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Funke, Cornelia

Funke, Cornelia

Titel: Funke, Cornelia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rekkless
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es gedauert, bis Will dich gefragt hat, ob du mit ihm ausgehst?« Jacob
schlüpfte in seinen alten Mantel.
    Die
Erinnerung wischte Clara die Angst vom Gesicht. »Zwei Wochen. Ich dachte, er
fragt nie. Dabei haben wir uns jeden Tag im Krankenhaus gesehen, wenn er eure
Mutter besucht hat.«
    »Zwei
Wochen? Das ist schnell für Will.« Hinter ihnen raschelte es, und Jacob griff
nach der Pistole, aber es war nur ein Dachs, der sich seinen Weg durch die
Büsche suchte. »Wo ist er mit dir hingegangen?«
    »Ins Krankenhauscafe.
Kein sonderlich romantischer Ort.« Clara lächelte. »Er hat mir von einem
angefahrenen Hund erzählt, den er gefunden hat. Bei unserer nächsten
Verabredung hat er ihn mitgebracht.«
    Jacob
ertappte sich dabei, dass er Will um den Ausdruck auf ihrem Gesicht beneidete.
    »Lass uns
Wasser suchen«, sagte er und band die Pferde los.
    Neben dem
Tümpel, den sie fanden, stand ein verlassener Karren. Die Räder versanken im
Uferschlamm und ein Reiher hatte auf der morschen Ladefläche sein Nest gebaut.
Die Pferde senkten gierig die Nüstern ins Wasser, und Valiants Esel watete bis
zu den Knien hinein, aber als Clara auch davon trinken wollte, zog Jacob sie
zurück.
    »Wassermänner«,
sagte er. »Der Karren hat wahrscheinlich irgendeinem Bauernmädchen gehört. Sie
holen sich zu gern eine Menschenbraut. Und in dieser Gegend warten sie bestimmt
schon lange auf Beute.«
    Jacob
glaubte, den Wassermann seufzen zu hören, als Clara von dem Tümpel zurückwich.
Sie waren ziemlich abscheulich, aber sie fraßen ihre Opfer nicht wie die
Loreley. Sie schleppten die Mädchen in Höhlen, in denen sie atmen konnten,
fütterten sie und brachten ihnen Geschenke. Muscheln, Flussperlen, den Schmuck
Ertrunkener ... Jacob hatte eine Zeit lang für die verzweifelten Eltern solcher
Verschleppter gearbeitet. Er hatte drei Mädchen zurück ans Tageslicht gebracht,
arme verstörte Dinger, die nie ganz aus den dunklen Höhlen zurückkehrten, in
denen sie Monate zwischen Perlen und Fischgräten die schleimigen Küsse eines
verliebten Wassermanns hatten ertragen müssen. Einmal hatten die Eltern die
Bezahlung verweigert, weil sie ihre Tochter nicht wiedererkannt hatten.
    Jacob ließ
die Pferde weitertrinken und machte sich auf die Suche nach dem Bach, der den
Tümpel speiste. Er fand ihn schon bald, ein schmales Rinnsal, das aus einem
nahen Felsspalt floss. Jacob fischte die welken Blätter von der Oberfläche und
Clara füllte sich die Hände mit dem eiskalten Wasser. Es schmeckte erdig und
frisch, und Jacob sah die Vögel erst, nachdem er und Clara schon getrunken hatten.
Zwei tote Lerchen, die aneinandergepresst zwischen den feuchten Steinen
klemmten. Er spuckte aus und zerrte Clara auf die Füße.
    »Was
ist?«, fragte sie erschrocken.
    Ihre Haut
roch nach Herbst und nach dem Wind. Nein, Jacob. Aber es
war schon zu spät. Clara wich nicht zurück, als er sie an sich zog. Er griff
ihr ins Haar, küsste ihren Mund und spürte ihr Herz ebenso heftig schlagen wie
seines. Den Lerchen zerplatzten die winzigen Herzen von der Raserei, daher der
Name: Lerchenwasser. Unverdächtig, kühl und klar, aber ein Schluck, und man war
verloren. Lass sie los, Jacob. Aber er
küsste sie weiter, während Clara nicht Wills, sondern seinen Namen flüsterte.
»Jacob!«
    Frau oder
Füchsin. Für einen Moment schien Fuchs beides. Doch es war die Füchsin, die ihn
biss, so fest, dass er Clara losließ, auch wenn alles in ihm sie weiter halten
wollte.
    Clara
stolperte zurück und fuhr sich über den Mund, als könnte sie seine Küsse
fortwischen.
    »Sieh
einer an!« Valiant richtete die Taschenlampe auf sie beide und bedachte Jacob
mit einem schmutzigen Lächeln. »Heißt das, wir vergessen deinen Bruder?«
    Fuchs sah
ihn an, als hätte er sie getreten. Mensch und Tier, Füchsin und Frau. Sie
schien immer noch beides zugleich, doch sie war ganz Fuchs, als sie an den Bach
lief und die leblosen Vögel musterte.
    »Seid wann
bist du so dumm, Lerchenwasser zu trinken?«
    »Verdammt.
Es war dunkel, Fuchs.« Das Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals.
    »Lerchenwasser?«
Clara strich sich mit zitternden Händen das Haar zurück. Sie blickte ihn nicht
an.
    »Ja.
Abscheulich.« Valiant schenkte ihr ein übertrieben mitfühlendes Lächeln. »Man
fällt über das hässlichste Mädchen her, wenn man davon trinkt. Bei Zwergen
wirkt es kaum. Aber leider«, setzte er mit einem hämischen Blick in Jacobs
Richtung hinzu, »war nicht ich, sondern er zur

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