Gaelen Foley - Amantea - 02
zum Landgut fuhr, blickte sie nachdenklich aus dem Fenster.
Darius hatte ihr vor der Fahrt kurz erklärt, dass er das Ge- bäude erworben hatte, bevor er nach Mailand aufgebrochen war. Warum ein Mann, der angenommen hatte, sowieso bald zu sterben, ein Haus brauchte, verstand sie nicht. Aber es war sinnlos, ihn zu fragen. Er hätte sie nur angelogen.
Als sie ankamen, achtete ihr Ehemann nicht auf sie. Er kümmerte sich um seine Männer und seine Pferde. Langsam ging Serafina die Stufen zum Haus hinauf und schaute be- drückt auf die ungepflegten Zierhecken und die abblätternde gelbe Farbe. Sie blieb in der Eingangshalle stehen und dachte daran, wie es hier beim letzten Mal ausgesehen hatte. Ster- bende und verletzte Männer hatten auf dem Boden gelegen. Es war schrecklich gewesen.
Schweren Herzens ging sie die Stufen zum Schlafzimmer hinauf. An der offenen Tür blieb sie stehen und schaute sich den Raum an. Mit einem Mal war sie den Tränen nahe und hätte sich nichts mehr gewünscht, als dass Darius sie in die Arme genommen hätte. Sie trat zum Bett und setzte sich hin. Als sie das letzte Mal hier geschlafen hatte, war sie noch eine Jungfrau gewesen.
Ihr Blick fiel auf den Teppich mit dem Schäferidyll, wo Jünglinge und Jungfern um einen Maibaum tanzten. Sie er- innerte sich an das Versteck, das sich darunter befand. Nichts in ihrer Welt war so, wie es schien. Überhaupt nichts.
Traurigkeit erfasste sie. Diese Ehe würde niemals gut gehen.
Warum hatte sie das nicht verstanden, ehe sie eine solch drastische Entscheidung traf? Blinde Liebe musste sie dazu verführt haben, ihren Verstand auszuschalten. Nur weil Da- rius nun ihr Gatte war, bedeutete das noch lange nicht, dass
er sie nicht verlassen konnte. Es bedeutete nur, dass er eine gute Ausrede finden musste. Das war alles. Sich dergleichen auszudenken, war ihm noch nie schwer gefallen. Es war also besser, sich schon jetzt darauf vorzubereiten.
Als sie seine ungeduldige Stimme draußen vor der Villa vernahm, ging sie beklommen zum Fenster und spähte durch den Vorhang.
Darius saß auf seinem herrlichen Rappen. Die unterge- hende Sonne beschien die schwarze Mähne des Pferdes ebenso wie Darius’ schwarzes Haar. Seine Haut schimmerte wie Bernstein.
Er sah wie ein junger Gott aus. Mein Gemahl, dachte sie empfindungslos.
Plötzlich schaute Darius auf und sah sie am Fenster. Als sich ihre Blicke trafen, spürte sie seine Feindseligkeit. Dann wandte er sich ab und ritt mit erhobenem Haupt davon.
Eingebildeter Barbar, dachte sie zornig. Warum verhielt er sich so, als hätte man ihm ein Unrecht angetan? Was fiel ihm überhaupt ein? Empört ging sie zum Bett zurück. Sie war die Prinzessin und würde dieses Zimmer so lange nicht verlas- sen, bis der unverschämte Kerl sich ihr vor die Füße warf. Wie diese Auseinandersetzung ausging, würde für ihre ganze Ehe von großer Bedeutung sein. Sie hatte nicht vor, ihr Leben damit zu verbringen, von ihm belogen zu werden.
Wenn er frei sein wollte, dann sollte er gehen. Aber wenn er vorhatte zu bleiben, dann musste er ihr entgegenkommen.
Sie rief Pia, um sich umzukleiden und dann mit der Arbeit zu beginnen. Das Haus musste dringend restauriert werden, wenn man hier länger als nur kurze Zeit verweilen wollte. Das rosa Schlafzimmer sollte das ihre sein – so hatte sie sich entschieden. Wo Darius blieb, war ihr gleichgültig. Das re- dete sie sich zumindest ein. Der Stall wäre wohl das Beste für ihn. Auf jeden Fall würde er das Bett mit ihr teilen.
Julia hatte geglaubt, dass sie nicht mehr wusste, wie man betet. Doch sobald Rafael den Raum verlassen hatte, begann sie, Gott anzuflehen. Mach, dass Anatol bereits fort ist. Der Prinz darf nicht getötet werden.
Wie Rafael versprochen hatte, kam der Arzt rasch zu ihr. Der freundliche Mann führte sie in ihre Gemächer zurück, ohne dass sie an den Höflingen vorbeimusste.
Nach nervenaufreibenden zwei Stunden stellte sie erleich- tert fest, dass Gott tatsächlich ihr Flehen erhört hatte. Viel-
leicht erwartete den zukünftigen jungen König auch nur ein bedeutsameres Schicksal.
Rafael kam zu ihr, um ihr mitzuteilen, dass er Tjurinow verpasst hatte. Als er am Hafen angelangt war, hatten die Russen bereits die Segel gehisst.
Julia schlang die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich.
Der Prinz stellte keine Fragen, strich ihr übers Haar, wünschte dann eine gute Nacht und versprach, sie morgen wieder aufzusuchen.
Als er den Gang entlang davonging, stand Julia
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