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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Überführung«, erklärte er ihnen.
    Auf dem Flachbildschirm war ein Reh zu sehen. Dahinter die 59
    vertrauten Umrisse der verlassenen Wolkenkratzer im Zentrum von Detroit. Das Real-One-Logo in der Ecke rechts unten verriet ihm den Kontext: wieder so ein Tierfilm.
    Sie gaben ihm ein Eingabegerät, damit er die Reservierungs-nummer auf Creedmores Papier eintippen konnte, und wie sich herausstellte, war alles bezahlt. Er musste auf dem Eingabegerät unterschreiben – da. Sie sagten ihm, er solle den Wagen in Park-bucht dreiundzwanzig, sechste Ebene abstellen. Er verließ das Büro, stieg wieder in den Hawker, fuhr die Rampe hinauf. Nasse Reifen quietschten auf Beton.
    Creedmore machte gerade seine Morgentoilette. Sie bestand darin, dass er sich mit den Fingern mehrmals durch die Haare fuhr, sie an den Jeans abwischte und sich dann die Augen rieb. Er betrachtete die Resultate im beleuchteten Spiegel auf der R ückseite der Beifahrer-Sonnenblende. »Zeit für ‘nen Drink«, sagte er dem Spiegelbild seiner blutunterlaufenen Augen.
    »Sieben Uhr morgens«, meinte Rydell.
    »Meine Rede«, sagte Creedmore und klappte die Blende wieder hoch.
    Rydell fand die Nummer dreiundzwanzig auf dem Beton zwischen zwei in weiße Staubschutzhauben eingepackten Fahrzeu-gen. Er bugsierte den Hawker vorsichtig hinein und machte sich daran, ihn abzuschalten. Dazu brauchte er nicht mal aufs Hilfs-menü zuzugreifen.
    Creedmore stieg aus und ging weg, um irgendwo an einen Reifen zu pissen.
    Rydell vergewisserte sich, dass sie nichts im Innenraum liegen gelassen hatten, löste den Gurt, beugte sich hinüber, um die Bei-fahrertür zuzuziehen, öffnete den Kofferraum und die Fahrertür, sah noch einmal nach, ob er die Schlüssel hatte, stieg aus und schloss die Tür.
    »He, Buell. Dein Freund holt ihn hier ab, stimmt’s?« Rydell nahm seinen Matchbeutel aus dem abstrus kleinen Kofferraum des Hawker-Aichi, dessen Abmessungen ihn an das Innere eines 60
    Kindersarges erinnerten. Da nichts weiter drin war, nahm er an, dass Creedmore ohne Gepäck reiste.
    »Nee«, sagte Creedmore. »Sie lassen ihn hier oben einstau-ben.« Er knöpfte sich gerade den Hosenstall zu.
    »Dann geb ich die Schlüssel den Universal-Jungs unten?«
    »Nein, die gibst du mir.«
    »Ich hab unterschrieben«, wandte Rydell ein.
    »Gib schon her.«
    »Buell, für dieses Fahrzeug trage ich jetzt die Verantwortung.
    Ich hab unterschrieben, dass es hier drin ist.« Er schloss den Kofferraum und aktivierte die Sicherheitssysteme.
    »Treten Sie bitte zurück«, sagte der Hawker-Aichi. »Respektie-ren Sie meine Grenzen, wie ich die Ihren respektiere.« Er hatte eine schöne, seltsam geschlechtslose Stimme, sanft, aber fest.
    Rydell trat erst einen, dann noch einen Schritt zurück.
    »Der Wagen und die Schlüssel gehören meinem Freund, und ich soll sie ihm geben.« Creedmore legte die Hand auf die große Lassowerferschnalle, als wäre sie das Ruder seines persönlichen Staatsschiffs, aber er wirkte unsicher, als würde ihm sein Kater zu schaffen machen.
    »Sag ihm einfach, die Schlüssel sind hier. So läuft die Sache. Ist für alle Seiten sicherer.« Rydell schulterte seinen Beutel und machte sich auf den Weg die Rampe hinab, froh, sich die Beine vertreten zu können. Er schaute zu Creedmore zurück. »Bis irgendwann mal, Buell.«
    »Himmelarsch«, sagte Creedmore, aber Rydell bezog es eher auf das Universum, das Rydell hervorgebracht hatte, als auf sich selbst. Creedmore wirkte verloren und isoliert, wie er da so blin-zelnd unter den grünlich-weißen Lichtleisten stand.
    Rydell ging weiter die ramponierte Betonspirale des Parkhauses hinab, fünf Ebenen, bis er auf Höhe des Büros an der Einfahrt herauskam. Die Universal-Wachleute tranken Kaffee und sahen sich das Ende ihres Tierfilms an. Jetzt war das Reh im Schnee unterwegs, Schnee, der waagrecht wehte und die vollkommen senk-61
    rechten Wände von Detroits totem, monumentalem Herzen mit Eis überzog, riesige, schwarze Backsteinzinken, die sich in den weißen Himmel reckten und darin verschwanden.
    Sie drehten ziemlich viele Tierfilme dort.
    Er trat auf die Straße hinaus und hielt Ausschau nach einem Taxi oder einem Laden, wo es Frühstück gab. Er roch, dass San Francisco anders war als Los Angeles, und das war ihm recht. Er würde sich was zu essen genehmigen und dann mit der brasilianischen Brille in Tokio anrufen.
    Mal sehen, was es mit diesem Geld auf sich hatte.
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    DER ANDERE
    a Chevette noch nie einen Standard

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