Gabun - Roman
achtete im Übrigen darauf, dass ich dicht hinter Fox und Farouk blieb, damit ich nicht als Erster attackiert würde.
Das Gelände war so übersichtlich, dass man auch nicht fürchten musste, unversehens von einem Krokodil angefallen zu werden. Ich hatte meine Hausaufgaben gemacht, zumindest was das Gefahrenpotenzial der Gegend anging. Die im Moment einzig reale Bedrohung stellten die zahlreichen Mücken dar, die uns folgten, alle hundert Meter schloss sich ein neues Geschwader an. Fox hatte am Rand des Sumpfes vorsorglich Mückenschleier ausgegeben, die man sich über den Hut hängen konnte. Die bloßen Arme könne man ab und zu mit etwas Autan besprühen, wenn es ganz schlimm werde, eine Empfehlung, die bei Farouk gleich Kopfschütteln ausgelöst hatte. Gut, mit sehr wenig Autan. Dass die Gorillas kein Autan benutzten, war uns allen klar, sie rauchten ja auch nicht.
So stapften wir mit gedämpften Tritten durch den licht bewachsenen Ufersumpf, jeder eine kleine Mückenwolke über sich. Sexuell erhitzte Amphibien ließen ihr Quaken an- und abschwellen, regten sich hin und wieder zusätzlich noch wegen etwas auf, dabei kletterten sie ein paar Halbtöne hoch, bis sich ihre Lust am Krachmachen erschöpfte, fielen dann wieder auf den Grundton ab. Einmal schlängelte sich eine schwarze Schlange eilig und dennoch graziös durch ein seichtes Gewässer, sonst sahen wir nichts. Wir trafen auch keine Gorillas, den ganzen Tag über nicht, den Tag, der die beiden Giulianis zusammen viertausend Dollar gekostet hatte. Dafür hatten wir ziemlich viele Mückenstiche abbekommen. Die Moskitos nutzten es weidlich aus, dass wir mit Insektenmitteln gespart hatten.
Bei der anschließenden Besprechung, wir aßen dazu Ze Zés Lachsstullen mit Anchovisbutter, schworen Fox und Farouk, dass die Affen nicht weit entfernt sein konnten und dass ihr bevorzugtes Habitat genau dasjenige wäre, das man hier vor sich habe. Ihre Spuren seien da, definitiv, aber sie zeigten sich nicht. Leider nicht. Ich stellte mir vor, wie uns die Gorillas aus dem hohen Gras heraus beobachtet hatten. Vielleicht hatten sie einen befreundeten Trupp dazu eingeladen, so etwas wie uns bekam man hier nicht jeden Tag zu sehen.
Der Abend wurde trotzdem vergnüglich. Bei unserer Rückkehr hatte Wessing schon das Abendbrot vorbereitet, auf improvisierten Tischen, gedeckt mit Bananenblättern. Die Nacht kam früh, unvermittelt saßen wir im Finstern. Aber wir saßen bei Bordeaux, Mineralwasser und kaltem Huhn in Portwein. Ein Feuer flackerte, warf ein warmes Licht auf unsere entspannten Gesichter und auf die runden Blätterhütten. Frau Dr. Decker knabberte Karotten und rohe Zucchinischeibchen. Sie hatte getrocknete Blätter in ihrem Rucksack mitgebracht, aus denen sie sich einen Tee brühte, Ginseng und Blutpflaumenblätter, hatte sie auf meine höfliche Nachfrage verraten, ihre Privatmischung. Wozu das gut war, sagte sie nicht.
Der Urwald hatte sein Nachtprogramm aufgenommen, ergänzt diesmal um das Lachen der Expeditionsteilnehmer. Denn Giuliani wusste packend von Geschäften zu erzählen, die man mit Grundstücken in Florida machen konnte. Er kenne Leute, sagte er, die eine Villa bereits zweimal gekauft hätten, ohne sie einmal angeschaut zu haben.
»Zu viel Geld«, sagte Giuliani, »die Leute haben zu viel Geld. Wenn sie alt werden, kriegen sie Panik, kaufen alles, was sie kriegen können. Geld auf dem Konto«, schloss er, »macht Angst.« Und nickte dazu wissend. Am Ende, fügte er weise an, seien es die einfachen Dinge, die zählten.
Oda seufzte dazu, ob mütterlich, konnte ich bei den Lichtverhältnissen nicht erkennen. Farouk hatte mir verraten, dass die Giulianis in Cape Coral ein paar Dutzend feine Immobilien hielten, die legale Spitze eines Eisbergs aus Geld, der, vermutete Farouk, nicht durch Arbeit zustande gekommen sein konnte. Ohnehin, meinte er, seien die Vereinigten Staaten von Amerika fest in der Hand der Mafia. Farouks Paranoia ging so weit zu glauben, dass allein der Name »Giuliani« einen Hinweis auf Verns fragwürdige Verbindungen biete, und er brauste auf, als ich lachte. Ich solle mir doch mal vorstellen, was in den USA passieren würde, wenn jemand namens Farouk M’bele eine Wohnung mieten wolle. Nichts passiert dann, hatte ich gesagt, und nun hatte Farouk gelacht.
Fox erhob sich, sein Weinglas in der Hand, für den abendlichen Trinkspruch. Die Gorillas, sagte er mit einem Lächeln, das er ermutigend und tröstlich zugleich hinbekam,
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