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Furor

Furor

Titel: Furor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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das Gesicht deines Freundes.«
    Das war nun wirklich plump und durchschaubar. In dem Augenblick, da er es sagte, war es ihm auch schon peinlich. Zum Glück wurden nur seine Ohren heiß. Sie schaute ihn an und lächelte wie Mona Lisa. Irgendwie gelang es ihm, stotterfrei weiterzusprechen. »Stell dir das so vor: Unsere Erinnerung an ein Gesicht selbst besteht nur in der Anleitung, auf welche Art das Gesicht zusammengesetzt wird. Eine Nase, zwei Augen, Mund, Ohren machen ein Gesicht. Die Informationen Nase groß, Augen klein, Ohren abstehend . . . diese Informationen werden separat gespeichert. Deshalb empfinde ich zwei Gesichter vielleicht als ähnlich, die dir sehr verschieden vorkommen. In deinem Speicher wird das Kennzeichen Ohrgröße stärker betont als in meinem, dafür spielt die Nase keine so große Rolle. Wir arbeiten mit dem gleichen System, aber wir füttern es mit etwas anderen Informationen, die wir aus der Umwelt erhalten und aus verschiedenen Gründen unterschiedlich gewichtet abspeichern.« Er hatte richtig flüssig gesprochen. Erleichtert holte er Luft.
    »Ich fasse mal zusammen«, fuhr er fort. »Es werden alsoviele verschiedene Teile eines einzelnen Bildes getrennt in verschiedenen Hirnregionen verarbeitet, und trotzdem entsteht ein einheitliches Bild. Wie geht das vor sich?« Sebastian hatte den letzten Satz als Frage formuliert und bereute sofort den oberlehrerhaften Ton.
    »Zum einen«, fuhr er mutig fort, »werden ganze Gruppen von Nervenzellen in den angesprochenen Gebieten aktiv. Zum anderen stehen die Gebiete untereinander in Kontakt, und die Nervenzellgruppen, die an der Erzeugung des Bildes beteiligt sind, feuern gleichzeitig. Die ›Schmetterlinge der Seele‹ schlagen sozusagen im Gleichtakt mit den Flügeln und fliegen in Formation.«
    Sie sah ihn an. Als er ihren Blick erwiderte, sah sie ein kleines bisschen erstaunt aus.
    »Es entsteht also ein netzartiges Geflecht aktiver Nervenzellen, das dieses Bild in unserem Kopf spiegelt.« Er machte eine kurze Pause. »Das, was ich hier vor mir sehe«, er blickte auf ihre Bluse, die so weit aufgeknöpft war, dass man nur knapp nicht erkennen konnte, ob sie etwas darunter trug, »führt in meinem Kopf zu einem Muster elektrischer Ströme in verschiedenen Bereichen meines Gehirns. Und wenn ich mich daran erinnere, dann taucht dieses Muster – oder zumindest eines, das dem Original sehr ähnlich ist – wieder auf. Diese Informationen laufen schließlich in einer Region hier vorn zusammen.« Er klopfte sich gegen die Stirn. »Hier sitzt das so genannte Arbeitsgedächtnis. Dieses Gebiet ist mit etlichen Bereichen der Großhirnrinde verbunden, aber auch mit anderen Teilen des Hirns, die etwa mit den Gefühlen zu tun haben. Im Arbeitsgedächtnis werden die Informationen aus der Erinnerung ähnlich verarbeitet wie aktuelle Informationen. Altes und Neues wird dort auch verglichen, angeglichen und verwendet, um beispielsweise eigene Handlungen vor dem Hintergrund von Erfahrungen und Wissen zu planen. Es kommt zu einemAktivitätsmuster im Gehirn, das ein Inneres Bild von einem vergangenen Ereignis erzeugt.«
    Sie schaute auf die Uhr. Langweilte er sie? Dann beugte sie sich ein Stück vor. Nach einem kurzen, spannenden Augenblick stellte Sebastian fest, dass sie einen BH trug. Bravo, dachte er, das hat Stil.
    »Also gut, das habe ich so weit verstanden«, erklärte sie. Der Kaffee war inzwischen kalt. Sareah schlug leicht mit der flachen Hand auf den Tisch und schaltete das Aufnahmegerät aus. »Wie wär’s mit einem frischen Kaffee?«
    Als er mit den Tassen zurückkam, schrieb sie etwas in einen kleinen Schnellhefter. Sie bemerkte seinen neugierigen Blick. »Nur ein paar Notizen zur Person.«
    Er brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, was sie meinte. Brennend gern hätte er gewusst, was sie da schrieb. Vielleicht: Nervöser junger Mann . . .? Oder: Leicht verständlich veranschaulicht er komplexe Zusammenhänge? Er stellte ihr den Kaffee hin, während sie den Hefter zurück in ihre Tasche schob. Sareahs Zigarettenschachtel lag noch auf dem Tisch und sandte unwiderstehliche Reize aus.
    »Vielleicht doch noch eine Zigarette?« Sie hielt ihm die Packung hin und gab ihm Feuer. »Okay, wie lässt sich nun diese Erinnerung außerhalb des Körpers abspeichern, wenn das alles so kompliziert ist?« fragte sie dann und schaltete wieder ein.
    »Das ist eine der Fragen, auf die man hier am Institut die Antwort gefunden hat. Sebastian merkte, dass in seiner

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