Gaelen Foley - Amantea - 03
sonderbar.
Er hatte nicht einmal eine Anstandsdame erwähnt. Hatte er tatsächlich vorgeschlagen, sie eine seiner eleganten Be- gleiterinnen zu übergeben, die sie herrichten sollte? Mein Gott! Bei seinem Ruf musste man sich ernste Sorgen über den Beweggrund seiner Großzügigkeit machen.
Doch dann erschien Daniela ihr Verdacht als lächerlich. Er war an die zartesten Blumen der Gesellschaft gewöhnt. Solch ein Mann würde niemals einen rothaarigen Wildfang, wie sie es war, wählen. Gott sei Dank, denn einem so ver- führerischen Mann mit seinen grünen Augen wäre kaum zu widerstehen gewesen.
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet, die in den Kü- chengarten führte, und ihr Großvater trat ein. Überrascht schaute Daniela auf.
„Guten Morgen, meine Liebe“, sagte er fröhlich.
Sie lächelte ihn an und freute sich, ihn einmal wieder klarsichtig zu erleben. „Wie geht es dir, Großvater?“
„Ausgezeichnet, mein Kind“, erklärte er strahlend. Seine heisere Stimme klang kräftiger als sonst. „Ich habe gerade einen kleinen Spaziergang in der Morgensonne gemacht und an Prinz Rafael gedacht. Was für ein reizender junger Mann, nicht wahr?“
Argwöhnisch blickte sie ihn an und entschloss sich dann, ihm nicht zu widersprechen. Er sah glücklich aus, und wenn der Kronprinz das Lächeln auf das Gesicht ihres Großvaters gezaubert hatte, wollte sie ihm seine Freude nicht nehmen. Sie hatten so selten Besuch.
„Warum lässt du dir nicht den Hof von ihm machen?“ neckte er sie.
„Großvater!“
Er schmunzelte und tätschelte ihr liebevoll den Kopf. „Wieso nicht? Du bist wütend auf ihn, weil er kein Mann ist, den du wie uns andere herumkommandieren kannst. Aber das bedeutet nicht, dass er nicht gut für dich wäre.“
„Ich kann auf mich selbst aufpassen. Das weißt du genau.“
Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Und außerdem kommandiere ich niemand herum.“
Er lachte und ging wieder in den Garten hinaus.
Daniela nahm den Becher Kaffee mit in ihr Schlafzimmer hinauf und zog sich das beste Kleid an, das sie besaß. Es war ein schlichtes Baumwollkleid mit einem hübschen Blu- menmuster. Die kurzen Ärmel bedeckten allerdings ihren verletzten Arm nicht, weshalb sie widerstrebend ein kurzes Jäckchen überstreifte, dessen Stoff bereits ausgeblichen war. Nachdem ihr Maria geholfen hatte, das Haar zu einem Zopf zu flechten und um den Kopf zu legen, war sie bereit, in die Stadt aufzubrechen.
Sie verbrachte noch eine Weile damit, die Dinge, die sie für die nächtliche Rettungsaktion brauchte, in einen Sack zu ver- stauen. Dann hörte sie jemand vorfahren. Rasch sah Daniela noch einmal nach, ob sie alles hatte: ihre schwarze Reithose und das dazugehörige Hemd, drei Tonminenbomben, die sie in der Nacht zuvor angefertigt hatte, ein Flintstein, um sie anzuzünden, ein langes Hanfseil, ihren Degen, eingewickelt in alte Lumpen, ihre Reitstiefel und schließlich die schwarze Maske.
Sie setzte eine Haube auf, band die Bänder unter dem Kinn zusammen und streifte sich die Handschuhe über. Dann ging sie mit dem Sack über der Schulter nach unten.
Dort begrüßte sie die alte Bäuerin Signora Gabbiano. Ma- ria begleitete sie nach draußen, wo die zwei Frauen besorgt miteinander sprachen, während Daniela den Sack in dem Einspänner verstaute. Sie legte noch ihren Sattel daneben und band ihren braunen Wallach hinten an das Gefährt.
Nach diesen Anstrengungen pochte die Wunde an ih- rem Arm heftig. Als sie neben der gedrungenen Gestalt der schwarz verschleierten Witwe auf dem Kutschbock Platz nahm, war ihr schwindlig.
„Mateos Freund Paolo wird sein Fischerboot bereithalten, um die Jungen und mich noch heute Nacht zum Festland zu bringen“, sagte Signora Gabbiano, sobald sie losfuhren. Daniela nickte, wobei sie der Gedanke, sich von ihren Freunden trennen zu müssen, bedrückte. „Ich habe den Zündstoff dabei. Wenn mir die Wärter gestatten, die Jungen gemeinsam mit Ihnen zu besuchen, kann ich die Sprengsätze hineinschmuggeln. Dann werden sie bald wieder frei sein.“
„Ich hoffe, dass Sie Recht haben, Signorina“, murmelte die Witwe und trieb das graue Zugpferd an. Daniela schwieg,
denn sie wusste, dass Signora Gabbiano ihr die Schuld für die Gefangennahme ihrer Söhne gab – selbst wenn sie das niemals offen sagen würde.
Als sie auf der Landstraße in Richtung Norden fuhren, kam ihnen auf einmal ein Reiter entgegen.
Daniela sank der Mut, als sie den beleibten Conte Bul- bati
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