Gaelen Foley - Amantea - 03
du?“
„Ich mache mich von Ihnen frei, Majestät!“ rief er. „Lange genug haben Sie mein Leben beherrscht. Geben Sie Leo die Krone. Ich will sie nicht. Dafür behalte ich meine Seele.“
Mit diesen Worten ging er, zitternd vor Wut, aus dem Bera- tungszimmer. Benommen lief er den Gang entlang, riss sich die Handschuhe von den Fingern und starrte dabei ins Leere. Er konnte kaum glauben, was er gerade getan hatte.
Sollte der König ihn doch enterben, wenn es ihm gefiel! Nun war sowieso schon alles gleich. Er hatte sein Bestes getan, doch es war seinem Vater niemals gut genug gewesen.
„Rafael!“ rief sein Vater zornig.
Der Prinz zuckte zusammen und blieb – ganz aus Ge- wohnheit – sogleich wie ein gut trainierter Jagdhund stehen. Er verzweifelte an sich selbst und wusste zugleich, dass er weitergehen musste, wenn er jemals frei sein wollte.
Doch er spürte, dass seine Liebe für Amantea ihn nicht
von der Stelle rücken ließ. Wie angewurzelt stand er da und sah sich wie schon so oft gezwungen, bescheiden zu sein. Aber es war auch ungewöhnlich, dass der König selbst ihm hinterhereilte, obgleich er ihm so offen vor seinem Kabinett Widerstand geleistet hatte. Er wartete, ohne sich umzudre- hen.
„Rafael, verdammt noch mal“, knurrte Lazar verärgert.
Jetzt drehte der Prinz sich mit bitterer Miene um und blickte seinen Vater an.
Lazar nahm die Augengläser ab und musterte ihn durch- dringend. „Du wählst eine schlechte Zeit, deinen Kopf durchsetzen zu wollen, Junge.“
„Ich bin kein Junge“, erwiderte er, vor Zorn bebend.
„Glaubst du denn, ich weiß nicht, warum es schwierig für dich ist?“
„Weil Sie diesmal die wichtigste Entscheidung meines Le- bens aus mir herauspressen wollten? Weil Sie mich für einen solch großen Narren halten, dass ich nicht einmal selbst eine geeignete Gattin zu wählen vermag?“
Der König schüttelte ungeduldig den Kopf. „Nein. Wir beide kennen den Grund, warum du dich weigerst, eine feste Verbindung einzugehen. Jene Frau hat dich tief verletzt, als du neunzehn warst. Wie hieß sie noch? Julia?“
Rafael erstarrte und sah seinen Vater unsicher an.
„Es ist an der Zeit, dass du darüber hinwegkommst. Es sind elf Jahre vergangen.“
Der Prinz wandte den Blick ab.
Das große Vergehen.
Manche Menschen müssen erst Fehler machen, um die Welt zu begreifen. Als junger Narr hatte er genau das getan. Er hatte versucht, einer Frau zu helfen, und war dabei selbst Opfer geworden.
Das war vor langer Zeit.
„Du hättest uns erlauben sollen, sie vor Gericht zu stellen, Rafael. Dem Gesetz nach hätte sie gehängt werden müssen.“
„Ich brauche Sie nicht, um meine Kämpfe auszufechten, Vater“, erwiderte er scharf. Die Erinnerung an seine frühere Unerfahrenheit verursachte ihm Übelkeit.
Er war ein solch ritterlicher Kavalier gewesen und hatte nicht darauf hören wollen, dass seine schöne, ältere Geliebte bereits bei fast jedem Mann im Königreich gelegen und ihn nur benutzt hatte. Ihm war gleichgültig gewesen, was die an- deren dachten. Er war sich sicher gewesen, dass er sie dazu
bringen könnte, ihn um seiner selbst willen zu lieben. Als er Contessa Julia von einem früheren Liebhaber misshandelt aufgefunden hatte, war er sogleich zur Hilfe bereit gewesen. Und was war ihr Dank gewesen?
Sie hatte ihn verführt und ihn dann ausgeraubt, während er geschlafen hatte. Seinen Schreibtisch hatte sie durchsucht und geheime Karten mitgenommen, die er für seinen Vater angefertigt hatte. Mit diesen Dokumenten war sie zu den Franzosen geeilt, die daraufhin Amantea überfallen hatten.
Das Haus der Fiori hatte beinahe Amantea an Napo- leon verloren, weil der Thronerbe sein Verlangen nicht hatte zügeln können.
Seit jener Zeit hatte ihn keiner mehr ernst genommen – weder sein Vater noch das Volk und schon gar nicht das Kabinett.
„Diese Mätresse hat dich nur verführt und deine Jugend ausgenutzt ...“
„Ich möchte nicht darüber sprechen, Vater“, erwiderte Ra- fael heftig. „Es war meine Schuld. Ich habe der falschen Frau vertraut.“
„Und nun vertraust du überhaupt keiner mehr. Ach, Ra- fael.“ Lazar seufzte. „Du brauchst einen Erben.“
„Warum?“ fragte der Prinz. „Weshalb so plötzlich?“
„Ich bin krank“, antwortete sein Vater.
„Wie bitte?“
Lazar schaute ihn an und senkte dann langsam den Blick. „Deshalb reise ich auch nach Spanien, um Darius, Serafina und die Kinder zu sehen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir
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