Funkelnde Leidenschaft
die Kehle, aus der ein grausiges Gurgeln drang. Dann brach er zusammen.
»Beeil dich!« flüsterte Rose.
»Kommst du ohne mich zurecht?« fragte Hazard. »Gibt's keine Probleme mit der Leiche?«
»Machst du Witze? Solche Messerstechereien erlebe ich jede Nacht – manche mit tödlichem Ausgang. Und Richter Faraday ist mein treuer Verbündeter, seit ich letztes Jahr fünfundzwanzigtausend Dollar für seine Wahlkampfkasse gespendet habe.«
»Wahrscheinlich ist er tot«, meinte Hazard und zeigte auf den blutüberströmten Mann.
»Hoffentlich! Geh jetzt endlich!«
»Also, dann bala-ba-ath-chilash (viel Glück).« Lächelnd schulterte er den Lederranzen, griff nach seinem Gewehr und schlüpfte zwischen den Brokatvorhängen hindurch. Eine Zeitlang stand er auf dem Balkon im Schatten und ließ seinen Blick über die Straße wandern.
Vor dem Haupteingang drängten sich mehrere Männer. Aber unterhalb des Balkons hielt sich niemand auf. Es klickte leise, als Rose die Glastür schloß. In fünf Minuten würde sie schreien. Dann wäre Hazard bereits verschwunden, und die bezahlten Killer konnten ihm nichts mehr anhaben. Ein paar Sekunden lang wartete er noch, bis sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten, und inspizierte das Nachbardach. Leer. Erleichtert stieg er auf das Balkongeländer. Bis er Malmstroms Schornstein erreichte, würde ihn jeder sehen, der zufällig nach oben schaute. Er griff nach der Dachrinne.
Für einen kurzen Moment hing er im Licht, das aus den Fenstern des Bordells fiel, dann schwang er einen Fuß nach oben, hakte ihn an der Dachrinne fest und zog sich hinauf. Lang ausgestreckt blieb er liegen und lauschte. Nichts. Nur die normalen nächtlichen Geräusche eines Goldgräbercamps – Klaviermusik in den Saloons, laute Stimmen, Geigen und Banjos in gräßlicher Disharmonie, das Geschrei wütender Männer, die aufeinander losgingen. Vorsichtig richtete er sich auf und spähte nach allen Seiten. In kleinen Gruppen standen die Wachtposten beisammen, rauchten und redeten. Aber keiner schaute herauf. Sehr gut. Das nächste Dach war niedriger, und Hazard sprang hinunter. Gleichzeitig hörte er Roses Schrei.
Als die Balkontür zertrümmert wurde, kletterte er auf das Dach von Shandlings Eisenwarenladen. Die erste Kugel pfiff über seinen Kopf hinweg. Im goldenen Lampenlicht, das aus Roses Suite strömte, sah er die schwarze Silhouette des Mannes, der ein Gewehr im Anschlag hielt. Schrille Schreie begleiteten Hazards Flucht über die restlichen fünf Dächer, doch die Verfolger waren ein oder zwei Gebäude hinter ihm. Wenn ich mir kein Bein breche, dachte er bei einem Sprung über eine finstere Hintergasse hinweg, kann ich den Vorsprung halten.
Auf Malmstroms Dach angekommen, nahm er sich die Zeit, das Lasso vom Schornstein zu wickeln. Nur wenige Sekunden lang hielt er sich an einer Mauerkante fest, dann sprang er hinunter, etwa drei Meter tief. Der Aufprall war heftig und er kniete eine Weile im Staub. Doch das Geschrei, das immer näher kam, jagte ihn hoch, und er stürmte durch die Schatten, in Richtung des Bachs.
Er wußte, wohin ihn sein Weg führte, und seine Gegner wußten es nicht, deshalb würde er seinen Vorsprung vergrößern. All die Wettrennen seiner Kindheit kehrten in die Erinnerung zurück – die Bilder von Jungen, die pfeilschnell über die Prärie liefen. Schweißüberströmt, mit langem flatterndem Haar. Und die Mokassins schienen das Gras kaum zu berühren. Flink wie eine Antilope eilte der größte Junge voraus. Diese Vision gab ihm neue Kraft und beschleunigte seine Schritte. Damals hatte das Absarokee-Land noch seinem Stamm gehört. Jetzt wollten es die weißen Männer haben – und sie dürsteten nach seinem Blut. Aber das würden sie nicht bekommen. Zumindest nicht in dieser Nacht.
22
Auf Molly Pernells Bergweide hielt er an, um zwei seiner Pferde zu holen. Leise wieherten die Ponys, als sie ihn witterten. Um sie zum Schweigen zu bringen, schlug er behutsam auf ihre Nasen, knüpfte aus seinem Lasso ein provisorisches Zaumzeug und führte sie davon. Sobald er sich weit genug von der Ranch entfernt hatte, sprang er auf Petas Rücken, ritt bergauf und zog den Falben an einer kurzen Leine mit sich.
Beruhigend sprach er auf die Tiere ein und erzählte ihnen, daß sie bald zur Sommerjagd in ihre angestammten Bergtäler zurückkehren würden. Sie schienen seine Worte oder den heiteren Klang seiner Stimme zu verstehen, hoben schnaubend die Köpfe und spitzten die Ohren.
Auf dem
Weitere Kostenlose Bücher