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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Ahnung davon hat, welche Dokumente du beschaffen solltest – was da am lukrativ-sten wäre.«
    »He, Martial, ich mach keine –«
    »Bitte, Fontaine. Wenn jemand Besteck aus zweiter Hand und altes Spielzeug verkauft, auf das schon die Ratten gepinkelt haben, dann ist doch völlig klar, dass das eine Berufung sein muss. Eine Lebensaufgabe. Ich weiß, du machst das nicht wegen des Geldes.
    Trotzdem, wenn du noch ‘nen zweiten Kanal zu anderen Sachen hast, rate ich dir, dich mit deinem Anwalt – also mit mir – zu beraten, und zwar so schnell wie möglich. Hörst du?«
    »Martial, ich hab kein –«
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    »Clarisse hat bei einem anderen Partner unserer Firma Er-kundigungen eingezogen, Fontaine. Das sag ich dir ganz im Ver-trauen.«
    Fontaine hörte das gar nicht gern. »Sie spricht von Scheidung, mein Freund.« »Ich muss Schluss machen, Martial. Kundschaft.«
    Fontaine legte auf. Martials Neuigkeiten bezüglich Ciarisse waren Fontaine nicht gar so neu, aber er hatte es bisher erfolgreich vermieden, darüber nachzudenken.
    Ein leises, stetes Klicken drang an sein Ohr, und als er sich umdrehte, sah er, dass der Junge den Datenhelm wieder aufgesetzt hatte.
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AUF AUTOPILOT
    hevette hatte die Augen nicht geschlossen, als sie Creed-Cm ore herunterzog und küsste, aber da sie die Arme um seinen Hals geschlungen hatte, um ihn fest zu halten und sich vor Carson zu verstecken, raubte ihr der Ärmel von Skinners Jacke die Sicht. An den verschwommenen Konturen von Creedmores Wangenknochen und linkem Ohr vorbei sah sie jedoch ein adre-nalinscharfes Bild von Carson, der sich seinen Weg durch die Menge bahnte. Das nahm ihre Aufmerksamkeit dermaßen in Anspruch, dass es ihr bisher gelungen war, Creedmores Reaktion zu ignorieren – seine Zunge versuchte offenbar, mit einer bislang er-folglosen Kombination aus Geschwindigkeit und Hebelkraft die ihre zu bändigen, und seine Hände waren unter Skinners Jacke hektisch auf Brustwarzenjagd.
    Vor das kristallklare Bild von Carson schob sich eine Großaufnahme von Tessa, die Augen vor Erstaunen geweitet und drauf und dran, in schallendes Gelächter auszubrechen, als Creedmore endlich eine der Brustwarzen fand, auf die er so wild war, worauf Chevette reflexhaft mit dem linken Arm seinen Hals losließ und ihn so hart und diskret wie möglich in die Rippen boxte, ihm so viele Knöchel wie nur möglich hineinrammte.
    Creedmores blaue, blutunterlaufene Augen flogen weit auf, und Chevette ließ ihn los, tauchte von ihrem Stuhl und rollte sich, jetzt voll auf Autopilot, unter den Tisch. Sie glaubte zu hören, wie Creedmore bei dem Versuch, ihr zu folgen, mit dem Kopf gegen den Tisch knallte, aber jetzt, wo sie seinen Mund nicht mehr auf ihrem spürte, wurde ihr dessen Geschmack bewusst – etwas daran kam ihr quälend vertraut vor –, doch das spielte sich alles 194
    nur weit hinten in ihrem Kopf ab, während ihr Körper sie auf dem schnellsten Wege, den er nur finden konnte, dort herausbrachte.
    Das hieß, sie krabbelte auf Händen und Knien los, immer noch unter dem Tisch; darunter hervor, weiterhin tief gebückt, aber mit zunehmendem Tempo; rannte geduckt los, die Arme hoch erhoben, um jeden abzublocken, der versuchen könnte, sie zu stoppen; raus durch die Tür.
    Wo der Instinkt, irgendwas, irgendeine Erinnerung sie nach rechts führte, Richtung Oakland.
    Und sie wurde erst langsamer, als sie das Gefühl hatte, dass es ungefährlich war, aber inzwischen hatte sie erkannt, was der Geschmack in Creedmores Mund war: Dancer, und sie fragte sich, wieviel sie abgekriegt hatte. Nicht viel wahrscheinlich, aber sie sah es jetzt in der schwachen Aura um jede Lichtquelle und merkte es daran, wie ihr Herz klopfte und dass nichts von dem, was gerade passiert war, sie sonderlich beunruhigte.
    Ärger konnte abstrakt sein, wenn man auf Dancer war.
    Carson bedeutete Ärger, dachte sie, und sein Gesichtsausdruck, den sie ihm immer schon zugetraut hatte, ohne ihn jedoch jemals bei ihm gesehen zu haben, hatte ihr Angst vor ihm eingeflößt. Sie hatte Angst vor ihm, seit er sie geschlagen hatte, aber das war für sie nicht ganz dasselbe gewesen. Er hatte ihr dabei nicht sehr weh-getan, jedenfalls nicht körperlich. Da, wo sie herkam, waren Leute vor ihren Augen übel zugerichtet, wirklich böse verletzt worden, und dieser süße Medienbubi, der nicht mal richtig zuschlagen konnte, wie gefährlich würde der schon sein?
    Doch als die Spuren der Droge in Creedmores Speichel nun ihre Wirkung taten, wurde

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