Gaelen Foley - Amantea - 02
sollen? Haben Sie in ihrem Gemach nachgeschaut?“
„Ja, Captain. Da ist sie auch nicht.“
„Sie muss aber irgendwo sein. Ich werde sie versohlen, wenn ich sie finde“, murmelte er kaum hörbar und stürmte zu den Ställen hinaus.
Inständig hoffte er, dass sie nur zur Erforschung der Um- gebung und vielleicht der geheimen Gänge aufgebrochen war. Letzteres bezweifelte er zwar, da er wusste, dass sie Angst vor Fledermäusen hatte, aber diese Gedanken waren beruhigender als die, dass die Franzosen sie entführt hatten.
Einer der Männer entdeckte Serafinas Zofe. Darius rief die Frau zu sich. Diese stammelte, Ihre Hoheit habe vorgehabt, Kräuter und Blumen zu sammeln.
„Was fällt ihr ein, ohne meine Erlaubnis fortzugehen?“ wollte er von Pia wissen, die ihm jedoch keine Antwort geben konnte.
Einige seiner Männer standen bei Darius und der Zofe. Es beunruhigte sie sichtlich, ihren sonst so gelassenen Captain so zornig zu erleben. Und er war zornig – zorniger, als er eigentlich Grund gehabt hätte. Sie hatte kein Recht, ihn zu verlassen, ohne einen Ton zu sagen. Und wenn er sie nun nicht fand? Angst breitete sich in ihm aus, und seine verletzte Schulter pochte wieder schmerzhaft.
Fünfhundert Morgen, dachte er, als er sich auf seinen Hengst schwang. Sie konnte überall sein. Er trat Vento leicht in die Flanken und galoppierte auf die Wiesen zu, um die Prinzessin zu finden.
Serafina lag im hohen Gras und war eingedöst, während sie den vorbeiziehenden Wolken zugeschaut hatte.
Nach einer Weile drang ein leises Donnern in ihren leich- ten Schlaf. Sie spürte, wie die Erde unter ihr vibrierte, als ob mächtige Hufe den Boden erschütterten. Sie fühlte Da- rius’ Anwesenheit, wie sie das schon im Irrgarten getan hatte. Wütend rief er ihren Namen.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie nicht träumte. Sofort; hellwach, setzte sie sich auf.
Die Sonne war schon hinter den Bäumen verschwunden, und Serafina hatte jeden Sinn für Zeit verloren. Als sie über die Wiesen sah, erblickte sie Darius, der in einiger Entfernung herangeritten kam. Er hatte sie noch nicht gesehen und rief weiterhin nach ihr.
Serafina erhob sich mit pochendem Herzen. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm antworten sollte. Sein Anblick auf dem Araberhengst, dessen Schweif wie schwarzer Rauch hinter ihm her wehte, und die Waffen, die Darius trug, erschreckten sie.
„Serafina!“
Diesmal vernahm sie mehr als Zorn in seiner Stimme, auch Angst und Qual schwangen darin mit. Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm, denn stark wie der Tod ist die Liebe ... Auf einmal erklan- gen diese Worte in ihr, während sie auf den Reiter und sein Pferd schaute, deren Furcht erregende Schönheit sie fesselte. Es war eine Stelle aus dem Hohen Lied, die sie gelesen und niemals mehr vergessen hatte. Gnadenlos wie die Unterwelt ist die Leidenschaft, ihre Glut ist loderndes Feuer. Tiefe Was- ser können die Liebe nicht löschen, und Fluten sie nicht, hinwegspülen.
Jetzt entdeckte Darius sie.
Serafina bewegte sich nicht. Sie hätte es vielleicht nicht einmal vermocht, selbst wenn sie es gewollt hätte.
Er holt mich.
Darius schaute zur Seite, als er das Pferd herumriss, das sich bei der Kehre auf die Hinterbeine stellte. Dann galop- pierte er auf sie zu.
Noch immer war es ihr nicht möglich, sich zu rühren. Wehrlos und gebannt sah sie zu, wie Darius Santiago wie ein Reiter aus der Apokalypse auf sie zudonnerte. Hatte sich so Philippe in seinem letzten Augenblick gefühlt?
Als er sich ihr näherte, sah sie sein vor Wut verzerrtes Gesicht.
„Serafina!“
Keine Angst. Er würde ihr nichts antun. Daran musste sie glauben.
Ruhig beobachtete sie, wie er auf sie zusprengte. Doch sie wich nicht zurück, denn sie fühlte, dass es seine gequälte Seele war, die ihn so zornig werden ließ. Sie allein konnte ihm helfen.
Beruhige ihn.
Ein paar Schritte von ihr entfernt brachte Darius den schnaubenden Rappen zum Stehen. Das Pferd bäumte sich auf, und Darius klopfte ihm besänftigend auf den Hals. Mit zerzaustem Haar warf er Serafina einen wilden Blick zu. „Da sind Sie also.“
Sie erwiderte nichts, sondern sah ihn nur sanft an.
„Was, zum Teufel, haben Sie sich dabei gedacht, einfach wegzugehen, ohne jemandem davon zu erzählen? Ich habe Sie seit einer halben Stunde gesucht.“
„Es geht mir gut“, sagte sie leise.
„Woher soll ich das wissen?“ fragte er wütend. „Sie hätten einige Begleiter mitnehmen
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