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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Realität galten. »In einer Pension«, sagte er versuchshalber. »San Francisco – Oakland Bay.«
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    »Bist du Laneys Freund?«
    »Ich – na ja. Schon.«
    Sie schaute sich jetzt mit offenkundigem Interesse um, und Rydell merkte, wie sich die Haare an seinen Armen aufrichteten, als er sah, dass ihre Kleidung die seine exakt widerspiegelte, obwohl ihr alles perfekt passte, was sie trug, und es bei ihr natürlich ganz anders aussah. Weite Kakihose, blaues Arbeitshemd, schwarze Nylonjacke mit Klettbandrechteck überm Herzen, wo das Firmenlogo drankam. Bis hin zu schwarzen Socken (mit Lö-
    chern? fragte er sich) und Miniaturversionen der schwarzen Work’N’Walks, die er für den Lucky Dragon gekauft hatte. Aber die Haare an seinen Armen standen hoch, weil er wusste – er hatte es gesehen, ganz bestimmt –, dass sie im ersten Moment ihrer Anwesenheit nackt vor ihm gehockt hatte.
    »Ich bin Rei Toei«, sagte sie. Ihr Haar war grob und glänzend – unregelmäßig, aber perfekt geschnitten –, ihr Mund breit und großzügig, fast mit einem Lächeln auf den Lippen, und Rydell streckte die Hand aus und sah, wie sie direkt durch ihre Schulter ging, durch das Muster aus kohärentem Licht, das sie sein musste, so viel wusste er. »Das ist ein Hologramm«, erklärte sie, »aber ich bin real.«
    »Wo bist du?« fragte Rydell und zog die Hand zurück.
    »Ich bin hier.«
    »Aber wo bist du in Wirklichkeit?«
    »Hier. Dies ist kein übertragenes Hologramm. Es wird von dem Famous-Aspect-Gerät generiert. Ich bin hier, bei dir. Dein Zimmer ist sehr klein. Bist du arm?« Sie kroch an Rydell vorbei (er vermutete, sie hätte durch ihn hindurchkriechen können, wenn er nicht beiseite gerückt wäre) zum Kopfende des Bettes und untersuchte die salzverkrustete Plastikhalbkugel. Rydell sah jetzt, dass sie buchstäblich eine Lichtquelle war, obwohl ihn das Leuchten, das von ihr ausging, irgendwie an Mondlicht erinnerte.
    »Das ist ein gemietetes Zimmer«, sagte Rydell. »Und ich bin nicht reich.«
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    Daraufhin blickte sie sich um. »Ich wollte dich nicht beleidi-gen.«
    »Schon in Ordnung«, sagte Rydell und schaute von ihr zum Projektor und wieder zurück. »Ich meine, viele Leute würden mich für arm halten.«
    »Aber noch mehr würden dich für reich halten.«
    »Na, ich weiß nicht...«
    »Aber ich«, sagte sie. »Die Menschen, die gegenwärtig leben, besitzen in ihrer Mehrzahl deutlich weniger als du. Du hast diesen Platz zum Schlafen, du hast Kleidung, und wie ich sehe, hast du auch etwas gegessen. Wie heißt du?«
    »Berry Rydell«, sagte er und empfand eine seltsame Scheu.
    Aber er glaubte zumindest zu wissen, wer sie war oder sein sollte.
    »Hör mal, ich kenne dich. Du bist diese japanische Sängerin, die nicht... ich meine, die...«
    »Die nicht existiert?«
    »Das hab ich nicht gesagt. Ich meine, hättest du nicht diesen Iren oder Chinesen oder so heiraten sollen? Den von der Band?«
    »Ja.« Sie hatte sich bäuchlings auf dem Bett ausgestreckt und stützte das Kinn ein paar Zentimeter vor der okkludierten Pla-stikblase in die Hände. (Rydell sah die Blase blitzartig vom Wasser darunter aus; das weißlich überzogene Auge eines Ungeheuers.) »Aber wir haben nicht geheiratet, Berry Rydell.«
    »Woher kennst du Laney?«, fragte er sie in der Hoffnung, dem Gespräch wieder eine irgendwie geartete Basis zu geben, auf der er ebenfalls stehen konnte.
    »Laney und ich sind Freunde, Berry Rydell. Weißt du, wo er ist?«
    »Nicht genau.« Das war die Wahrheit.
    Sie rollte sich herum, hinreißend und buchstäblich strahlend, in ihrem widersinnigen Abbild seiner Klamotten, die bei ihr wie der erste und reinste Ausdruck einer unwiderstehlichen neuen Mode aussahen, und fixierte ihn mit einem traurigen Blick. In diesem Moment hätte er ihr willig und mit Freuden so lange in die 202
    Augen geschaut, wie sie es nur gewollt hätte, und fraglos bis in alle Ewigkeit gesessen. »Laney und ich sind getrennt worden. Ich verstehe nicht warum, aber ich muss darauf bauen, dass es letztendlich zu unser beider Wohl geschehen ist. Von wem hast du den Projektor bekommen, Berry Rydell?«
    »Keine Ahnung«, sagte Rydell. »Er ist per GlobEx gekommen, aber auf Laneys Namen. Adresse in Melbourne, Firma namens Paragon-Asia.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »Weißt du, warum wir beide hier in San Francisco sind, Berry Rydell?«
    »Nein«, sagte er, »du?«
    »Laney glaubt, dass die Welt bald untergehen wird«, sagte sie, und ihr Lächeln war

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