Gaelen Foley - Amantea - 03
wenn er seine Braut auswählte.
Nachdem Rafael diesmal das Beratungszimmer betreten hatte, setzte er sich mit ernster Miene an seinen Platz. Er mur- melte eine Entschuldigung, die den Mitgliedern des Kabinetts galt.
Lazar räusperte sich. „Mein Sohn und ich sind zu einem Kompromiss gekommen. Er ist damit einverstanden, eine von den jungen Damen, die wir für geeignet halten, zu wählen, wenn ich nach Amantea zurückkehre. Dann wird auch die Hochzeit stattfinden. Für den Moment gibt es für den Prin- zen andere Dinge, mit denen er sich beschäftigen muss, Ich nehme an, dass Sie das verstehen, meine Herren.“
Die Männer murmelten notgedrungen ihre Zustimmung.
Rafael bemerkte den ermutigenden, wenn auch strengen Blick seines Vaters, der auf ihm ruhte.
Nun stand seine Zeit bevor – die Zeit, da er ihnen allen zeigen konnte, dass sie ihn unterschätzt hatten. Er blickte
auf die Notizen seines Vetters und fühlte sich dabei wie ein Schuljunge, der Angst davor hatte, die falsche Antwort zu geben. Tief holte er Atem, bevor er den Kopf hob.
„Meine Herren“, sagte er nervös. „Womit möchten Sie beginnen?“
Don Arturo sah ihn aufmerksam und scharf an. „Womit möchten Sie beginnen, Königliche Hoheit?“
Einen Moment blickte Rafael verständnislos drein.
Diese ersten Sekunden monarchischer Autorität gaben ihm ein ähnliches Gefühl, das er immer dann hatte, wenn er ein kraftvolles, ungebändigtes Pferd zuritt. Die Herrschaft, die er nun in Händen hielt, entzog sich noch seiner Macht. Es war erregend und verwirrend. Doch sein jahrelanger Unterricht hatte ihn auf diesen Augenblick vorbereitet, und er merkte, wie ihn eine innere Stimme leitete.
Als er das nächste Mal sprach, klang er entschlossen. „Wir wollen mit der Dürre anfangen. Wie sieht es mit den Wasser- reserven der Stadt aus? Wie rasch können wir Kanäle bauen, um die Weizenfelder im Unterland zu bewässern?“
Der Minister für Landwirtschaft hob die Hand, um darauf zu antworten.
Aufmerksam hörte Rafael zu und beobachtete aus dem Augenwinkel, dass sein Vater den Kopf senkte und lächelte.
4. KAPITEL
Daniela wachte auf, als das morgendliche Sonnenlicht durch die dünnen Vorhänge um ihr Himmelbett fiel. Sie zuckte bei dem stechenden Schmerz in ihrem Arm leicht zusammen und schloss wieder die Augen, während sie an die unruhige Nacht denken musste, die sie gerade hinter sich gebracht hatte.
Schweren Herzens war sie ins Dorf geritten und hatte der Witwe Gabbiano mitgeteilt, was mit ihren Söhnen geschehen war. Ihre Angst um die Brüder, der Schmerz in ihrem Arm und ihre Erinnerung an jedes Wort, das sie mit Prinz Rafael gewechselt hatte, machten es ihr unmöglich, genug Ruhe zu finden, um für den bevorstehenden Tag gerüstet zu sein.
Sie wollte alles vorbereiten, um dann nachts als maskierter Reiter eine waghalsige Rettungsaktion zu unternehmen.
Daniela setzte sich gähnend auf und zwang sich dazu, aus dem Bett zu steigen. Sie wusste, dass Signora Gabbiano schon bald in der Villa eintreffen würde, um gemeinsam mit Da- niela in die Stadt zu fahren. Rasch streifte Daniela sich den Morgenmantel über und ging nach unten, wo sie den Duft des Kaffees roch, den Maria zum Glück bereits aufgesetzt hatte. Eine Tasse starken Kaffee – das war im Moment alles, was sie wollte. Sie setzte sich an den Tisch, wo das Erwünschte von Maria bereits hingestellt worden war.
Durch das geöffnete Fenster wehte eine angenehm kühle Brise in die Küche. Ihr stieg von weit her der Geruch von Meerwasser und von wilder Minze in die Nase. Der Duft der Pfefferminze erinnerte Daniela an ihn – an den Mann mit den Süßigkeiten, dem schönen Mund und der goldbraunen Mähne.
Sie runzelte die Stirn, trank einen Schluck Kaffee und är- gerte sich darüber, dass sie ihm von ihrem Bedürfnis nach Unabhängigkeit erzählt hatte. Gewiss hielt er sie für eine seltsame Frau. Doch es war ihr wichtig gewesen, den Blick des Mitleids aus seinen Augen zu vertreiben, selbst auf die Gefahr hin, dass sie ihm jetzt eigenartig vorkam.
Sie erinnerte sich an die Einladung zum Ball. Da sie ge- wusst hatte, dass sie damit beschäftigt sein würde, ihre Leute aus dem Gefängnis zu befreien, hatte sie abgelehnt. Am Abend zuvor hatten sie seine Schönheit und sein Charme zu sehr aus der Fassung gebracht, als dass sie hätte misstrauisch werden können. Doch nun – im klaren Licht des Morgens – empfand sie seinen Wunsch, sie solle an seinem Geburtstag anwesend sein, als höchst
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