Gaelen Foley - Amantea - 02
genau. Gehen Sie. Sofort! Warten Sie bei den anderen auf mich.“
Widerstrebend schaute sich Darius um und betrachtete den Thronfolger mit neuem Respekt.
„Dort drüben liegen ein paar Felsen.“ Er wies in die Rich- tung. „Ich schlage vor, dass Ihr dort in Deckung geht, Hoheit“, riet Darius ihm mit ehrlicher Ehrerbietung.
Rafael nickte nur kurz, wobei seine Augen entschlossen funkelten.
Darius verstand, dass dies etwas war, was der junge Prinz tun musste. Aber es gefiel ihm trotzdem nicht. Er stieg auf den Kutschbock, nahm die Zügel und schlug sie leicht auf die
Rücken der Pferde. Als er losfuhr, warf er noch einen Blick über die Schulter.
Rafael stand auf der staubigen Straße. „Auf einen Satz töte ich hundert, vielleicht tausend Mann, Santiago“, rief ihm der Prinz hinterher. „Das ist sogar besser als das, was Sie oft geleistet haben.“
„Solange du selbst dabei nicht den Tod findest“, murmelte Darius. Dann ließ er die Zügel schnalzen, und die Pferde galoppierten über den Hügel außer Sichtweite.
„Werft euch auf den Boden!“ befahl er den Soldaten, die auf ihn warteten. Kurz darauf sprengte eine gewaltige Explo- sion den Berg. Die Pferde wieherten erschreckt und bäumten sich auf. Darius hielt sich die Ohren zu, während er die Hit- zewelle spüren konnte. Das Donnern hielt eine lange Zeit an, und als es endlich nachließ, sprang er auf und rannte über den Hügel.
„Rafael!“
„Königliche Hoheit!“ riefen die Männer.
Einige begannen, die Straße zurückzulaufen. Als Darius zu der Stelle kam, wo die Öffnung des Tunnels gewesen war, stellte er fest, dass es sie nicht mehr gab. Zum Glück hatten sie das Schießpulver tief genug in den Berg hineingebracht, so dass sich nun kein Feuer im Wald ausbreitete.
Er stürmte zu der Felsgruppe, die er Rafael gezeigt hatte. Obgleich noch immer einige Vögel aufgeregt kreischten, war der Ort sonst beunruhigend still, als wäre nichts geschehen.
„Rafael!“
Darius blinzelte im Sonnenlicht und sah eine Gestalt, die zwischen den Felsbrocken auftauchte. Der Prinz kam hustend und von Staub bedeckt hervor, schien jedoch unverletzt zu sein.
Ein Sergeant eilte zu ihm, um ihm seine Wasserflasche zu reichen. Rafael trank einen tiefen Schluck.
„Sieg!“ krächzte er mit einem schwachen Lächeln. Sein Gesicht war jedoch bleich. „Sehen wir nach, was der König macht.“
Während die Soldaten dem Prinzen zu seinem gelungenen Unternehmen gratulierten, gingen sie alle zum Gefährt zu- rück, und schon bald befanden sie sich auf dem Weg zum Palast.
Schon etliche Meilen von Belfort entfernt, konnten sie Kanonendonner hören. Als sie schließlich bei der großen Verteidigungsmauer Halt machten, von wo aus Amanteas
Langstreckengeschütze auf die Schiffe in der grünblauen Bucht schossen, schien sich das Gefecht bereits seinem Ende zuzuneigen.
Darius schirmte mit der Hand seine Augen gegen die Sonne ab und schaute auf die Kanonen, aus denen Rauch aufstieg. Mitten im Durcheinander, das auf der Mauer herrschte, ent- deckte er die mächtige Gestalt des Königs, der zwischen den Schützen hin und her lief.
„Verdammter Hitzkopf“, murmelte Darius und schüttelte den Kopf. Als König hatte Lazar im Schutz des Palastes zu bleiben, aber Darius ahnte, dass er seinem Zorn Luft machen musste.
Es sah jedoch ganz so aus, als ob das kleine Gefecht mit den Franzosen die Wut des Königs nur noch geschürt hatte. Er gab seinen Männern immer wieder den Feuerbefehl, obwohl der Feind nicht mehr zurückschoss.
Rafael und Darius warfen sich einen wissenden Blick zu.
„Bringen wir es hinter uns“, meinte der Prinz.
„In Ordnung.“ Darius sprang vom Kutschbock.
Als sie zum Turm schritten, auf dem sich der König befand, krampfte sich Darius’ Magen zusammen. Es war das erste Mal seit ihrer Trennung, dass er Lazar wieder sah. Er fühlte sich daran erinnert, wie er als kleiner Junge zu seinem Vater gerufen wurde und gewusst hatte, dass er bestraft werden würde.
Als Darius auf dem Turm angelangt war – Rafael hatte sich doch entschlossen, erst einmal unten zu warten – , ging er zu den Zinnen und schaute aufs Meer hinaus. Er achtete nicht auf die Blicke der Kanoniere, sondern schätzte die Lage ab.
Die Franzosen zogen sich auf ihre ursprünglichen Blocka- destellungen zurück, um außer Reichweite der Geschosse zu sein. Darius überblickte zwar die Gefechtsformationen, die sich ihm boten, doch in Gedanken war er bei Serafina.
In diesem Moment sind
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