Gaelen Foley - Amantea - 03
gefragt, ob Orlando näher mit dir verwandt ist? Ist es nicht möglich, dass er dein Bruder sein könnte? Dein Halbbruder, meine ich.“
„Ein Bastard? Aber mein Vater würde niemals ...“ Rafael sprach den Satz nicht zu Ende.
„Es hätte bereits passiert sein können, bevor Seine Majes- tät deine Mutter geheiratet hat. Wissen wir, wie alt Orlando ist?“ Daniela quälte das eigenartige Schweigen Rafaels. Be- nommen schüttelte er den Kopf. „Nun, ich hole das Mäd- chen.“ Daniela tat ein paar Schritte, blieb dann aber noch einmal stehen. Es war sinnlos, etwas zurückhalten zu wollen. Sie schüttelte ihre Unsicherheit ab und ging zum Kronprin- zen zurück. „Ich hätte dir das wahrscheinlich schon früher erzählen sollen. Aber ich wollte nicht, dass du böse mit mir bist.“
Fragend sah er sie an.
„Rafael, Orlando hat mir nachgestellt.“
Während sein Zorn zuvor noch unterdrückt war, brach er in diesem Moment mit aller Kraft hervor. Seine Augen bekamen die Farbe eines sturmumtosten Meeres. „Was sagst du da?“
„Es begann an jenem Nachmittag, als er zu mir kam, um unter vier Augen mit mir zu sprechen. Er sagte, dass er mich unter seinen Schutz nehmen wolle, sobald unsere Ehe an- nulliert sei. Natürlich lehnte ich sofort ab“, fügte sie hastig hinzu. „Aber dann fing er letzte Nacht noch einmal damit an – während du weg warst.“
Rafael blickte sie schuldbewusst an.
„Ich hole jetzt das Mädchen“, sagte Daniela unsicher, da sie ihm keine Vorhaltungen machen wollte, nachdem er sich bereits entschuldigt hatte.
Schon bald saßen sie zu dritt in seiner Kutsche. Wieder wurden sie von der berittenen Leibgarde bewacht, und seine drei Freunde folgten in ihrem Gefährt.
Die Straßen von Belfort waren voller Leute, als sie durch die Stadt fuhren.
Rafael hatte seit dem Verlassen des Klosters nichts gespro- chen und wirkte sehr angespannt.
Daniela beobachtete ihn aufmerksam. Als sie bemerkte, dass Carmen sie beunruhigt ansah, lächelte sie dem Mäd- chen aufmunternd zu. In diesem Moment vernahmen sie Rufe auf der Straße. Der Kutscher hielt die Pferde ah, und Da- niela schaute durch den Vorhangspalt aus dem Fenster. Eine große Gestalt auf einem schwarzen Hengst hielt neben dem Gespann an.
„Ihr seid die Leibgarde der Prinzessin, nicht wahr? Fährt Ihre Hoheit heute aus?“
Es war Orlandos angenehme Stimme. Daniela warf ihrem Gatten einen bedeutungsvollen Blick zu. Ihr war klar, dass Orlando annahm, sie sei allein, weil sie und Rafael so wenig Zeit miteinander verbracht hatten.
„Wenn du mir erlaubst, mein Lieber“, murmelte sie und schaute ihn verschwörerisch an.
Rafael lächelte und wies Carmen an, sich zu ducken. Da- niela zog den Vorhang neben ihrem Sitz zurück und öffnete das Fenster. „Seien Sie gegrüßt, Orlando.“
„Daniela.“ Unter dem Schatten seines schwarzen Huts funkelten seine Augen verschlagen.
Die Soldaten beobachteten die Szene aufmerksam. Ihnen musste klar sein, dass sie Orlando nur mit Rafaels Erlaubnis begrüßte. Die bewaffneten Männer waren klug genug, nichts zu sagen.
Der Herzog lächelte sie an und lenkte sein Pferd näher an die Kutsche. „Man hat Sie also endlich aus Ihrem Käfig ge- lassen. Gratuliere. Sie sehen so strahlend wie immer aus.“ Er nahm den Hut ab.
Daniela musterte sein Gesicht. Sogleich sah sie die große Beule an seiner Schläfe.
„Mein lieber Vetter“, erwiderte sie stirnrunzelnd. „Was haben Sie mit Ihrem armen Kopf angestellt?“
Das war das Zeichen, auf das Rafael gewartet hatte.
Ohne Vorwarnung riss er den Verschlag auf, zog seinen Degen und sprang auf Orlando zu.
16. KAPITEL
Ehe sich Rafael auf seinen Vetter stürzen konnte, bäumte sich dessen erschrecktes Pferd auf. Orlando klammerte sich an den Hals des Pferds, während Rafael an dessen Zügeln riss. Die sechs Männer der Leibgarde ritten eilig herbei.
Ein gewaltiges Chaos brach aus.
Daniela beobachtete das Kampfgetümmel, aber der Kut- scher jagte seine Pferde weiter, um dem Tumult zu entge- hen. Sie hing fast aus dem Fenster und sah, dass Orlando es schaffte, im Sattel zu bleiben. Er trat Rafael mit dem Stie- fel gegen die Brust. Der Prinz strauchelte, so dass Orlando seinem Pferd die Sporen geben und an den Wachen vorbei entfliehen konnte. Er lenkte sein Pferd in eine Gasse.
„Ergreift ihn!“ rief Rafael.
Daniela hielt den Atem an, als ihr Mann einen der Soldaten vom Pferd stieß und sich selbst in den Sattel schwang.
Er wies mit dem Kopf in ihre
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