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Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)

Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)

Titel: Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fricke
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Stimmlage. Es wirkte wie ein Selbstgespräch eines Schizophrenen und hätte passender für mich nicht sein können.
    Das Sonnenlicht wurde kräftiger, gelber, fast schon fröhlich, wie ich mit einem Stich in der Magengegend bemerkte. Fast, als wolle der noch junge Tag mich verhöhnen.
    Irgendwann beschloss ich aufzustehen. Allan, den ich um 10 Uhr treffen wollte, hatte ich fast vergessen. Als ich mir völlig antriebslos ein Butterbrot schmierte, fiel mein Blick auf die Küchenuhr. Es war erst neun. Noch genug Zeit.
    Wie in Zeitlupe durchlief ich meine allmorgendliche Routine. Ich vergaß sogar Sekunden nachdem ich die Zähne geputzt hatte, dass ich die Zahnbürste heute schon mal in der Hand hatte. Als es sich nicht mehr aufschieben ließ, bewegte ich mich Richtung Waldrand.
    In der frischen Luft erwachten meine Lebensgeister langsam wieder. Ich ließ mit jedem Schritt den gestrigen Tag noch einmal Revue passieren. Vieles war schief gelaufen. Jeder hatte Fehler gemacht. Keiner war bereit nachzugeben. Doch das konnte ich auch nicht. Unsichtbare Fesseln hinderten mich daran, Jasper die volle Wahrheit zu offenbaren. Ich verstand, wie beschissen das alles für ihn sein musste, aber was sollte ich denn tun?
    Auf halbem Weg entschloss ich vor dem Treffen noch mal bei Zweiundsiebzig vorbei zu schauen. Ich verwandelte mich in den Wolf und sprintete zu dem verlassenen Unterstand.
    Wie erhofft, befand sich das alte Schaf, wo ich es zurückgelassen hatte. Erfreut stürmte ich auf das Wollknäuel zu, stoppte aber abrupt ab. Ich wollte sie nicht erschrecken. Jedoch war meine Vorsicht unbegründet. Das alte Schaf hatte mich schon längst erwartet.
    "Guten Tag, Fynia." Zweiundsiebzig kaute verträumt auf ein paar Halmen trockenem Gras herum und musterte mich mit einem Blick, der nicht von dieser Welt zu sein schien.
    "Dir auch einen guten Tag.", stammelte ich und rang nach Luft.
    "In dieser Zeit ist eigentlich kein Tag gut…", meinte das Schaf und bemühte sich mit wackeligen Beinen um eine gemütlichere Position im alten Stroh. Mir kam der Gedanke, dass ich eigentlich mal neues Stroh zum polstern holen könnte.
    "Wo du recht hast…", murmelte ich und ließ mich ihr gegenüber nieder.
    "Ach Zweiundsiebzig, was soll ich nur tun?", platze es aus mir heraus, ignorierend, dass das Schaf ja gar keine Ahnung hatte, was in der letzten Zeit passiert war.
    "Ich dachte sie wären sehr deutlich gewesen.", antwortete das Schaf zu meiner Überraschung.
    "Hm? Wer?", fragte ich verwirrt und hob den Kopf von meinen Wolfspfoten.
    "Die Worte, mein Kind." Wie immer wirkte das alte Schaf etwas ungeduldig. 
    "Welche Worte?"
    "Na, welche Worte? Die von meinen Artgenossen natürlich!", empörte sich Zweiundsiebzig aufgrund meines mangelnden Verständnisses. Ihre Stimme klang wie ein Blöken in meinem Kopf. 
    "Woher…?" Doch weiter kam ich mit meiner Frage nicht. 
    "Kindchen… Kindchen… So schade, all das Wissen ist verloren… Wie die Kinder müssen die Erwachsenen fragen, nur um zu verstehen, was ihnen eigentlich von Geburt an geschenkt worden ist. Eine Schande ist das…" Sie murmelte noch weitere Worte, die ich nicht verstand.
    "Ich weiß, das hast du… und deine Artgenossen… mir sehr deutlich gemacht." Ich blickte Zweiundsiebzig böse an, jedenfalls versuchte ich das, aber ein Wolf hat erstaunlich wenig Möglichkeiten in der Mimik.
    "Du weist also von meiner Unterredung mit Tippsi?", setzte ich erneut an.
    "Eine Seele mein Kind, viele Körper, eine Seele, ein Bewusstsein. Viele Gedanken, ein Bewusstsein." Ihre Stimme verlor sich abermals in den Weiten des Universums, so kam es mir jedenfalls vor.
    "Ich schätze mal, das heißt ja.", murmelte ich in mich hinein. Entweder war Zweiundsiebzigs ‚Gehör’ nicht mehr das Beste, oder sie überhörte meine Bemerkung. Ich tippte auf Letzteres. 
    "Was meinst du, was soll ich tun? Alles scheint falsch zu sein. Deine Artgenossen haben gemeint, dass etwas schief gelaufen sei, dass deswegen alle Visionen falsch wären…" 
    "Nicht alle Visionen falsch, Fynia Wolfspfötchen. Ja, etwas ist nicht richtig, aber die Zukunft ist wandelbar. Einerseits.“ Sie machte ein künstlerische Pause bevor sie wieder zu sprechen anhob: „Sie fließt wie ein Strom kühlen Wassers aus einer Quelle in ferner Zukunft durch uns hindurch. Wir können nur auf den Teil blicken, der schon hinter uns liegt. Es wird auf jeden Fall geschehen, was geschehen soll.", belehrte Zweiundsiebzig mich.  
    Ich verstand nichts. Das

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