Gaelen Foley - Amantea - 02
die politischen Am- bitionen von Anatol Tjurinow als auch seine finanziellen und sonstigen Verpflichtungen, die Darius herausgefunden hatte.
Ursprünglich hatte er gar nicht vorgehabt, die bevorste- hende Ehe zu hintertreiben.
Es gab zwar eine teuflische Stimme in ihm, die meinte, dass niemand Serafina haben dürfte, wenn er es nicht konnte, doch seine Selbstdisziplin reichte aus, um die Untersuchung in Russland gerecht und sachlich anzugehen. Schließlich besaß er keine Armee und keine Krone, um Amantea zu beschüt- zen, und eine Gattin wollte er auch nicht. Der Russe schien die beste Wahl für Amantea zu sein und somit für Lazar, dem Darius alles verdankte.
Er war äußerst überrascht gewesen, als er erfahren hatte, dass Tjurinow darauf hinarbeitete, seinem fünfundzwanzig Jahre alten Vetter, Zar Alexander, die Krone abzujagen.
Vor mehreren Jahren war Alexanders Vater, Zar Paul – all- gemein als wahnsinnig eingestuft – , von engsten Vertrauten ermordet worden. Diese hatten dem sanften und gelehrten Alexander den Thron überlassen, was zu dem Gerücht führte, dass Alexander von dem Komplott gegen seinen Vater ge- wusst haben musste. Doch das Gerede verstummte bald, denn
ganz Russland war erleichtert gewesen, den unberechenbaren Zaren Paul los zu sein.
Tjurinow hatte nun heimlich begonnen, diese üblen Nach- reden wieder in Umlauf zu bringen. Er stellte Paul als ei- nen Märtyrer und genau den Herrschertyp hin, den Russland brauchte. Von Alexander sprach er so, dass man in ihm nur den Vatermörder sehen konnte. Die große Armee, die Tjuri- now unterstand, und seine gefährlichen Spiele führten all- mählich dazu, dass immer mehr ältere Aristokraten zu ihm überliefen, die Alexanders liberale Politik verabscheuten.
Seine Ausstrahlung, seine Siege, seine edle Herkunft und sein Hass auf den gottlosen Napoleon – Alexanders Haltung dem Franzosen gegenüber war nicht so eindeutig – machten Tjurinow bei der Bevölkerung sehr beliebt. Mit einer Frau wie Serafina an seiner Seite würde ihm vermutlich bald de ganze russische Hof zu Füßen liegen. Auf der politischen Bühne war die richtige Gattin von höchster Bedeutung.
Darius war gerade dabei gewesen, eine Liste der Adligen zu erstellen, die bereits zu Anatol übergelaufen waren, al ein Bote ihm eine Nachricht von König Lazar überbrachte worin er ihm mitteilte, dass weitere Nachforschungen unnö tig seien, da Serafina einer Heirat mit Tjurinow zugestimmt habe.
Darius konnte es nicht glauben. Wieso traf der König eine solch wichtige Entscheidung, ohne die Ergebnisse sei- ner Untersuchung abzuwarten? Da der Hochzeitstag bereits feststand, bat Lazar ihn, seine Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und nach Hause zurückzukehren.
Obwohl es sinnlos erschien, tat Darius, wie ihm befoh- len wurde, und entdeckte zu seinem Entsetzen recht bald die Wahrheit über den Tod der Fürstin Margarita, Tjurinows erster Frau.
Nun stand Darius vor einer schwierigen Entscheidung.
Der König neigte vor allem zu Hitzköpfigkeit, wenn es um Serafina ging. Darius vermutete also, dass Lazar erzürnt, die Hochzeit absagen und Tjurinow des Gattinnenmords be- zichtigen würde. Das riefe jedoch einen gewaltigen Skan- dal hervor, der Amanteas prekäre Lage noch heikler werden ließe.
Einen Vetter des Zaren des Mordes zu beschuldigen wäre eine solche Beleidigung für die Russen, dass sie es möglicher- weise als berechtigt ansähen, Amantea zu besetzen – genau das also, was die Franzosen vorhatten.
Also suchte Darius verzweifelt nach einem Beweis, der ei- nen der mächtigsten Männer der zivilisierten Welt aufhalten konnte. Um Serafina zu befreien, benötigte er etwas, dass sich sogar Tjurinows beste Freunde von ihm abwandten.
Allerdings musste Darius seine Tätigkeit unterbrechen, als er erfuhr, dass sich Philippe Saint-Laurent im Palast von Belfort befand und er die Prinzessin entführen wollte, bevor sie überhaupt heiraten konnte.
Diese neue Bedrohung hatte Darius dazu gezwungen, auf der Stelle aus Moskau abzureisen, ohne den stichhaltigen Be- weis gefunden zu haben. Nun waren drastischere Maßnahmen vonnöten.
Das führte zu Darius’ Plan, Napoleon selbst zu ermor- den.
Serafina verursacht nur Probleme, dachte er schlecht ge- launt, als er seinen Federhalter niederlegte und die Augen- gläser abnahm. Warum war sein Leben nur so kompliziert? Um den letzten niederschmetternden Beweis zu finden, hatte er ein verschlungenes Lügengeflecht weben
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