Gaelen Foley - Amantea - 01
und trat einen Schritt zurück, um das fri- sche Blut zu betrachten, das nun wieder aus seiner Wunde floss.
„Reißen Sie sich ein Stück Stoff von Ihrem Kleid“, be- fahl er. „Ich muss den Arm verbinden, sonst bekomme ich das Tor niemals auf.“
„Warum wollen Sie es überhaupt öffnen?“
„Tun Sie, was ich Ihnen sage“, erwiderte er scharf. Er holte den Behälter mit Rum heraus und goss eine großzü- gige Menge über die Wunde, woraufhin er leise fluchte.
Allegra wirbelte herum und stürzte aus dem Turmzim- mer.
„Kommen Sie sofort zurück!“ befahl er. „Verdammt noch mal, Frau“, keuchte er. Über seinen Arm liefen Blut und Rum, während er ihr hinterherlief.
Wenige Momente später hatte er sie bereits über die rechte Schulter geworfen und trug sie wieder die Treppe hinauf. Sie strampelte und versuchte wiederholt, ihn zu treten.
Unsanft legte er sie auf den Tisch, machte den Lederrie- men von seiner Flasche los und fesselte sie an den Füßen, wobei er einen Seemannsknoten benutzte, von dem er si- cher war, dass sie ihn niemals öffnen konnte. Währenddes- sen verfluchte sie ihn mit jenen Schimpfworten, die eine wohlerzogene Klosterschülerin gelernt hatte.
„Schurke! Lügner! Mörder! Lassen Sie mich los!“ keuchte sie und sah ihn rebellisch an.
„Geben Sie mir das“, sagte er und zog an der Satin-
schärpe, die noch immer um ihre Taille gebunden war. „Das sollte genügen.“
„Nein!“ rief sie und hielt das Stoffstück mit beiden Händen fest.
Überrascht blickte er sie an. „Nein?“
Sie hielt die Schärpe fest. „Nein. Sie werden das nicht mit Ihrem ekelhaften Blut beflecken, Signore Namenlos.“
Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
„Hören Sie zu, Signorina Monteverdi. Mein Arm blutet, weil Ihr edler Verlobter, vor dem ich Sie gerettet habe, mich verletzt hat.“
„Erinnern Sie mich daran, wenn Sie mir das nächste Mal eine geladene Pistole an die Schläfe setzen“, gab sie zornig zurück.
„Sie sind ein lästiges, freches Frauenzimmer. Ich wollte Sie überhaupt nicht erschießen. Außerdem wurde mein Pulver auf dem Weg hierher nass. Es wäre wahrscheinlich gar nicht losgegangen. Jetzt geben Sie schon her! Es ist doch nur ein Stück Stoff.“
„Nein, das ist es nicht!“ schrie sie.
Er riss es ihr aus der Hand und ging zu der Laterne, um besser sehen zu können. Gerade wollte er sich seine Wunde reinigen, als ihm klar wurde, was er in der Hand hielt.
Er hielt inne und starrte darauf. Dann hob er den Satin- stoff näher zum Licht, um ihn besser mustern zu können.
Wie hatte es ihm bisher entgehen können, was sie die ganze Zeit getragen hatte?
Ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Grün und Schwarz. Die Farben der Fiori.
Lazars Herz pochte heftig, als er zu Allegra blickte. „Was, zum Teufel, ist das?“
Sie zog die Augenbrauen hoch und zuckte gleichmütig die Schultern.
„Ich habe Ihnen eine Frage gestellt.“
„Warum sollte ich Ihnen etwas sagen, wenn Sie mir nicht einmal Ihren Namen nennen?“
Er hob die Schärpe etwas höher. „Warum tragen Sie als eine Monteverdi die Farben der Fiori?“
„Das geht Sie überhaupt nichts an.“
„Das tut es sehr wohl.“ Er wandte sich ihr nun ganz zu und stemmte die Hände in die Hüften, wobei er seinen blutenden Arm nicht beachtete.
„Heute Abend waren Sie die Gastgeberin eines Balles für Ottavio Monteverdi. Die Hälfte des Genueser Staatsrats war anwesend. Und Sie trugen diese Schärpe?“
Entschlossen hob sie das Kinn. „Und wenn ich es getan habe?“
Er blickte auf die mutige Frau, die er auf einmal zutiefst bewunderte. Dann schaute er auf den Stoff, den er in den Händen hielt, wobei er kaum den Rest ihres Redeschwalls vernahm.
„... Aber wissen Sie was? Ich will Ihren Namen gar nicht mehr erfahren. Ich will überhaupt nichts von Ihnen wissen. Sie sind der ungehobeltste, ungeschlachteste, un...“
Auf einmal war Lazar überglücklich.
Mit wenigen Schritten hatte er das Zimmer durchquert, umfasste Allegras Gesicht und unterbrach ihre Beschimp- fungen mit einem stürmischen Kuss. Die Süße ihrer Lip- pen entflammte ihn noch mehr, und er legte die Arme um sie. Vor Lust leise stöhnend, zog er sie an sich.
Allegra Monteverdi hätte sich niemals vorstellen kön- nen, wie glücklich sie ihn in diesem Moment machte. Es war ganz unmöglich, sie jetzt noch zu töten. Sie hatte ihm eine unanfechtbare Rechtfertigung geliefert, sie zu verschonen.
Seeleute waren meistens abergläubisch. Was
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