Gaelen Foley - Amantea - 02
Schulter den Rücken hinunter“, bekannte er. Serafina schien tatsächlich beunruhigt zu sein.
„Spüren Sie ein Prickeln in Ihren Fingern? Taubheit?“
„Ich weiß nicht“, erwiderte er und seufzte, schloss die Au- gen und lehnte sich an die Wand. „Ich fühle mich so verdammt müde.“ Eigentlich hatte er das nicht sagen wollen, schon gar nicht mit einer so leisen Stimme.
Plötzlich spürte er ihre weiche Hand an der Wange. „Ich weiß, Sie Armer. Sie gönnen sich niemals Zeit, um Ihre Wunden heilen zu lassen.“
Ihre Berührung war wundervoll. Einen Moment drückte er sein Gesicht an ihre Handmulde, dann riss er sich los. Wie konnte er so offen eine Schwäche eingestehen?
„Es geht mir gut. Ich bin nur nicht mehr ganz der Jüngste“, erklärte er. Hastig löste er sein Halstuch und holte tief Luft. „In Ordnung. Tut mir Leid. Gehen wir.“
„Wie bitte?“ fragte Serafina fassungslos.
Darius zwang sich dazu, aufzustehen.
Als sie seinen Ellbogen stützte, ärgerte er sich darüber. Er schüttelte sie ab. „Ich habe nur einen kleinen Kratzer abbekommen.“
„Wie Sie wollen, Darius“, erwiderte sie mit ruhiger Stimme und trat beiseite.
Ihr besänftigender Tonfall erzürnte ihn noch mehr.
Als sie den schwach erleuchteten Bedienstetengang erreich- ten, der sich im dritten Stock des Palastes befand, fühlte er sich bereits wieder besser. Sein Hochmut war zurückgekehrt, als er ihr mit einem gequälten Lächeln und einer angedeuteten Verbeugung galant den Weg wies. „Nach Euch, Hoheit.“
Serafina warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. Für sein Empfinden betrachtete sie ihn etwas zu genau. Dann drehte sie sich um und ging vor ihm her. Als sie den Korridor durch- schritten, blickte sie überrascht auf die Besen, die an der Wand aufgereiht waren. Wahrscheinlich hat sie noch nie zuvor diesen Teil des Palastes betreten, dachte Darius spöttisch.
Serafina wusste nicht, dass die Bediensteten seine beste Informationsquelle darstellten. Ganz gleich, wohin ihn seine Aufträge führten – er war stets darüber im Bilde, was die Prinzessin tat. So hatte er erfahren, dass sie in letzter Zeit wil- der als sonst gewesen war. Wenn sie Angst verspürte, wurde sie immer tollkühn. Es war nicht schwer, den Grund für ihre augenblicklichen Eskapaden zu erahnen – der bevorstehende Tag ihrer Hochzeit.
Als ob ich diesem ruhmsüchtigen Barbaren tatsächlich ge- statten würde, sie zu bekommen, dachte Darius und bebte dabei innerlich vor Wut. Am liebsten hätte er es ihr schon in diesem Moment gesagt, aber er wollte zuerst seinen Auftrag ausführen. Wenn alles vorüber war, würde sie verstehen, was für ein Geschenk er ihr bereitet hatte.
Im Korridor befand sich eine harmlos aussehende Täfelung zwischen zwei Putzschränken. Darius blieb davor stehen, tas- tete an den beiden seitlichen Rändern entlang, drückte fest und trat dann zurück, als sich eine Tür öffnete.
Er warf Serafina einen Blick zu, denn dahinter kam ihr Schlafzimmer zum Vorschein.
Erstaunt riss sie die Augen auf. Sie schien sich an etwas zu erinnern und erblasste.
Darius wartete darauf, dass sie einen Wutanfall bekommen würde, da sie nun wusste, dass er einen geheimen Zugang zu ihrem Schlafgemach hatte. Doch sie sagte nichts.
„Saint-Laurents Spießgesellen sind noch immer auf freiem Fuß“, erläuterte er. „Ich möchte Euch nicht aus den Augen lassen, Hoheit.“
Serafina blickte noch immer mit geröteten Wangen in das Zimmer vor ihnen. „Sie müssen mir nichts erklären, Darius. Ich vertraue Ihnen. Sie sind durch und durch ein Ehrenmann. “
Er fragte sich, wen sie wohl mehr davon überzeugen wollte – ihn oder sich selbst. Dennoch freuten ihn ihre Worte.
„Wer kennt sonst noch diese Geheimtür?“
„Niemand, Hoheit.“
Der Erbauer des Palastes war tot, der König hatte sie wahr - scheinlich vergessen, und Darius hatte nie jemand davon er - zählt. Er vertraute niemand, wenn es um die Prinzessin ging. Selbst hatte er niemals ernsthaft daran gedacht, dieses Wissen auszunutzen, aber die meisten Männer würden sich anders verhalten.
Obgleich seine Schulter unerträglich schmerzte, gab sich Darius weiterhin kühl und galant. „Nach Euch, Hoheit.“
Serafina hob das Kinn, ging um den Stuhl, der im Weg stand, herum und betrat ihr Gemach. Darius folgte ihr, schloss die Tür hinter sich und tat einen weiteren Schritt in Serafinas Zimmer.
Der Regen prasselte draußen gegen die Fen sterscheiben. Auf den Simsen und dem Fußoden
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