Gaelen Foley - Amantea - 01
Lazar be- traf, so verstand er die grünschwarze Schärpe als ein Zei- chen aus der Welt der Toten. Nein, er würde Monteverdi auf eine andere Weise quälen. Allegra sollte leben.
Lazar würde sie unter seinen Schutz stellen und – dem Himmel sei Dank – sogleich in sein Bett tragen.
Er wollte sie in eine Göttin der Sinnlichkeit verwan- deln und ihre weichen Lippen kosten. Die Reise zurück in die Karibik würde er dazu verwenden, sie in die Liebe einzuweisen und diese mit ihr zu genießen.
Was das andere betraf, so würde ihm schon etwas ein- fallen. Er wusste nur, dass er die Verantwortung für sie übernehmen wollte, denn im Morgengrauen würden ihr Vater, ihre Verwandten und ihr bösartiger Verlobter tot sein.
Er zitterte vor Verlangen, als Allegra ihm die Arme um den Nacken legte und zärtlich seinen Kuss erwiderte.
O ja, ihr Platz war an seiner Seite. Das Verbrechen ih- res Vaters band sie aneinander, und mit dem Aufgang der
Sonne würden sie die einzigen Überlebenden ihrer beiden Familien sein.
Deshalb entschloss er sich, ihr seine wahre Identität zu enthüllen – etwas, was er noch niemals einer Frau gegen- über getan hatte. Doch diese Situation war nicht zu ver- gleichen mit irgendeiner anderen. Vielleicht wollte er es auch endlich jemand mitteilen.
Ihr Herz pochte, als er ihre Lippen mit seiner feuchten Zunge öffnete und sie in ihren Mund gleiten ließ. Sie seufz- te leise. Es wäre so einfach für ihn gewesen, dort zu ver- weilen. Doch in Vorfreude auf die langen Nächte, die sie gemeinsam auf dem Meer verbringen würden, hielt er sich zurück. Er gab ihr einen letzten Kuss auf den Mund, ließ sie los und zog sich lächelnd beim Anblick ihrer Verwirrung zurück.
Lazar strich ihr das Haar zurück, während er sie be- trachtete. Dann nahm er sie erneut in die Arme und schmiegte seine Wange an ihre.
„Allegra, ich muss Ihnen etwas sagen.“
Er atmete tief durch, während er die Augen schloss. Stumm betete er, dass sie ihm Glauben schenken würde, und sagte sich, dass er wahnsinnig sein musste, ihr so zu vertrauen.
„Ich bin Lazar“, sagte er. „Ich habe überlebt.“
Sie rührte sich nicht.
Unsicher löste er sich von ihr und sah sie an. Ihre Wim- pern flatterten, als sie die Augen öffnete und ihn ansah. „Lazar?“ wiederholte sie und blickte ihm in die Augen. „Prinz Lazar di Fiore?“
Er nickte.
Unverwandt sah sie ihn an.
Dann lachte sie ihm ins Gesicht.
4. KAPITEL
Es war nicht gerade die Reaktion, die er erhofft hatte.
Enttäuschung machte sich in Lazar breit. Er hätte es besser wissen müssen.
„Vergessen Sie es“, herrschte er Allegra an und trat von ihr fort. Er umwickelte seinen verletzten Arm fest mit dem Stoffstück, das die Farben seiner Familie aufwies. Dann kehrte er zu der Kurbel zurück, um dort erneut sein Glück zu versuchen.
„Der verschollene Prinz?“ fragte sie fröhlich hinter sei- nem Rücken, wobei jedoch ein bitterer Ton in ihrem Lachen mitklang. „Umberto, Ihre Lügen werden immer besser.“
„Ich lüge nicht.“
„Sie sind nicht Lazar di Fiore“, sagte sie nach einem Moment des Nachdenkens. „Schauen Sie sich doch an.“
„Warum benutzen Sie nicht gleich einen Dolch, Signo- rina Monteverdi?“ fragte er, wobei ihm der Schweiß der Anstrengung über das Gesicht lief.
Allegra rutschte hinter ihm vom Tisch und ging in klei- nen Schritten, da sie die Fußfessel trug, zum Fenster. Lazar betrachtete sie düster, während er mit dem Rad beschäftigt war. Wenn sie vorhatte, nach Rettung Ausschau zu halten, würde sie kein Glück haben. In wenigen Momenten sollte der Überfall auf Klein-Genua beginnen.
Bei diesem Gedanken beschloss Lazar, sie im Turm ein- zusperren, bis er sich an ihrem Vater gerächt hatte und zum Segeln bereit war. Hier würde Allegra sicher sein, und je weniger sie über die bevorstehenden Ereignisse wusste, desto besser.
„Was tun Sie da?“ erkundigte er sich.
„Ich will von hier verschwinden, fort von Ihnen – König- liche Hoheit!“ erwiderte sie zornig. „Sie sind nicht Lazar di Fiore, das sind Sie nicht!“ Sie verlor das Gleichgewicht und geriet ins Schwanken, erwischte aber gerade noch den
steinernen Fenstersims, an dem sie sich festhalten konnte. Von dort sah sie auf die Straße hinab, wo – wie er annahm – inzwischen seine Männer zu sehen waren.
Allegra wirbelte herum und blickte ihn mit aufgeris- senen Augen an. „Was geht hier vor sich?“ wollte sie verängstigt wissen. „Wer sind
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