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Gabriel - Duell der Engel

Gabriel - Duell der Engel

Titel: Gabriel - Duell der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Bergmann
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Synapsen durch mein Gehirn. Ekelerregende Bilder. Grauenhafte Bilder. Mir wurde schlecht, schlecht wie noch nie.
    Mein eigenes Stöhnen hörte ich nicht, aber es musste wohl schrecklich geklungen haben. »Gabriel, du solltest zur Krankenstation, ehrlich!« Ich stöhnte wieder. Presste die Hände an meine Schläfen. Warum kriegte ich diese verdammten Bilder nicht aus meinem Kopf? »Raus da, verschwindet!« »Warte, ich helfe dir. Kannst du dich aufsetzen?« »Was?« Ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was war in meinem Kopf, was war draußen? Realität und Imagination zu dicht beieinander. Die Bilder überall. Egal wo ich hinsah, sie erwarteten mich schon. Lachten mich aus. Hämisch. Feixend. Wie Barbara vorhin. Scheiße. Ich konnte nichts sehen, nichts hören außer ihnen. Sie flogen um mich herum, durchwirbelten meine Gedanken und besetzten sie, nahmen sie aus, bis ihnen alles gehörte, jeder noch so kleine, unbedeutende Winkel meines Gehirns. Parasiten.
    Â»Hört auf!«, wimmerte ich. »Bitte geht weg! Bitte! « Doch die Bilder lachten nur. »Sieh dich an!«, schrie eines. »Du bist erbärmlich!« Ihr Lachen hallte in meinen Adern. War überall. Wie sie. »Sieh dich an!«, schrie nun auch ein anderes. »Los, sieh hin! Das bist du! Fürchtest du dich etwa vor dir? Vor deinen Taten? Vor dir selbst? Sie hin, du Feigling!« »Nein!«, schrie ich zurück. »Nein, lasst mich in Ruhe! Ihr lügt!« Sie lachten alle, lachten und sahen auf mich herab, bespuckten und traten mich. »Ihr seid Bilder!«, rief ich schrill. »Verdammt, ihr seid nur in meinem Kopf! Das hier ist nicht real!« Ein besonders abscheuliches beugte sich langsam zu mir herab. Ich konnte seinen fauligen Atem auf meinen Wangen spüren. »Du bist jämmerlich«, sprach es leise. »Denn das hier, das ist realer, als es die Welt da draußen jemals sein könnte.«
    Ich presste die Hände auf die Ohren und wartete darauf, dass mein Kopf endlich zersprang.

15. Mai 2012, 09:45 Uhr
    Â 
    Ich hatte nicht mitbekommen, wie ich in die Krankenstation gekommen war. Wahrscheinlich hatte mich Sonja gestützt. Ich war neben ihr her gewankt. Ein Wunder, dass ich noch hatte laufen können. Vielleicht hatte mich auch jemand getragen. Der erste Gedanke gefiel mir sehr viel besser.
    Jedenfalls saß ich jetzt auf der Liege der Krankenstation und wartete darauf, dass irgendeine Art Sanitäter kam. Krankenstation ist übrigens eine sehr übertriebene Bezeichnung für den kleinen, schmuddeligen Raum, in dem einzig und allein die Liege und eine winzige, dunkle Holzkommode standen. Und ein Fenster gab es. Ein schmales, dreckiges Fenster mit morschem Holzrahmen, welches wohl noch nie in seinem langen Leben geöffnet worden war.
    Die Bilder waren plötzlich verschwunden. Hatten sich in Luft aufgelöst. Und mich am Boden liegen lassen. Geschunden, besiegt und halb tot. Keine Ahnung, was sie verjagt hatte. Mein Wille bestimmt nicht. Vielleicht war ihnen einfach langweilig geworden. Welche Katze spielt noch mit einer Maus, die schon längst tot ist?
    Jetzt wo sie weg waren, ging es mir eigentlich schon wieder ganz gut. Halbwegs. Wenn nur die Kopfschmerzen nicht gewesen wären! Sie dröhnten und pochten, stachen und brannten meine Gedanken nieder. Vielleicht hatten sie auch die Bilder verjagt. Wenn, dann war ich ihnen äußerst dankbar. Aber jetzt konnten sie echt wieder verschwinden.
    Sie taten es nicht. Und so brauchte ich geschlagene sieben Minuten und vierundfünfzig Sekunden, bis mir klar wurde, dass ich hier rausmusste. Wahrscheinlich hatten die mich sowieso vergessen, andernfalls wäre doch bestimmt schon längst jemand gekommen, oder? Aber für den Fall, dass doch noch irgendwann irgendeine Art Sanitäter an mich dachte, musste ich hier weg sein, bevor er ankam. Was sollte ich ihm schon sagen? Ich musste meine Gedanken ordnen. Musste allein sein. Brauchte Zeit.
    Ohne groß nachzudenken, stieß ich das kleine, gammlige Fenster auf und schwang mich hinaus. Es wunderte mich, dass es nicht verriegelt war. Dass es lautlos aufschwang, als wäre es aus Watte. Dass ich hindurchpasste. Aber all das wunderte mich nur den Bruchteil einer Sekunde lang. Dann war ich in der Luft und auf dem Weg zu meinem Lieblingswolkenkratzer.

15. Mai 2012, 09:59 Uhr
    Â 
    Es ist ein tolles Gefühl, die Beine baumeln zu lassen und zu wissen,

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