Furor
Gedächtnisses zu zwingen. So lange, bis man die Information hat, die man sucht. Schnapp dir jemanden, nimm ihm seine Erinnerung, bring ihn um oder lass ihn wieder laufen. Vielleicht geht das auch noch, ohne dass man merkt, was da mit einem angestellt wird? Das ist doch etwas anderes, als jemanden erst töten zu müssen, bevor man suchen kann.«
Mato schüttelte den Kopf. »Du übertreibst. Das klingt ja echt nach Groschenroman.«
Aber Hobbes blieb dabei. »So ähnlich wird Sebastians Vater wohl auch gedacht haben, oder? Weshalb sonst der Wunsch, alles zu vernichten?«
Sie schauten Sebastian an. Der starrte schweigend auf die Tischplatte. In der Cafeteria war es um diese Zeit eher ruhig. Nach dem Schock im Zentrum war Sebastian durchs Institut gewankt wie ein Geist. Als Mato ihn angetippt und mit in die Cafeteria genommen hatte, schien er ziemlich verwirrt. Nach einer Tasse Kaffee hatte Sebastian sich halbwegs gefangen und alles erzählt. Mato und Hobbes waren danach für eine ganze Weile verstummt.
Sebastian durchbrach schließlich als Erster das Schweigen: »Irgendjemand wusste, dass er an etwas Wichtigem gearbeitet hat. Und dann hat er ihn getötet, um an die Ergebnisse zu kommen.«
»Aber wer könnte so etwas tun? Und warum hat dein Vater das Ergebnis seiner Arbeit zerstören wollen, wenn sie so wichtig war?«, fragte Mato.
»Na, das ist doch klar«, erklärte Hobbes. »Er konnte gar nicht anders. Er wollte einfach wissen, ob es möglich ist. Und als er es wusste, war es ihm genug. Schluss.«
»Vielleicht hat er ja auch gehofft, dabei noch andere Dinge zu finden. Ungefährliche Dinge, nützliche Dinge, was weiß ich«, meinte Mato.
Sebastian dachte nach. Sein Vater war ein Besessener gewesen. Er wollte immer schon wissen, wie die Rückseite des Spiegels aussah. Um jeden Preis. Doch irgendetwas musste ihn in jener Nacht gestört haben. Irgendetwas hatte ihn dazu gebracht, dass er plötzlich seine Ergebnisse zerstören wollte. War er zur Besinnung gekommen? Doch bevor er seine Daten löschen konnte, war er umgebracht worden.
War es so gewesen?
Sebastian würde das wahrscheinlich nie erfahren. Aber er musste wissen, wer für den Tod seines Vaters verantwortlich war.
Christian Raabe hatte in seiner Nachricht von mehreren großen Fehlern gesprochen. Der eine war vermutlich seine letzte Forschungsarbeit. Was aber waren die anderen Fehler?
»Was willst du jetzt tun?«, fragte Mato.
Sebastian war sich nicht sicher. Er zuckte die Schultern.
»Na, rauskriegen, wer seinen Vater auf dem Gewissen hat.« Hobbes versuchte einen lockeren Ton.
»Sag mal, ist euch eigentlich klar, worum es hier geht?«, fragte Sebastian ungehalten. »Wir machen doch hier keine Butterfahrt!«
»Ach, du meinst: keine Heizdecken am Ende?« Hobbes grinste.
Sebastian war nicht nach Blödeln zumute. Das hier war keinVorabend-Krimi. »Vielleicht sollten wir die Sache besser der Polizei übergeben.« Sebastian blickte fragend in die Runde.
»Und du glaubst, dass die paar Hinweise, die wir liefern könnten, die Polizei motiviert, der Sache nachzugehen?« Hobbes schüttelte den Kopf. »Für die ist das ein glatter Selbstmord. Nein, da müssen wir erst mal selber ran. Und dann können wir immer noch zur Polizei gehen.«
Mato nickte.
»Mir fällt da gerade etwas ein«, meinte Hobbes. »Erinnert ihr euch an diese Sache mit der Ärztin im Klinikum? Was hatte der Sanitäter da noch mal festgestellt: Etwas hätte sich verändert bei deinem Vater?«
»Ja, und?«
»Vielleicht sollten wir den mal ausfindig machen. Und vielleicht wäre es auch interessant, mal einen Blick in die Krankenblätter deines Vaters zu werfen. Ich habe da so eine vage Idee.«
Sie verließen die Cafeteria und verabredeten sich abends wieder im Last Experience. Sebastian rief bei Sareah an und hoffte fast, sie nicht zu erwischen. Er wollte gern mit ihr sprechen. Andererseits war er in diesem Augenblick nicht in der richtigen Verfassung für einen Flirt mit der Frau seiner Träume. Er hatte Glück. Ihre Mailbox forderte ihn auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Erleichtert sagte er, wo er am Abend zu finden sein würde.
24. April, Abend
Als Sebastian im Last Experience eintraf, war Hobbes schon da und spielte eine Runde Billard gegen sich selbst.
»Wer gewinnt?«
»Ist noch nicht sicher. Aber ich glaube, diesmal krieg ich den Mistkerl.«
Sebastian sah zu, wie Hobbes die Kugeln gekonnt eine nach der anderen versenkte. Dann kam die schwarze Acht über die Bande ins
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