Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
alles war zwar wahr, dachte ich, aber helfen tat es mir nicht.
"Kannst du mir vielleicht konkreter helfen? So auf meine Situation bezogen?", fragte ich bemüht freundlich.
"Das tat ich gerade…" Das Schaf machte eine Pause, bevor es weitersprach: "Überlege mal. Die Zukunft ist stetig, doch sie fließt. Sie ist unveränderbar, beeinflussbar. Das schließt sich nicht aus, aber vielleicht ist es für euer primitives Menschengehirn zu schwer…" Das war keine Beleidigung, auch wenn es sich für mich erst so anhörte. Ich konnte diese Schafe einfach nicht einschätzen.
"Also, wenn es meine Bestimmung ist, Allan zu heiraten…?“ Meine Gedanken wirbelten durcheinander, "aber, Tippsi sagte, der Sendemast sei kaputt und die Visionen verändert worden. Ist das nicht ein Griff in die Zukunft? Um sie zu verändern?"
"Ihr denkt so… einseitig. Immerzu oberflächlich und so… linear."
"Wie soll ich sonst denken?", fragte ich einerseits provokant, andererseits aufrichtig an einer Antwort interessiert.
"Ganzheitlicher. Wechselseitiger. Vollständiger. Alles ist so, wie es sein soll."
"Das kann ich nicht glauben. Erst seit ich von der Vision weiß, geht alles den Bach hinunter. Und für euch ist es ja auch nicht super. Jetzt sollte kein Schaf sterben, weil dann seine Seele verloren ist. Das ist sicher nicht so gewollt…
Und Jasper… Alles ist kaputt wegen Allan! Er hat alles ruiniert! Und ich weiß nicht mal wie, geschweige denn warum überhaupt!
Ich kann es ihm nicht mal nachweisen, nichts anhaben, ihn nicht anzeigen! Er hat kein Verbrechen in unserem menschlichen Sinne begangen, nichts getan wofür ich ihn offiziell zur Rechenschaft ziehen könnte. Was soll ich also tun?" Ich war aufgestanden und rastlos im Stroh umhergewandert. Ich war verzweifelt. Im Moment fühlte sich alles so endgültig an.
"Fynia. Fynia Wolfspfötchen… Nicht so traurig, alles wird besser werden."
"Was soll ich tun? Soll ich Allan zur Rede stellen? Ihn einfach fragen? Ihn angreifen? Ihn erpressen die Wahrheit zu sagen?", fuhr ich das Schaf an.
Ihre Gelassenheit machte mich wahnsinnig. Wenn ich das Wort an sie richtete, sah ich Zweiundsiebzig an. Wenn sie allerdings sprach, konnte ich ihrem träumerischen Blick nicht standhalten.
"Tu, was du denkst, das du tun musst. Das wird der richtige Weg sein. Sei aber bedacht. Versuch mit dem Herzen zu sehen, das ist viel effektiver als Augen. Das Herz kann auch hören, auch viel besser als Ohren!" Ich kam mir leicht verarscht vor, versuchte es aber aus Zweiundsiebzigs allumfassender Superschafssicht zu betrachten. Vielleicht ergaben ihre Worte ja dann Sinn…
"Ach man… Ich weiß ja nicht mal, ob es wirklich Allan war. Was, wenn er genau so Opfer ist wie ich? Er wirkt so nett und unschuldig… Was, wenn es keine so direkte Manipulation gab? Wenn der Sendemast einfach einen Fehler hat. Oder wenn es ein Unfall war?"
"Zu viele Gedanken. Zu viele Fragen. Zu viel Angst in dir. Mach dich frei, dann kann deine Seele atmen." Danke, Meister Yoda…
"Weißt du, es ist wirklich nicht leicht aus dir schlau zu werden.", sagte ich mit einem inneren Lachen und bleckte die Zähne. Ich wollte absichtlich etwas bedrohlicher wirken, aber dieses Schaf war abseits jeglicher tierische Instinkte und betrachtete mich nur hinter ihrem allwissenden Schleier unverständlicher Lebensweisheiten.
"Das kann ich nur erwidern. So primitives Denken… So viele Gedanken, die das Wichtigste überdecken, die dein Gefühl behindern…" Zweiundsiebzigs Blick glitt durch mich hindurch in die Ferne.
"Was soll ich wegen Jasper tun?", fragte ich nun. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war und ob Allan vielleicht schon wartete, aber es war mir auch egal.
"Nichts.", antwortete das Schaf, den Blick noch immer auf einen Punkt in den Wolken gerichtet.
"Aber… dann ist alles aus. Ich mag ihn doch… Ich will ihn nicht verlieren!", versuchte ich meine Gefühle, meine Lage zu erklären.
"Ich weiß, Schätzchen. Ich weiß."
"Dann hilf mir doch!", forderte ich mit erhobener Stimme und warf aus einem Instinkt heraus den Kopf gen Himmel.
"Versuche ich doch. Du kannst nichts tun." Ihre Ohren zuckten in meine Richtung und der Rest einer gelben Nummernmarke wackelte hin und her.
"Soll das heißen, dass ich völlig machtlos bin? Dass ich mich einfach meinem Schicksal ergeben muss?", rief ich wütend, meine Stimme klang nun wie der lang gezogene Klagelaut eines den Vollmond anheulenden Wolfes.
"Du hast zugehört, ohne hinzuhören,
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