Gaelen Foley - Amantea - 02
bedeuten würde. Noch immer erbebte er bei der Vorstellung an den ersten Kuss, den er ihr gegeben hatte. Nun befand er sich hier – als Gatte dieser Göttin, die so viele anbeteten.
Natürlich könnte er seine ehelichen Rechte jederzeit gel- tend machen, doch er war zu sehr von Scheu erfüllt, als dass er sich auch nur in ihre Nähe gewagt hätte. Er fürchtete sich vor den Beschuldigungen, die sie ihm entgegenschleudern würde, wenn er ihr die Möglichkeit gab, mit ihm zu sprechen.
Nein, er wollte nicht hören, wie nutzlos er war. Nicht von ihr. Sein seltener, wunderschöner Schmetterling würde nun jeden Augenblick die Flügel öffnen und davonfliegen. Er wartete nur darauf. Das tat eine Frau, wenn man sie brauchte.
Er war fest entschlossen, sein Verlangen nach ihr zu be- herrschen, um wieder unverletzlich zu werden. Gleichzeitig wusste er, dass es sein Schweigen war, das sie endgültig von ihm forttrieb.
Wenn du nicht mit ihr sprichst, verlierst du sie auf jeden Fall.
Der Gedanke ließ ihn ungeduldig werden. Was konnte er ihr jetzt noch sagen, wenn sie jedes Wort, das aus seinem Mund kam, als Lüge bezeichnete?
Er gab seinem Pferd die Sporen und ritt zum See. Dort stieg er ab und versuchte, sich so zu fühlen, wie er das zuvor getan hatte. Damals konnte er ihr alles von sich sagen, denn es hatte keine Folgen gehabt. Schließlich hatte er geglaubt, dass er sowieso sterben würde.
Das ersehnte Gefühl stellte sich jedoch nicht ein.
Er konnte sich nicht einmal bei ihr entschuldigen, denn wahre Reue bedeutete, dass man vorhatte, sich zu ändern. Und das hatte er nicht. Er respektierte Serafina zu sehr, um ihr eine hohle Entschuldigung anzubieten.
Verstand sie denn nicht, dass er vielleicht ein Lügner sein musste? Dass vielleicht die Wahrheit, die ganze Wahrheit über ihn, zu demütigend war, um sie mit irgendjemand zu teilen?
Ich werde noch wahnsinnig. Ich bin von ihr besessen und kann mich nicht auf ewig vor ihr verstecken.
Sag es ihr. Sag ihr alles. Vertraue ihr.
Dieser Gedanke flößte ihm zu große Angst ein. Er stieg wie- der auf sein Pferd und ritt an den Mauern seines Gefängnisses hin und her.
Julia erwachte. Rafael hatte sich an sie geschmiegt, und Bilder von der Nacht zuvor stiegen wieder in ihr auf.
Sie wusste, dass der Geschmack von Schokolade sie immer an ihren jungen Liebhaber erinnern würde. Wahrhaftig, es war eine seltsame Woche gewesen.
Sie hatte sich in ihren Gemächern eingeschlossen, so dass niemand ihr geschwollenes Gesicht sehen konnte. Der einzige Besucher, den sie einließ, war Rafael. Er kam jeden Tag, um sie aufzuheitern. Sie wusste, wohin das führen würde. Doch zu ihrer Belustigung wollte er sie zuerst kennen lernen. Sie hatte das merkwürdige Gefühl, dass er vorhatte, sie zu retten.
Die ganze Woche über waren seine Besuche harmlos und unschuldig verlaufen, denn Julia wartete darauf, dass ihre Schwellung im Gesicht zurückging. Außerdem überlegte sie sich, was sie aus dieser neuen Verbindung herausschla- gen könnte. Täglich saßen sie gemeinsam in ihrem kleinen Vorzimmer und spielten Schach miteinander.
Rafael stellte ihr viele Fragen, doch die meisten beantwor- tete sie nicht. Er musste von ihrer finanziellen Notlage wis- sen, denn er hatte ihr viel Geld gegeben und einfach gemeint, dass er gern jemand half.
Natürlich war die Summe, die sie noch immer schuldete, drei Mal so groß wie sein Geschenk, aber das wollte sie ihm nicht sagen. Stattdessen hoffte sie verzweifelt, dass er endlich zur Besinnung kommen und aufhören würde, sie zu besuchen.
Doch Rafael erschien weiterhin täglich mit einer Schachtel Pralinen. Sie aßen die Schokolade, während sie spielten, bis er sich plötzlich nach vorn beugte und ihr einen Kuss gab. Ein Kuss – das war alles. Dann lächelte er ihr geheimnisvoll zu und schaffte es, sie innerlich zu berühren.
An jenem Abend war sie zum ersten Mal wieder im Salon erschienen, denn nun konnte sie ihren blauen Fleck gut ver- decken. Der Prinz war eine halbe Stunde später eingetroffen, und um elf Uhr war sie mit Rafael in seinem Gemach, ohne recht zu wissen, wie es zugegangen war.
Seine Begeisterung, seine Kraft und sein Verlangen er- staunten sie. Doch seine Liebkosungen trafen sie mitten ins Herz. Das Gefühl, eine Frau zu erkunden, war neu für ihn, weshalb er auch so anders war als all die Männer, die sie bisher gekannt hatte.
Sie liebten sich auf seinem großen Himmelbett, und sie musste schon bald heimlich schmunzeln und sein vor
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