Gaelen Foley - Amantea - 03
gelitten haben“, stieß sie hervor und sah ihn flehend an, während sie immer weiter zurückwich. „Der Mann, den ich mit Nachforschungen be- auftragt habe, hat es mir erzählt. Er spürte Ihre alte Amme auf. Nunzia. Erinnern Sie sich noch an sie?“
Langsam folgte er ihr durch die Zelle.
„Nunzia hat berichtet, dass König Lazar Ihre Mutter zwei Jahre vor seiner Thronbesteigung kennen lernte. Er war als ein junger Mann durch die Welt gereist. Eines Abends traf er Ihre Mutter in der Oper, und sie hatten eine Affäre, die drei Tage dauerte. Dann reiste er wieder ab. Ich weiß, dass Ihre Mutter zu dieser Zeit mit einem grausamen Mann verheira- tet war. Als sie entdeckte, dass sie guter Hoffnung war, ver- suchte sie, ihr Kind als das ihres Mannes auszugeben. Aber der Baron hat ihr diese Lüge nie abgenommen. Dementspre- chend schlecht hat er Sie behandelt. Er hat Sie täglich für das bestraft, was Ihre Mutter ihm angetan hatte.“
„Seien Sie endlich still!“ fuhr Orlando sie mit harter Stimme an. „Sie hätten sich mir nie in den Weg stellen sollen.“
„Ich weiß auch, dass er Sie furchtbar geschlagen hat, wäh- rend Ihre Mutter Ihnen heimlich Geschichten über Ihren ech- ten Vater erzählt hat. Ein gerechter und schöner Mann. Ein König. Sie wurden regelrecht besessen von ihm. Aber Sie hassten ihn auch, weil er nicht kam, um Sie zu retten.“
„Sie werden einen sehr schmerzhaften Tod erleiden, Da- niela.“ Orlando stürzte sich auf sie.
Sie sprang beiseite.
In diesem Moment ertönten männliche Stimmen aus der Richtung der Folterkammer, wo sich die Leiter befand. Da- niela erkannte zwei der Soldaten. Sie mussten ihren Schrei gehört haben.
Orlando drehte sich zur Tür um, dann warf er ihr einen
hasserfüllten Blick zu. „Wenn ich zurückkomme“, drohte er, „seid ihr beide dran.“
Damit eilte er aus der Zelle, die er hinter sich abschloss.
Über ihnen wurde plötzlich ein riesiger Stein beiseite gerollt, und ein Sonnenstrahl fiel ins Dunkel.
„Hoheit“, flüsterte eine männliche Stimme.
Daniela blinzelte in das Licht und sah den letzten Mann der Leibgarde über sich. Wie ein Wahnsinniger räumte er weitere Steine beiseite, bis schließlich die Lücke für ein Kind groß genug war.
Daniela verschwendete keine Zeit. „Leo!“ Sie legte ihm die Hände auf die schmalen Schultern und sah ihn ernst an. „Ich hebe Sie jetzt hinauf. Fassen Sie den Soldaten bei der Hand, und er wird Sie hinausziehen. Dann müssen Sie sofort in die Stadt reiten und Don Arturo genau erzählen, was mit dem Bischof passiert ist. Können Sie das tun?“
Der lockige Junge sah ängstlich zur Tür. „Orlando hat ge- sagt, dass er mich in Stücke schneiden wird, wenn ich jemals einem Menschen erzähle, was er getan hat.“
„Das wird er nicht tun, Leo. Wir beschützen Sie. Rafael wird Sie vor Orlando in Sicherheit bringen; aber zuerst müssen Sie Rafael helfen. Berichten Sie alles Don Arturo.“
Er nickte tapfer. „Ja, Madame.“
„Gut. Dann hebe ich Sie jetzt hoch.“
Daniela stellte sich breitbeinig hin, biss die Zähne zusam- men und hob den Jungen auf ihre Schultern. Vorsichtig rich- tete sich Leo auf und fasste nach der Hand des Soldaten. Mit einem einzigen Ruck zog dieser den Prinzen nach oben ins Freie.
Einen Augenblick später erschien der Mann wieder an der Spalte. Er warf Daniela ein Seil hinunter und versuchte dann, den gewaltigen Steinbrocken, der noch im Weg lag, beiseite zu rollen. Unruhig ging die Prinzessin in der Zelle auf und ab. Obwohl der stämmige Mann sein ganzes Gewicht gegen den Felsen drückte, vermochte er nicht einmal, ihn einen Zoll zu bewegen.
„Daniela, meine Gute!“
Verängstigt blickte sie zur Gittertür. Orlandos Stimme erscholl durch die Gänge des Verlieses.
„Ich komme bald zu Ihnen!“
Sie blickte mit bleichem Gesicht zu dem aufgeschreckten Soldaten hoch.
„Er darf Leo nicht bekommen! Die Aussage des Jungen ist
das Einzige, was den Kronprinzen noch retten kann. Bringen Sie ihn nach Belfort zurück. Sofort! Ich ... Ich will nicht, dass er etwas hört.“
„Aber ...“
„Beeilen Sie sich!“ befahl sie verzweifelt. „Ziehen Sie das Seil hoch, damit Orlando es nicht sieht. Und ... Sagen Sie meinem Gemahl, dass ich ihn liebe.“
Das Gesicht des Leibwächters war aschfahl. „Nehmen Sie meine Waffe.“ Er warf ihr seine Pistole zu. Sie fing sie auf, und ihre Hoffnung erwachte von neuem. Dann warf er ihr auch noch seinen Lederbeutel mit den Kugeln und dem Pul-
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