Gaelen Foley - Amantea - 01
zukünftige Gemahlin ist Prinzessin Nicolette von Österreich. Ihre Mitgift ist zwei Millionen Golddukaten wert, Lazar – genug, um Amantea vor dem völligen Zusammenbruch zu retten.
Die Namen aller früheren Kabinettsmitglieder König Alphonsos stehen ebenfalls hier. Selbst mein Vater hielt diese Männer für brillant. Nach dem Tod des Königs ha- ben sie sich in ganz Europa verborgen gehalten: Don Pas- quale, der Premierminister, den sie den Fuchs nannten. General Enzo Calendri, der das Heer befehligte. Und der Erzbischof Monsignore Francisco – erinnerst du dich an ihn?“
Lazar erwiderte nichts. Er blickte nur fassungslos drein.
„Diese Männer können dir helfen, Lazar“, sagte sie und hielt ihm noch immer die Papiere hin. „Du kannst dein Königreich zurückgewinnen. Alles, was du brauchst, um Herrscher über Amantea zu werden, befindet sich in diesen Dokumenten.“
Er sah sie an, schaute auf die Papiere in ihrer Hand, ließ sich dann auf die Matratze zurückfallen und zog sich laut stöhnend die Decke über den Kopf.
O nein, dachte sie und runzelte die Stirn. „Meine Mei- nung mag zwar nicht viel bedeuten, aber ich glaube, dass du ein ausgezeichneter König wärst. Sobald wir deine Ecken und Kanten etwas geglättet haben“, fügte sie zögernd hinzu.
Wieder war ein unterdrücktes Stöhnen zu vernehmen. Lazar drückte seine Finger unter der Decke gegen seine Stirn.
„Du hast es dir wohl zu deinem Lebensziel gemacht, mich in den Wahnsinn zu treiben?“
Empört hob sie das Kinn. „Mein Vater mag ein Verräter gewesen sein. Aber meine Loyalität Amantea gegenüber steht außer Frage. Ich habe vor, dir zu helfen.“
Er zog die Decke von seinem Gesicht, rollte sich auf die Seite und stützte den Kopf in die Hand. Daraufhin be- trachtete er Allegra mit einem undurchdringlichen Blick. „Wobei genau willst du mir helfen, wenn ich fragen darf?“
„Deinen Thron wiederzubekommen.“
Er begann zu lachen.
Sie spürte, wie sie errötete. „Was ist daran so lustig?“
Lazar sah zur Luke und ließ einen lauten Seufzer ver- nehmen, der aus tiefstem Herzen zu kommen schien. „Du amüsierst mich, meine kleine Fanatikerin. Ich bin über deine Bemühungen, Amantea zu retten, genau informiert. Ich bin im Bilde über deine wohltätigen Absichten, weiß, wie du dich in die Politik eingemischt und dich für demokratisches Gedankengut interessiert hast.
Aber ich kann dir nur raten, dich da herauszuhalten. Du befindest dich in einem gefährlicheren Gewässer, als du abschätzen kannst.“ Er klopfte auf die Matratze neben sich. „Nun komm zu Bett, und lass dich endlich von mir verführen.“
Allegra achtete nicht auf seinen glühenden Blick, nicht auf seine Lippen, die zum Küssen wie geschaffen waren, und auch nicht auf seine Hand, die einladend über das weiße Laken strich.
„Es gibt so vieles, was ich wissen möchte. Wie hast du den Angriff überlebt? Wie hast du dich während der fol- genden Jahre durchgeschlagen? Was für Menschen waren deine Eltern wirklich? Wie wurdest du ein Pirat?“
„Nein“, unterbrach Lazar sie. „Frage nicht.“
„Aber ich kann dir doch helfen“, sagte sie mit sanfter, jedoch hartnäckig klingender Stimme. „Ich werde heraus- finden, wer unter den Adeligen den Fiori die Treue hielt und wer sich Genua angeschlossen hat. Ich werde dich bei den Staatsräten unterstützen, und ich kenne Dutzende von wichtigen Leuten in Paris, deren Unterstützung du für eine Revolution gut gebrauchen könntest ...“
„Revolution?“ rief Lazar empört. „Es wird keine Revo- lution geben! Verdammt noch mal!“ Er sprang aus dem Bett und stürmte zornig zum Waschtisch. „Ich kehre nicht zurück und du auch nicht – schlage dir das aus dem Kopf! Genua kann Amantea ruhig behalten. Das ist mir ganz gleichgültig!“
Ungläubig blickte Allegra ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
„Ich hätte wissen müssen, dass du so etwas tun würdest“, knurrte er. Hastig bespritzte er sich das Gesicht mit Was- ser. Er trocknete sich an dem Hemd, das über den Stuhl geworfen war, wütend ab.
Allegra war sprachlos vor Verblüffung. Zwar hatte sie auf Grund seiner vielen zynischen Bemerkungen bereits
vermutet, dass er innerlich zerrissen war, wenn es darum ging, Amantea zurückzufordern, aber sie hatte niemals an- genommen, dass er sich so sehr dagegen sträuben würde. Er ließ sich auf den Sessel fallen und zog sich mürrisch den linken Stiefel an.
Endlich hatte sie sich wieder gefasst.
Weitere Kostenlose Bücher