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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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hinter mir mitfahren. Wir braustenmit hoher Geschwindigkeit nach Glencoe und ließen meine Eltern in Glasgow zurück, damit sie abends zu der Anhörung für Robbie gehen konnten.
    Die Kommissare waren ungewöhnlich nett. Sie bezeichneten mich nicht als Abschaum oder legten mir Handschellen an oder prügelten ein interessanteres Geständnis aus mir heraus. Sie hielten sogar in Crianlarich und besorgten mir Kopfschmerztabletten.
    Wir parkten vor dem Kingshouse Hotel, und als wir hineingingen, griff ich nach Chas’ Hand. Mir wurde übel, als ich das Hotel sah, in dem alles seinen Anfang genommen hatte. Als Kyle, Sarah und ich hier angekommen waren, hatte ich ihren Mann schon zur Untreue angestiftet. Ich hatte Sarahs Leben schon ruiniert. Aber es war dieses Gebäude gewesen, in dem ein einzelner Blowjob außer Kontrolle geraten war.
    Wir gingen den Pfad langsamer entlang, als ich es beim letzten Mal getan hatte, und das einzig Ungewöhnliche, das wir sahen, war ein abgestellter Kofferkuli. Gegen drei Uhr nachmittags erreichten wir die Felsspitze. Die Kommissare folgten mir an den Fuß der Klippe und standen dann mit mir vor dem Felsspalt. Überall war Blut. Hatte sie die ganze Zeit geblutet? Herrgott, ich hatte es nicht einmal bemerkt.
    Die Felsspalte selbst war perfekt kaschiert. Wie hatte ich das so gut fertiggebracht?
    Ich setzte mich hin und sah weg, während die Kommissare erst den Schauplatz fotografierten und dann die Felsbrocken entfernten. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, und das Knirschen und Poltern der Steine war so laut, als ob es unmittelbar in meinem Kopf stattfände. Schließlich hörte ich einen dumpfen Aufprall und ein lautes Würgen, und dann entfernte Chas meine Hände gewaltsam von meinem tränennassen Gesicht und sah mich ruhig an.
    »Krissie. Da ist etwas, das du sehen musst.«

[Menü]
    Kapitel zweiunddreißig
    Während Krissie im Treppenhaus in der Gardner Street saß und Chas ihr Geständnis machte, kam Sarah in dem Auto, das Kyle am Kingshouse Hotel geparkt hatte, zuhause an. Sie hatte es geschafft, wegzufahren, ohne gesehen zu werden, und sie war guter Dinge – auf die mit-Blut-und-Scheiße-verschmierte, verrückt-wie-eine-Natter-Art. Sie fand den Ersatzschlüssel unter der Topfpflanze auf der Veranda und öffnete den Hintereingang ihres Hauses.
    Sarah hatte zwei Ziele – den Dreckskerl zu erwischen, der den Schlamassel in ihrem Kopf angerichtet hatte, und Robbie zu kriegen. Ursprünglich hatte sie sich Robbie für den Schluss aufheben wollen, aber dann hatte die Sozialarbeiterin angerufen, und ihr war klar geworden, dass sie ein wenig umdisponieren musste.
    Ihr ursprünglicher Plan, wie sie Robbie mit all der Liebe und Fürsorge bedenken konnte, die ihm so unverkennbar fehlten, wäre eine Herausforderung gewesen. Sie hatte vorgehabt, Robbie zu kidnappen, indem sie ihn zum Beispiel nachts aus seinem Bettchen holte, oder besser noch, direkt vor Krissies Nase, wenn die pinkelte oder sich die Zähne putzte.
    Nach dem Vorfall mit dem kontrollierten Weinen hatte sie Krissie um einen Schlüssel zu ihrer Wohnung gebeten (»nur für den Notfall!«). Es wäre also ein Leichtes gewesen. Sie hätte sich einfach hineinschleichen können. Sie hätte sich in Schränken und Ecken versteckt, das Licht angemacht oder mit Türen geknallt und sie zu Tode erschreckt. Und dann hätte sie sich das Kind genommen, das ihr rechtmäßig zustand.
    Aber jetzt war es keine Herausforderung mehr. Sie musstesich nur noch mit einer alten Ziege in der Sozialstelle von Partick treffen, und alles würde wie von selbst gehen.
    Sarah bemerkte kaum den rotbraunen Dreck, der durch den Duschabfluss gluckerte. Angestrengt dachte sie nach. Die lästige Sozialarbeiterin mit dem Nasenring, das missglückte Wochenende mit dem rotblonden Ausreißer und die unendlich lange Warterei auf einen Adoptionsplatz hatten sich also doch noch ausgezahlt. Nun würde die Sozialarbeiterin wissen, dass Sarah geeignet war, den Jungen aufzunehmen. Schließlich war schwarz auf weiß festgehalten worden, dass man sie für geeignet hielt.
    Bevor sie Robbie abholte, verband Sarah ihre Rippen und versorgte ihre Wunden. Dann packte sie zwei große Koffer mit allem, was ihr bei dem Zeltausflug vorenthalten worden war – Haarglätter, Reinigungsmilch, das Gesichtswasser von Clarins und fünf Paar Schuhe. Sie war fast in einer Trance, als sie das Haus abschloss und zur Sozialstelle fuhr.
    Die Sozialstelle öffnete gerade, als sie dort ankam, und sie musste

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