Fyrgar - Volk Des Feuers
Luft wurde dünn und immer dünner, und obwohl sie in Farnheim fast jeden Tag eine weite Strecke gegangen war - ihr Vater hatte sie dazu gezwungen -, war es doch etwas anderes, eine solche Steigung bewältigen zu müssen.
»Ich werde für ihn durch das Feuer gehen«, sagte sie schließlich unvermittelt.
Ihr Vater nickte verstehend. »Ich dachte es mir schon. Der Ausdruck in deinen Augen, wenn du ihn angesehen hast, ist Offenbarung genug. Und der seine erst.«
»Er hat sich die ganze Zeit ehrenhaft benommen, wir haben nicht einmal einen unschuldigen Kuss getauscht.«
»Ah! So genau wollte ich das gar nicht wissen. Ich kann ihn ohnehin nicht fordern. Lächerlich wäre das.«
»Bist du ... deswegen böse auf mich?«
»Ich kann dir niemals böse sein, Eírtiti. Und ich bin auch nicht überrascht. Nachdem Halrid uns damals abgesetzt hatte, hast du eine Woche lang geweint und nach ihm gerufen. Ihr gehört wohl zusammen, das lässt sich nicht ändern. Ich bedaure nur, dass du dadurch deine Unbeschwertheit verlieren wirst, wenn du dich so früh an einen so alten Mann bindest.«
»Ich versäume nichts, Vater«, erwiderte sie lächelnd. »Halrid wird mir die Welt zeigen. Er hat mir gesagt, dass ich nicht an ihn gebunden sein werde. Ich soll bei ihm bleiben, solange ich will. In die Zukunft kann ich nicht blicken, aber ... als ich zum ersten Mal in seine Augen sah, ist etwas passiert mit mir. Ich erkannte ihn wieder, und ich wusste, wir gehören zusammen.«
»Möglicherweise ist das ein Neubeginn«, murmelte er. »Ihr könnt der Welt viel Frieden und Hoffnung bringen. In jedem Fall zeitigt dein Gang durch das Feuer sehr viel mehr Wirkung und gewinnt an Bedeutung, wenn ... es unter dieser Voraussetzung geschieht.«
Sie hakte sich bei ihm unter. »Jetzt erzähl mir von dem Leben dort oben«, forderte sie ihn auf.
»Oh, es ist wundervoll«, sagte er lächelnd. »Darüber erzähle ich dir gern.«
Aber Eírtiti weinte. Aldavinur hielt sie im Arm und weinte selbst.
Die Lieblichen Höhen waren übersät mit den leblos wirkenden Körpern der Fyrgar. Aldavinur kniete bei Beserdem nieder, die in der Nähe des Passes lag. Die Augen der Grypha waren weit geöffnet, der Blick starr. So sehr Aldavinur es auch versuchte, sie zu sich zu bringen, sie konnte ihn weder hören noch sehen, reagierte auf nichts. Ihr Atem ging gleichmäßig, und ihr Körper sah unversehrt aus. Er musste dennoch schon lange hier liegen, denn allerlei Pflanzen rankten sich an ihr empor. Als ob sie unter einem Glasbann stünde, unter dem es ebenfalls keinen Verfall gab.
Doch das hier war schlimmer.
»Ihr Baiku ist ihr entrissen worden«, sagte Aldavinur erschüttert. »Ihr Körper ist nur noch eine leere Hülle. Niemals hätte ich geglaubt, dass so etwas möglich ist ...«
»Wie konnte das geschehen? Wer hat so eine Macht?« Eírtiti konnte sich kaum beruhigen. Sie wagte sich nicht einmal in die Nähe Beserdems.
»Ich weiß es nicht, Tochter. Aber ihnen allen ist dasselbe zugestoßen.« Er stand auf und wies um sich. »Das ganze Volk ist betroffen.«
»Werden sie jemals wieder zu sich kommen?«
»Ich glaube nicht. Und wenn, dann werden sie ein unwirkliches Schattendasein führen. Wer das getan hat, muss von tiefstem Hass gegen die Fyrgar erfüllt sein.«
Aldavinur war völlig fassungslos. Diejenigen Fyrgar, die bereits die Dritte Stufe betreten hatten, waren noch begünstigt. Sie würden eines Tages sterben. Aber die Unsterblichen würden aufewig in diesem Zustand verharren.
»Wer, Vater?«, schluchzte Eírtiti. »Wer hat ihnen das angetan?«
»Ich habe keinerlei Vorstellung«, antwortete Aldavinur düster. Seine Hand glitt unwillkürlich zum Schwertknauf an seiner Seite. »Verdammter Zauberer«, fluchte er leise und verzweifelt. »Du hast es gewusst, die ganze Zeit. Du hast es mir sogar gesagt! Solange das Schwert nicht geheilt ist, bin ich dazu verdammt, es zu tragen. Von Wasser zu Feuer, von Mond zu Sonne.«
»Aber was können wir nur tun?«
Er atmete tief durch. »Wir steigen wie geplant zum Wolkenreiter hinauf, und dort gehst du durch das Feuer.«
»Auf keinen Fall!«, rief Eírtiti.
Aldavinur hielt sie bei den schmalen Schultern fest. »Tochter, dies ist das erste und einzige Mal, dass du widerspruchslos tun wirst, was ich dir sage. Möglicherweise bist du der letzte lebende Fyrgar! Deshalb musst du durch das Feuer gehen! Das Wissen des Volkes muss bewahrt werden.«
»Aber du bist auch ein Fyrgar ...«
»Ich habe bereits die Vierte
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