Furien im Finstern
hätte und zu der Überzeugung gekommen wäre, daß ich doch mehr Schuld als der Fahrer des Wagens hätte. Er versuchte mich zu überzeugen, daß das überhaupt nichts zu sagen habe. Die Versicherung hätte nur ein Interesse daran, ihre Akten abzuschließen, und ich brauchte nur mitzumachen und das Geld einfach so zu kassieren.« Sie schnippte mit den Fingern.
»Und Sie haben nicht angebissen?«
»Ich habe ihn nur ausgelacht. So was käme für mich überhaupt nicht in Frage. Das wäre genauso, als ob ich das Geld gestohlen hätte. Der Mann, der mich angefahren hat, war sehr nett, und ich habe nur eine Arztrechnung über 25 Dollar.«
»Kennen Sie den Namen des Mannes, der Sie angefahren hat?«
»Nein. Ich habe nicht einmal seine Zulassungsnummer aufgeschrieben. Ich war zuerst so mitgenommen und dann...«
Es klingelte.
Josephine Dell seufzte ärgerlich. »Das wird wohl wieder jemand sein, der Myrna Jackson sucht «
»Ihre Zimmerpartnerin?« fragte Bertha Cool. »Ich würde sie sehr gern kennenlernen.«
»Das geht vielen so.«
»Wo ist sie?«
»Weiß der Himmel. Es war sowieso keine sehr befriedigende Lösung. Sie war eine Bekannte von Mr. Milbers, und er schlug vor, wir könnten doch Geld sparen, wenn wir dieses Apartment teilten. Ich war nicht besonders scharf darauf, aber Sie wissen ja, wie das ist, wenn Ihr Chef einen Vorschlag macht. Na ja, wir haben es halt versucht. Sie war unmöglich! Ich habe gestern einen Zettel für sie hinterlassen, daß morgen die Miete fällig wäre, das heißt, Montag. Ich habe ihr gesagt, daß ich heute nacht packen würde, und als sie mich anrief, was glauben Sie, daß sie gesagt hat?«
»Was denn?« fragte Bertha, gerade als es nochmals klingelte.
»Sie sagte mir, sie wäre schon heute nachmittag dagewesen und ausgezogen. Sie ist erst vor kurzer Zeit hier eingezogen und hatte nicht viele Sachen mit, aber es kostet eine Gebühr von zwanzig Dollar, wenn man auszieht: Für die Reinigung des Apartments. Aber von ihrem Teil hat sie nichts gesagt. Ich habe in dem Moment auch nicht daran gedacht.«
Josephine Dell ging zur Sprechanlage. »Wer ist dort bitte?« und dann müde: »Nein, ich bin ihre Zimmergenossin. Keine Ahnung, wo sie steckt. Sie ist heute nachmittag ausgezogen. Ja, ich ziehe auch aus. Nein, ich kann Sie nicht empfangen. Kann Sie auch nicht sprechen. Ich bin am Packen, bin nicht angezogen und muß noch das Mitternachtsflugzeug erreichen. Es ist mir egal, wie wichtig es ist und auch, wer Sie sind. Sie ist nicht hier. Ich weiß nicht, wo sie ist. Ich habe den ganzen Abend nichts anderes getan, als die Tür für irgendwelche Leute geöffnet, die sie sprechen wollten.«
Josephine Dell warf wütend den Hörer auf die Gabel und kam ins Zimmer zurück.
»Also, ich kann mir nicht helfen, aber ich mache mir Gedanken darüber, was für eine Art von Mädchen sie ist. Und was für eine Art von Verhältnis sie zu Mr. Milbers hatte«, sagte sie. »Ach was, was das angeht, ist es mir egal. Aber ich hatte immer das Gefühl, als wollte sie mir nachschnüffeln. Vor vier Wochen verschwand mein Tagebuch. Dann tauchte es wieder auf, auf seinem normalen Platz, nur unter mehreren Halstüchern versteckt. Als ob ich so dumm wäre zu denken, ich könnte es dort übersehen haben. Sie war die einzige, die es genommen haben konnte. Ich kann mir vorstellen, daß ein gewisser Typ Mädchen Interesse daran hat, heimlich andrer Leute Tagebuch zu lesen. Aber warum hat sie es weggenommen, und wohin hat sie es gebracht?«
»Haben Sie sie nicht danach gefragt?« wollte Bertha wissen.
»Nein. Der Schaden war ja schon angerichtet. Und beweisen konnte ich auch nichts. Also habe ich mich entschlossen, nichts zu sagen und mir ein neues Apartment zu suchen. Ein ganz kleines Einzelapartment. Ich habe die Nase voll davon, mein Zimmer mit jemandem zu teilen.«
Sie wechselte plötzlich das Thema. »Na ja, da gibt's nur eins und das heißt, die Sachen hier so schnell als möglich zusammenzupacken. Es steht mir schon bis zum Hals, alles auszusuchen, was ich mitnehmen muß.«
Sie nahm Bündel gefalteter Kleidungsstücke und stopfte sie wahllos in den Seekoffer und Pappkarton.
»Kann ich vielleicht helfen?« fragte Bertha Cool.
»Nein«, sagte Josephine Dell, und nach kurzer Überlegung: »Vielen Dank.« Ihre Stimme und Haltung verrieten, daß sie Bertha viel lieber losgewesen wäre.
»Was wollen Sie wegen des Testaments unternehmen?« fragte Bertha Cool. »Ich meine, wenn Sie Ihre Aussage dazu machen
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