Gaelen Foley - Amantea - 03
siebzehn Jahre alt.
Doch ihr Benehmen ließ sie wesentlich älter erscheinen. Da- niela schloss sich mit dem Mädchen ein und sprach beruhi- gende Worte. Dann bat sie Carmen, ihre Geschichte auch in Anwesenheit des Kronprinzen zu erzählen. Zögernd stimmte sie zu.
Daniela drückte dem Mädchen ermutigend die Hand, erhob sich und ging zur Tür, um Rafael zu holen.
Obgleich Carmen schon vieles gesehen zu haben schien, begannen ihre Augen zu funkeln, als der große schöne Mann eintrat. Er schien ein Prinz wie aus dem Märchen zu sein. Die Wirkung, die er auf sie hatte, fiel ihm gar nicht auf. Ent- weder war er an dergleichen gewöhnt, oder er war zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt. Er setzte sich neben Da- niela, stützte die Ellbogen auf die Knie und betrachtete das Mädchen aufmerksam.
Er wirkte wie ein Mann, der alles in die Hand nehmen konnte. Daniela fühlte sich sehr stolz.
Stockend berichtete Carmen, wie der junge Koch Cristo- foro Bestechungsgelder angenommen hatte, um sie aufsu- chen zu können. Der Mann, der immer wieder bei Cristoforo aufgetaucht war, hatte langes schwarzes Haar, grüne Augen und trug stets schwarze elegante Kleidung. Es war Carmen gleichgültig gewesen, warum der Fremde ihren Liebhaber bezahlte. Sie wusste nur, dass ihr Freund Angst vor ihm hatte.
Daniela spürte, wie Rafael sich neben ihr anspannte, als Carmen von der Nacht zuvor erzählte. Der schwarz geklei- dete Mann war mit einer Kutsche gekommen, um Cristoforo mit sich zu nehmen.
„Ehe Cristoforo mein Zimmer verließ, bat er mich, ihm zu folgen. Er hatte schreckliche Angst, dass ihm etwas Furcht- bares geschehen würde. Sogar bezahlen wollte er mich. Also bin ich ihm gefolgt“, erzählte Carmen, wobei ihre dunklen Augen traurig dreinblickten. „Den ganzen Weg bin ich ge- rannt, obgleich ich kaum mithalten konnte. Die Kutsche bog um mehrere Ecken, und ich nahm Abkürzungen, denn ich kenne die Stadt sehr gut. Deshalb wusste ich auch, wem der Palazzo gehört, zu dem sie fuhren.“ Sie sah zuerst Daniela und dann Rafael an. „Dem Premierminister.“
Rafael zuckte leicht zusammen, doch sein Gesicht wirkte ausdruckslos. „Fahr fort.“
Carmen schlang die Arme um ihren mageren Körper und berichtete, wie der Bursche aus Don Arturos Haus geflohen war und eine schreckliche Jagd stattgefunden hatte. „Ich
wusste, dass der Mann ihn töten wollte. Deshalb hob ich einen Ziegel auf und warf ihn, so fest ich konnte.“
„Hast du ihn getroffen?“
„Ja, Königliche Hoheit. Ich habe ihn hier getroffen“, sagte Carmen und wies auf ihre linke Schläfe. Ihre Hand zitterte. „Blut lief ihm über das ganze Gesicht. Er sah schrecklich aus. Aber der Schlag hielt ihn nicht lange auf. Er ... Er hat es dann getan.“
„Deinen Freund umgebracht?“ fragte Daniela leise.
Carmen nickte mit gesenktem Kopf.
Rafael erhob sich, verbeugte sich vor dem Mädchen und verließ das Zimmer. Daniela sprach beruhigend auf Carmen ein und ging dann ebenfalls in die Eingangshalle hinaus, wo ihr Mann bereits mit leiser Stimme seinen drei Freunden Be- richt erstattete. Als sie auf die Gruppe zuging, verschwan- den die drei sogleich. Nur Rafael stand da und betrachtete sie ernst und sorgenvoll.
„Ich glaube, wir wissen beide, wen sie beschuldigt“, sagte Daniela. „Glaubst du ihr? Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, was ich von dem Ganzen halten soll.“
„Ich schon“, erwiderte Rafael grimmig. Eine Hand ruhte auf dem Degengriff an seiner Seite, während er zornig fun- kelnd vor sich hinblickte. Mehr denn je sah er wie ein Erzen- gel aus, der Rache geschworen hatte. „Hol bitte das Mädchen. Ihr beide werdet an einen Ort gebracht, wo ich euch sicher weiß, bis sich Orlando in Gewahrsam befindet.“
„Willst du ihn für den Mord an dem Koch gefangen nehmen lassen?“
„Unter anderem. Einige Männer habe ich losgeschickt, um ihn aufzuspüren. Ich habe nämlich die starke Vermutung, dass er auch etwas mit Bulbatis Tod zu tun hat.“
Daniela drehte sich um, um Carmen zu holen, blieb dann aber noch einen Moment stehen. Unsicher sah sie ihn an. „Rafael, hast du schon einmal daran gedacht, dass Orlando vielleicht nicht der ist, der er zu sein vorgibt?“
Zerstreut blickte er sie an. „Wie bitte?“
„Bin ich denn die Einzige, der aufgefallen ist, dass Orlando genau wie der König aussieht?“
„Was meinst du?“ rief er aus und sah sie fassungslos an.
„Ich hasse es, deinen Vater zu verdächtigen, aber hast du dich noch nie
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