es mir vor, als würde es gleich in den Weltraum abheben.
    Ich registrierte eine Unruhe um mich herum. Schnell schoben die Spieler ihre Jetons auf das Spielfeld.
    »Rien ne va plus.« Herrisch ließ Fräulein Vu ihre filigrane Hand über das Spielfeld gleiten und die Spieler beendeten abrupt ihre Aktivitäten. Die Kugel klapperte und hopste und fand einen Platz auf einem schwarzen Feld. Noch ehe ich sehen konnte, um welche Zahl es sich handelte, säuberten die Helfer mit langstieligen Rechen bereits das Feld.
    »Fräulein Vu, erkennen Sie diesen Mann wieder?« Ich nahm das Foto von Boris Bäcker aus meiner Handtasche und zeigte es ihr. Fräulein Vu schwieg. Ihr Lächeln wurde sparsam und jedes gekonnte Detektivauge sah, dass sie sich an Bäcker erinnerte. Olaf wurde leicht rot.
    »Erkennen Sie den hier auch wieder?«, fragte ich weiter und zeigte diesmal auf Olaf.
    Fräulein Vu schwieg eisern und Olaf zeigte sich enttäuscht. »Ich habe ihn hin und wieder begleitet«, versuchte er ihr Gedächtnis

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