Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
kommt das Schaf vor. Den Kindern wird zur Geburt ein Strampelanzug aus Schafswolle geschenkt! Und die Schafe leben bei ihnen… hm quasi wie die berühmte Kuh in Indien. Es wird nicht gegessen und es ist Mittelpunkt einiger Zeremonien.
Ich habe mal gehört, wie ein Clanältester mit einem Schaf gesprochen hat. Ich glaube, er hat es um Rat gefragt. Eine faszinierende Gesellschaft, und dass sie ihre Traditionen so lange bewahren konnten..."
Seine Gedanken schienen wieder abzuschweifen. Aber er hatte mir einen guten Hinweis, beziehungsweise eine Stütze meiner Thesen geliefert: Schafe, sie waren wohl der Dreh-und Angelpunkt dieser ganzen Geschichte.
"Waren Sie mal bei uns? Im Twellbachtal?", fragte ich, einer plötzlichen Eingebung folgend.
"In der Tat! Ich wollte gucken, wie sich die Kurenai in einer modernen Gesellschaft verhalten. Ihr habt euch gut integriert, aber wie man sieht, führte das zu einem kulturellen Verlust." Er sah mich bedauernd an. "Obwohl… die Kurenai waren schon immer gut darin ihr wahres… Ich… zu verstecken. Ich wette Sie wissen mehr, als Sie zugeben." Nun bohrte er seinen Blick förmlich in mich hinein, als hätte er erst jetzt eine Chance erkannt, die er nutzen musste.
"Ähm… ich… ähm…" Na klasse, wieder wurde ich knallrot. Sicher, ich wusste etwas mehr als er, aber ich konnte es ihm ja nicht verraten.
"Ich verstehe schon, ich darf es nicht wissen. Aber ich bin so neugierig! Ich wünschte, ich wäre einer von ihnen… In die Geheimnisse dieser unglaublich einfachen und doch so vielfältigen Kultur eingeweiht. Ein Teil von etwas Mystischem…" wieder verlor sich sein Blick. Ein seltsamer Typ.
"Glauben Sie mir, so mystisch ist es bei uns nicht", sagte ich wahrheitsgemäß. Naja bis auf die Tatsache mit den Familiengaben und den Visionen… Aber das hielt er eh für eine Legende.
"Wenn Sie etwas herausfinden, etwas, das ich wissen darf, teilen Sie es mir dann mit?", fragte er nach einer Weile. Ich meinte etwas Hoffnung in seiner Stimme zu hören.
"Ähm… ich weiß nicht. Wenn es da etwas gibt, gerne", antwortete ich verwirrt. Wenn man gerade selbst auf der Suche nach der Wahrheit war, gestalteten sich solche Versprechen als schwierig.
"Keine Panik, das wäre ganz inoffiziell. Es würde sicher nicht im nächsten Buch erscheinen." Er lächelte wieder und er wirkte aufrichtig.
"Na gut, wenn ich etwas herausfinde, lasse ich Ihnen eine Mail zukommen" Wie konnte man diesem Blick widerstehen?
"Am besten rufen Sie mich an, hier ist meine Karte." Er reichte mir eine schlichte Karte mit einem einfachen Foto, zu freundlich für den Ausweis und zu förmlich für ein Freizeitfoto.
"Alles klar, danke… ähm könnten Sie mir vielleicht noch aufschreiben, wo genau sich dieser andere Clan befindet?" Er schrieb den Ort auf die Rückseite seiner Karte und gab sie mir lächelnd zurück.
"Na dann, viel Erfolg!", wünschte er mir, als ich aufstand.
Er sah mich interessiert aber gleichzeitig zweifelnd an. Ja er hatte schon recht zu zweifeln. Ich wusste selbst nicht, auf was für Geheimnisse ich stoßen würde und was ich davon preisgeben konnte stand auf einem ganz anderen Blatt.
Aber dieser Mann… Vielleicht konnte er der sein, mit dem ich reden konnte? Obwohl er nicht im Clan war? Ich musste mal meine Mutter fragen oder eine Älteste, denn sie sind die Geheimniswahrerinnen.
"Danke, Ihnen auch", antwortete ich und begab mich Richtung Ausgang.
Es half wohl alles nichts, ich musste mich wieder zu Schafen begeben. Sie schienen das einzige erreichbare Überbleibsel aus meiner Vergangenheit zu sein. Doch finde erst Mal Schafe in einer großen Stadt. Und seltsamerweise gab es in unserem Dorf keinen einzigen Scharfhirten.
Na gut, Hirten gab es eh nicht mehr so viele. Mit irgendwas mussten die Menschen ja ihren Lebensunterhalt verdienen. Aber dass man sich, wenn die Schafe so eine zentrale Rolle innehatten, nicht wenigstens eines oder zweie im Garten hielt, fand ich komisch.
Schafe… Hm Schafe… Unauffällig an Schafe herankommen, das wird schwierig. Man möchte ja kein Aufsehen erregen, weder bei den Fremden, noch beim eigenen Volk. Einerseits könnte man als verrückt gebrandmarkt werden, denn welcher normale Mensch sprach schon ernsthaft mit Schafen? Zudem noch mit Wildfremden. Zum anderen sollten nicht alle Clanleute wissen, wie es um mich stand.
Ob Zweiundsiebzig mir helfen würde? Sie kam mir so verwirrt vor.
Kapitel 5
Ein Foto für Moch
Frühjahr
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