Gaelen Foley - Amantea - 03
bleibt, um eine solche Reise zu machen.“
„Wovon sprechen Sie?“ fragte Rafael fassungslos. „Sie wirken keineswegs krank.“
„Sprich nicht so laut“, sagte der König und schaute rasch über seine Schulter. „Niemand weiß davon außer dem Arzt, Don Arturo und nun du. Ich möchte es so lange wie möglich geheim halten.“
Einen Moment sah Rafael ihn ungläubig an. Es hatte ihm kurz die Sprache verschlagen. „Weiß Mutter davon?“
„Oh Gott, nein“, flüsterte Lazar. „Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen macht.“
„Weiß der Arzt, was es ist?“
Lazar zuckte die Schultern. „Vermutlich Krebs.“
„Oh mein Gott“, sagte Rafael bestürzt. „Wie kann das sein? Sie sind noch nie in Ihrem Leben krank gewesen.“
„Rafael, nun ist es wichtig, dass wir die Dinge regeln. Jetzt ist nicht die Zeit dazu, mich im Stich zu lassen.“
Rafael blickte seinen Vater an. Nachdem er nun von der Krankheit des Königs wusste, konnte er auf einmal die An- zeichen der Erschöpfung in dessen Gesicht sehen. Er hatte tiefe Schatten unter den Augen und wirkte so, als ob er kaum geschlafen hätte.
Rafael konnte es nicht fassen. Sein Vater war ihm stets so unverletzlich wie ein Gott vorgekommen. „Haben Sie Schmerzen?“
„Es geht mir gut, solange ich nicht esse.“
Sein Sohn schüttelte den Kopf. „Vater, warum haben Sie es mir nicht gleich offen gesagt? Es tut mir sehr Leid, wenn ich die Nerven verloren habe.“
„Ich wollte nicht, dass du es erfährst. Du wirst genug ande- res um die Ohren haben, wenn du erst einmal das Schicksal einer halben Million Menschen auf deinen Schultern trägst.“ Er legte seine Hand auf Rafaels Arm. „Vielleicht war meine Vorgehensweise heute Abend nicht ganz richtig, aber ich möchte, dass du heiratest. Nicht nur wegen des Königreichs und der Familie, sondern auch wegen deines eigenen Glücks. Ich selbst habe wahrhaftig in meiner Jugend nicht an mich gehalten, aber es gefällt mir nicht, was mit dir geschieht.“
Rafael erwiderte nichts.
„Du brauchst jemand, dem du wirklich etwas bedeutest, wenn du in Schwierigkeiten steckst – und das wird eintre- ten. Ehrlich gesagt, ich hätte niemals so lange durchgehalten, wenn es nicht deine Mutter geben würde.“
Rafael senkte den Blick und schluckte. Er befürchtete jeden Moment, wie ein Kind weinen zu müssen.
„Ja, Vater“, murmelte er. Nachdem er nun die Situation verstand, konnte er den Wunsch seines Vaters unmöglich ab- lehnen. Er hatte nicht den Mut dazu. Also würde er heira- ten, auch wenn es einem Todesurteil gleichen mochte. „Ich werde tun, worum Sie mich bitten. Aber ich befürchte, dass es niemand mehr wie Mutter geben wird.“
Ein Lächeln huschte über das Gesicht seines Vaters. Freundschaftlich schlug er ihm auf den Rücken. „Da hast du Recht. Nun komm mit mir. Wir müssen einige Dinge regeln.“
Lazar legte seinen Arm um Rafaels Schultern und zog ihn mit sich zum Beratungszimmer zurück. „Du wirst deine Sa- che gut machen, Sohn. Ich habe Don Arturo gebeten, eng mit dir zusammenzuarbeiten.“
Rafael hörte nicht mehr zu. Die Nachrichten hatten ihn sehr mitgenommen, und in seinem tiefsten Innern weigerte er sich, die Vorstellung zu akzeptieren, dass sein Vater bald sterben müsste.
Vielleicht kam er deshalb auch auf andere, zynischere Erklärungen. Aber vermutlich hatte der Arzt bereits den Verdacht der allmählichen Vergiftung ausgeschlossen.
Falls sie etwas gefunden hätten, hätte sein Vater nicht von Krebs gesprochen. Wer würde außerdem den beliebten Kö- nig Lazar di Fiore, den so genannten Felsen von Amantea, vergiften wollen?
Eines war jedoch sicher. Rafael musste unbedingt den kö- niglichen Leibarzt aufsuchen und ihn befragen. Außerdem beschloss er, seiner Familie seinen eigenen Koch auf die Reise mitzugeben, denn diesem Mann konnte man trauen. Auch wollte er die Lebensmittel auf dem Schiff austauschen lassen, kurz bevor die Segel gesetzt wurden.
Zum Glück gab es für seinen Vater – falls er sich tatsächlich in Gefahr von außen befand – keinen sichereren Ort als unter Darius' Dach in Spanien. Der Gatte seiner Schwester hatte die königliche Familie stets beschützt. Er hatte auch im letz- ten Moment an jenem schicksalhaften Tag vor zehn Jahren die französischen Eroberer von Amanteas Küste verjagt.
Ganz gleich, welche Bedrohung auf ihnen lastete – die Fi- ori waren immer am stärksten, wenn die Familie zusammen- hielt. Ein Gedanke, den er im Gedächtnis behalten wollte,
Weitere Kostenlose Bücher