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Gabriel oder das Versprechen

Gabriel oder das Versprechen

Titel: Gabriel oder das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Voosen
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wieder da, den er nicht zu überwinden wusste. »Das
ist eine schwierige Entscheidung. Ich hab auch schon drüber
nachgedacht. Vielleicht sollten wir wirklich warten, bis der Mörder
gefasst ist…«
    »Aber wenn du bedenkst«, fiel Vera
ihm ins Wort, »dass der Laden zurzeit gerade wegen der Morde
brummt, also die Neugierigen anzieht, wie …«
    »Wie die Motten das Licht«,
vollendete Carlo ihren Satz. »Ja, dann wären doch wahrscheinlich
die Gäste der nächsten Party tierisch sauer, wenn wir den Termin
jetzt absagen würden. Schau dir doch mal die Warteliste an. Wir
sind inzwischen für die nächsten vier Veranstaltungen ausgebucht.
Eigentlich müssten wir überlegen, noch Zusatztermine
einzuschieben.«
    »Die Menschen sind bekloppt! Reine
Sensationsgier!«
    »Du hast Recht. Aber wir müssen
natürlich auch ans Geschäft denken. Wenn's Manna regnet, brauchst
du Löffel«, gebrauchte sie eine von ihr oft benutzte Floskel, wenn
sie einen guten Deal witterte.
    »Also meinen Sie, wir sollten den
Termin nicht absagen.«
    »Wenn du mitziehst, ja!«
    Das tat ihm gut. Sie wollte nicht
alleine entscheiden.
    Auf ihn kam es nun an, ob die
Veranstaltung stattfinden würde oder nicht.
Er wusste jetzt, dass ihr seine Meinung wichtig war. Darauf würde es ankommen. Aber er wollte sie noch ein wenig zappeln lassen.
    »Sie sind der Boss! Sie
entscheiden!«
    »Ja, aber nicht gegen deinen Willen.
Dein Urteil ist mir schon wichtig. Wenn du ›Nein‹ sagst, canceln
wir.« So wie das Gespräch verlaufen war, schien es ihr nicht ganz
fair zu sein, ihn mit in die Verantwortung zu nehmen. Aber es ging
ihr auch darum, Carlo so zu motivieren, dass er seinen Job am
kommenden Freitag wie üblich routiniert und gut gelaunt machen
würde. Nur so konnte das Geschäft vor allem nach der eigentlichen
Party florieren, wenn gerade die Männer sich spendabel zeigten. Oft
von der Hoffnung getragen, von der eingeladenen Angebeteten zuvor
im 9-Minuten-Gespräch ein ›Ja‹ ergattert zu haben und auf diese
Weise den eventuell weiteren Weg ebnen zu können.
    »Ist okay, Chefin, wir bleiben
dabei. Am kommenden Freitag steigt die nächste Party!« Hatte Carlo
sich vorher noch zögernd zu Veras Frage geäußert, wollte er jetzt
ganz bewusst entschlossen wirken. Vera sollte wissen, was sie an
ihm hatte.

 
    47
    Polizeipräsidium Wuppertal, Samstag,
30. Mai, 16.00 Uhr
    Der Tag war erfolgreich verlaufen.
Nur noch von 23 männlichen Kunden des Wuppertaler
Speed-Date-Bistros mussten DNA-Proben genommen werden. Aber Geduld
war angesagt. Denn die Sonderkommission konnte frühestens am
Dienstag nach den Pfingstfeiertagen ihre Arbeit
fortsetzen.
    Die Proben wurden unverzüglich in
die Labore der KTU und des LKA in Düsseldorf zur Auswertung
gebracht. Überstunden waren angesagt. Besondere Situationen
erforderten eben besondere Maßnahmen. Alle beteiligten Teams waren
bis in die Haarspitzen motiviert. Ohne Ausnahme.
    Fassbinder berichtete von den
jüngsten Ergebnissen. Er bedankte sich bei seinen Mitarbeitern und
schloss in seinen Dank auch ausdrücklich die Leute des LKA ein.
Nicht immer war in der Vergangenheit das Verhältnis zwischen seinem
Kommissariat und dem LKA in Düsseldorf frei von atmosphärischen
Störungen gewesen. Aber dieses Mal hatte die Zusammenarbeit bestens
geklappt. »Bevor ich euch nun - zugegeben ziemlich verspätet - ins
Pfingstwochenende schicke, möchten wir euch noch einen neuen Aspekt
mitteilen.« Damit wandte er sich an Svea Großmann. »Am besten du
berichtest kurz selbst.«
    »Wie ihr wisst, sollte ich die
Karteikarten auswerten«, begann Svea. »Dabei fiel mir ein ähnliches
Verhaltensmuster der drei Opfer auf. Die beiden zuerst ermordeten
Frauen haben bei den Beurteilungen ihrer Gesprächspartner kein
einziges ›Ja‹ angekreuzt und auch das dritte Opfer nur ein
einziges. Damit rangieren sie aus der Sicht der Teilnehmer am
unteren Ende der - ich nenne es mal - Goodwill-Skala.«
    »Das heißt, du meinst, dass in dem
kranken Hirn unseres Gabriels in den Ablehnungen seiner Person ein
Rachemotiv zu sehen sein könnte?« preschte Marc vor. »Ja,
vielleicht sogar nicht einmal die Ablehnung gegenüber seiner
Person, sondern generell die demonstrative Ablehnung aller - oder
fast aller - Teilnehmer.«
    »Gabriel als Racheengel! Mit dem Tod
wird die Sünde gesühnt«, meinte Phillip, der sich ja intensiv mit
den verschiedenen Literaturmeinungen zu Gabriel auseinandergesetzt
hatte. »Und die Sünde der Opfer bestünde dann aus seiner Sicht

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