Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
Vom Netzwerk:
einzige Brandwunde verunstaltete seine Arme. Noch immer schwärzte Ruß seine Kleidung. Aber auf seinem Kopf wuchs dichtes blondes Haar, strahlend blaue Augen in einem hübschen Gesicht erwiderten Juliettes Blick.
    Dann blinzelte Tristan und holte tief Luft. »Meine Schwester. Wo ist sie?«
    Als Juliette aufstand, wich die Menschenmenge vor ihr zurück. Der Vikar bekreuzigte sich. Mit geweiteten Augen erhob er sich langsam. Sie schaute an ihm vorbei zur Ruine des Kinderheims, die trotz des Regengusses immer noch brannte, anscheinend unverändert.
    Vielleicht ist die Hitze zu stark, und das Wasser verdunstet, bevor es das Feuer erreicht. Zu ihrer Schwäche gesellte sich Frustration. Das hätte sie besser machen müssen. Warum erloschen die Flammen nicht? Sie stellte sich Tristans kleine Schwester in dieser Hölle vor. Lieber Gott, nein. Heißer Zorn erfasste sie. Wie war das geschehen?
    »Verschwinde!«, kreischte sie in die Nacht und hob ihre Arme, schrie ihre Wut dem Brand entgegen, der sie die ganze Zeit angebrüllt hatte.
    Ein vehementer Windstoß traf sie von hinten. Taumelnd landete sie auf allen vieren. Nein, dachte sie. Das war kein Wind. Sondern etwas anderes.
    Blinzelnd schaute sie das brennende Gebäude an, auf das sich diese seltsame Druckwelle zubewegte. Für sie spürbar. Beinahe sichtbar. Sie beobachtete, wie sie an der Ostseite gegen das Heim prallte und sich wie eine Löschdecke über das Feuer legte. Die Flammen sanken unter dem Gewicht in sich zusammen, schwelten und erloschen. Aus den Fenstern, die Juliette zuvor nicht hatte sehen können, quoll schwarzer Rauch.
    Sie starrte die Fenster an und bildete sich ein, jeden Moment würden winzige Arme und Hände aus dem Qualm ragen, Hilfe oder einen Fluchtweg suchen. Jetzt wuchs Juliettes Zorn. Aber gleichzeitig wurde sie von einer Schwäche erfüllt, die sie nie zuvor empfunden hatte. Das war neu, ließ ihre Finger und Zehen prickeln. Unregelmäßig hämmerte ihr Herz gegen den Brustkorb. Sie schloss die Augen und bemühte sich zu atmen. Doch die Wut beherrschte alles in ihrem Innern.
    Plötzlich hörte sie ein Kind schreien, schrill und voller Entsetzen. Sie hob den Kopf. Nein. Erinnerungen stürmten auf sie ein. Erinnerungen an einen Scheiterhaufen und einen Mob fanatischer Dorfbewohner. Nein!
    Noch eine Druckwelle strömte durch sie hindurch, warf sie auf den Bauch und saugte die letzte Kraft aus ihr heraus. Irgendwie gelang es ihr, den Kopf zu heben und zu sehen, wie das Kinderheim von einem magischen Kraftfeld überlagert wurde, wie noch mehr Flammen erstickten.
    Das bin ich, dachte sie erschöpft, mein Werk.
    Juliette hatte das Feuer löschen wollen, und jetzt erlosch es. Sie konzentrierte sich auf die restlichen züngelnden Flammen, um sie mit all ihrer Macht zu vernichten. Allmählich zogen sie sich ins Innere der Ruine zurück. Sie starrte den tödlichen Rauch an, den sie produzierten, und malte sich aus, wie sie erstarben, entzog ihnen die Luft, berieselte sie mit ihrem Regen.
    Und dann senkte sie den Kopf und schloss wieder die Augen. Sie hörte Geschrei, spürte sanfte Hände, die sie auf den Rücken drehten. Entsetzt und ungläubig erhoben sich Stimmen, andere waren dankbar und voll des Lobes.
    »Das hat sie bewirkt«, sagte jemand ehrfürchtig, und sie erkannte die Stimme des Vikars. »Sie wurde uns von Gott gesandt«, flüsterte er. Jemand berührte ihre Stirn. Doch sie bemerkte es kaum. Ihr Körper wurde gefühllos, ihr Herz schmerzte so seltsam.
    »Gehen Sie weg von ihr«, erklang eine tiefe Stimme.
    Juliette wollte die Augen öffnen. Aber sie gehorchten ihr nicht. Sie versuchte es noch einmal. Da flatterten ihre Wimpern. Langsam hoben sich ihre Lider. Ein großer blonder Mann stand vor ihr, eine Waffe in der rechten Hand.
    »Wer sind Sie?«, fragte der Vikar, offenbar nicht gewillt, Juliette im Stich zu lassen.
    »Ich bin der Tod, alter Mann«, erwiderte der Adarianer und schenkte ihm ein bösartiges Lächeln, bevor er die Waffe hob und sie mit einem unheilvollen Klicken entsicherte.

27
    »Nein«, flehte Juliette. »Bitte.« Viel zu schwach klang es. Ihre Stimme versagte ihr ebenso schnell den Dienst wie ihr Körper. »Nicht …«
    Der Adarianer schaute auf sie herab. »Was für eine erstaunliche Frau Sie sind, Anderson.« Seine grünen Augen, die sie sofort wiedererkannte, flammten kurz auf, verrieten sein paranormales Wesen, und sie erstarrte. Nun wandte er sich wieder an den Geistlichen. »Verschwinden Sie.«
    Entschieden

Weitere Kostenlose Bücher