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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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gewesen. Und sie kannten noch nicht einmal die Hälfte dessen, was passiert war.
    Ich schob die kaputte Tür beiseite und trat ins Treppenhaus.
    Fast wäre ich über Chas gefallen, der auf der Treppe saß und mich mit roten Augen anschaute. Ich wusste jetzt, dass er mich liebte. Auch er hatte es vermasselt und fühlte sich schrecklich. Ich entschuldigte mich für meinen Wutanfall und setzte mich zu ihm.
    Er verzog keine Miene, als ich ihm die Sache mit Sarah erzählte. Als ich fertig war, legte er sanft seine Hand auf meine und ließ sie dort liegen.
    Wir schwiegen eine Zeit lang und sahen aus dem Fenster über das vertrocknete Grün. Dann nahmen wir gemeinsam ein Taxi zur Kenilworth Avenue. Ich fand den Hausschlüssel meiner Eltern in seinem Versteck in der Garage, und wir gingen hinein. Was für ein glückliches Haus: unordentlich und behaglich und glücklich.
    Da ich wusste, dass ich in ungefähr einer Stunde von diesem Leben und meinem Sohn Abschied nehmen musste, entschloss ich mich, die Zeit zu nutzen und Ordnung in einige Sachen zu bringen. Robbie sollte, wenn er älter wurde, etwas über seine Mutter wissen, das nicht mit Ehebruch und Mord zu tun hatte. Ich bat Chas, mir dazu etwas Zeit und Raum zu lassen, und er verkrümelte sich in die Küche, um zu sehen, ob er schnell etwas zusammenbrutzeln konnte. Ich hatte seit mehr als vierundzwanzig Stunden nichts gegessen, und er würde mich dazu zwingen, egal, ob ich wollte oder nicht.
    Ich holte eine der großen Schachteln mit Blumenmuster aus dem Kreativzimmer meiner Mutter. Dieses Zimmer hatte sie immer schon gehabt. Es war voll mit hübschen Schachteln und Aufklebern, interessanten Schreibwaren, Büchern und Wasserfarben. Sie bastelte umwerfende kleine Bücher für Robbie, stellte hinreißende Fotoalben zusammen und hatte das meiste nach einer sentimentalen, leicht verständlichen Ordnung sortiert.
    Ich nahm mir also eine leere Schachtel mit Blumenmuster und etikettierte sie mit einem von Mums Aufklebeschildchen als ›Fotos für Robbie‹.
    Ich kramte in den Fotos herum, die ungeordnet auf dem Schreibtisch lagen, lud ein paar Fotos neueren Datums von Mums Kamera herunter und legte alle Bilder, auf denen Robbie zu sehen war, in die Schachtel. Auf die Rückseite jedes Fotos schrieb ich eine kleine Geschichte.
    Mami schneidet dir zum ersten Mal die Fingernägel. Sie waren winzig!
    Mami lernt, dich zu füttern. Sie war nicht besonders gut darin!
    Du und Mami im Park beim Entenfüttern. Du hast geschlafen!
    Oma, Opa, Mami und Du essen Nudeln am Comer See.
    Mami, als sie klein war. Sie geht raus – wahrscheinlich, um auf Bäume zu klettern.
    Mami und ihre liebe Freundin Sarah …
    Als Nächstes schrieb ich in meiner besten Handschrift einen Brief.
    Lieber Robbie
    ich schreibe dies bei Oma und Opa. Du machst für eine Nacht Ferien bei einigen Leuten, die Du nicht so gut kennst, und bald wirst Du nachhause kommen und bei Oma und Opa wohnen. Ich werde eine Zeit lang weg sein, weil ich etwas sehr Falsches getan habe und lernen muss, bessere Entscheidungen zu treffen.
    Ich werde Dich sehr vermissen! Ich bin sehr traurig, dass ich nicht sehen werde, wie Du zum ersten Mal läufst oder alleine aufrecht am Tisch sitzt, oder zur selben Schule wie ich gehst. Ich wünschte, ich könnte das alles sehen, aber ich möchte, dass Du weißt, dass ich jeden einzelnen Tag an Dich denken werde, wenn ich im Trainingslager für bessere Entscheidungen bin. Jeden einzelnen Tag, Robbie, und ich werde die Minuten zählen, bis ich nachhause zurückkommen kann, um mit Dir und Oma und Opa zusammen zu leben.
    Ich werde Dir jeden Tag schreiben, mein Kleiner!
    Ich liebe Dich
    Mami
    xxxx
    Ich weinte, als ich den Brief beendete. Das Papier war völlig durchweicht, als ich den Umschlag versiegelte.
    Dann schrieb ich einen Brief an meine Eltern.
    Liebe Mum, lieber Dad,
    ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, alles zu vermasseln. Ihr habt alles richtig gemacht, und ich habe alles falsch gemacht. Ich weiß, dass Ihr für mich auf Robbie aufpassen werdet, aber bitte sorgt dafür, dass er mich nicht vergisst. Ich bin eine miserable Mutter gewesen, aber ich liebe ihn. Und Euch beide liebe ich auch, von ganzem Herzen. Es tut mir sehr, sehr leid.
    Krissie
    xxx
    Ich holte noch eine Schachtel und füllte sie mit Sachen, die Robbie an mich erinnern sollten. Mein Deo (es war nur ein Nivea-Roller, aber so roch ich nun einmal), mein Lieblingsbuch von Enid Blyton, den Stoffhasen, den ich mit drei Jahren

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