Gabe der Jungfrau
hatten, traten und beschimpften sie ihn. Dann schlitzten sie ihm den Leib auf und rieben sich mit seinem Körperfett die Schuhe und die Lanzen ein.«
Je länger Müntzer Wismelers Bericht gelauscht hatte, umso erregter wurde er. »Ich wusste, dass dieser elende Mensch unser Vorhaben gefährden würde. Der Zorn des adels wird keine Grenzen kennen. Sie werden furchtbare Rache nehmen, denn Graf Ludwig von Helfenstein war der Schwiegersohn des Kaisers. Jeder Bauer wird für Rohrbachs Tat büßen müssen«, rief er und ballte die Hände zu Fäusten. Beschwörend blickte er Wismeler an und erklärte: »Wir wollen kämpfen und ehrlich siegen. Jeder adelige und jeder Priester, der uns, den Kämpfern
Gottes, als Feind entgegentritt, soll sterben. aber nicht so. Was in Weinsberg geschah, ist grausam und unehrenhaft. Gott wird sich von uns abwenden, wenn wir keinen guten, keinen achtbaren Kampf ausfechten.«
Müntzer stützte sein Gesicht in beide Hände. »Wo sind Rohrbach und die Schwarze Hofmännin jetzt?«
Der Goldschmied zuckte mit den Schultern. »angeblich soll der Haufen in Richtung Stuttgart unterwegs sein.«
Müntzer stöhnte leise auf. »Hoffen wir, dass die Gräueltat von Weinsberg Rohrbachs Ruf schadet. Hoffen wir auch, dass sich sein Haufen aufgerieben hat.«
Kapitel 18
Veit hatte die Wölfe zur Jagd gerufen. als Erster antwortete der Stärkste des Rudels. Er reckte seinen Kopf empor und stieß einen hohen, klagenden Ton aus, der langsam abklang. Dann stimmte der zweite Wolf mit ein und schließlich auch die beiden anderen. Ihr eindringlicher Gesang ließ Veits Körper erzittern.
Die Wölfe folgten Veit, der mit schnellen Schritten zwischen den Bäumen hindurchlief. Der Wald war dicht bewachsen, sodass das Licht des Mondes nur schwach durch die Baumwipfel drang. Doch Veit fand sich mühelos im Dunkel der Nacht zurecht. Manchmal überkam ihn das Gefühl, selbst ein Wolf zu sein. Nicht nur, dass er in der Dunkelheit gut sehen konnte, ebenso roch er die Beute bereits aus weiter Ferne. auch jetzt nahm er den Geruch der Wildschweine wahr, obwohl er sie weder sah noch hörte. Zwar konnte er in dieser Nacht auch Rehe, Kitze und Hasen mit seinen Sinnen wahrnehmen, doch heute wollte er Jagd auf einen jungen Eber machen.
Veit liebte die Jagd mit den Wölfen und konnte seine Erregung kaum zügeln. Es gab verschiedene arten, das Wild zu stellen. Er konnte die Beute allein erlegen und den Wölfen ihren Teil abgeben. Oder er würde das Beutetier verletzen, während die Wölfe es hetzten und rissen. allein sein Jagdruf würde genügen, um seinem Rudel zu vermitteln, wie sie vorgehen würden.
Je tiefer die Wölfe in den Wald vordrangen, desto schwieriger fiel es Veit, ihnen zu folgen. als er über umgefallene Baumstämme klettern musste, verschwanden die Wölfe aus seinem Sichtfeld. Sofort stieß er den Sammelruf aus, und es dauerte nicht lange, und die Wölfe antworteten ihm. Zwei kamen sofort zu ihm gerannt und sprangen freudig an ihm hoch, und auch das Weibchen trottete hinterher und tat es den Brüdern nach.
Doch ein Wolf blieb verschwunden. Dieses Mal jaulte Veit noch lauter, bis das säumige Tier widerstrebend zurückkehrte. Veit funkelte es böse an, was dem Wolf nicht zu gefallen schien. Er lauerte in einiger Entfernung und zog die Lefzen hoch. Veit knurrte und fletschte die Zähne, und der Wolf tat es ihm gleich.
Nicht erst in dieser Nacht war Veit aufgefallen, dass das Männchen aufsässig war und ihm seinen Rang im Rudel streitig machen wollte.
Ohne zu zögern warf Veit den Speer zur Seite und stürzte sich auf den Wolf, der sich knurrend wehrte und zu beißen versuchte. Veit wusste, dass es für ihn gefährlich werden konnte. Doch er musste sich durchsetzen und beweisen, dass er der Rudelführer war. als er das Ohr des Wolfes zu fassen bekam, biss er kräftig hinein. Winselnd lief das Tier davon. Veit wischte sich das Blut vom Mund und stieß erneut den Sammelruf aus. Diesmal kam der Wolf sofort angelaufen, und Veit schaute an ihm vorbei. Nun sprang das Männchen an ihm hoch und legte ihm die Pfoten auf die Schultern.
Veit hatte den Zweikampf gewonnen. Er rief sein Rudel erneut zur Jagd. Und dieses Mal blieben alle Wölfe dicht an seiner Seite.
Bevor Veit die Rotte sah, hörte er bereits das Schnauben der Tiere, und seine anspannung wuchs. auch die Wölfe wedelten aufgeregt mit den Ruten.
Zufrieden grunzend pflügten die Wildschweine mit ihren Schnauzen den Waldboden um. Rasch hatte
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