Gaelen Foley - Amantea - 03
Daniela widerstrebend.
„Aber wozu?“ hakte Bulbati nach. „Sie hassen doch die Stadt.“
Böse funkelte sie ihn an. „Zu einem wohltätigen Zweck. Ich will die Armen besuchen. Möchten Sie mich begleiten?“
Er riss seine kleinen Augen auf und holte seine Taschenuhr hervor. „So spät ist es schon? Es ist beinahe Zeit zum Mit- tagessen. Vielleicht das nächste Mal, meine Gute. Möchten Sie nicht bei mir etwas zu sich nehmen?“
„Danke, aber wir sind in Eile.“
Sie verabschiedeten sich, und kopfschüttelnd ließ Signora Gabbiano die Zügel schnallen, um endlich voranzukommen.
Schon bald brannte die Mittagssonne erbarmungslos auf sie herab. Die Witwe rief den Fußgängern Warnungen zu, während sie den Wagen durch die geschäftigen Straßen Bei- forts lenkte. Daniela saß so aufrecht wie möglich da, weil sie sich noch kurz zuvor die drei Tonminen an die Schenkel und das Seil um die Taille geschnürt hatte.
Nur auf diese Weise konnte sie diese Dinge ins Gefäng- nis schmuggeln. Die faustgroßen Tonbälle enthielten genug Schießpulver, um ein drei Fuß großes Loch in die Zellenwand der Brüder zu reißen.
Gerade als sie die Piazza erreichten, begannen die Glocken des Doms zur Mittagsmesse zu rufen. Über das Geläute hin- weg hörte Daniela jedoch noch ein anderes, ein hämmerndes Geräusch. Sie schaute zur Mitte des Platzes und sah, dass dort Männer einen Galgen errichteten. Trotz der Hitze lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinab.
Eine große Menschenansammlung befand sich auf der Piazza. Alle redeten von der Gefangennahme der Straßen- räuber und von Rafael als Prinzregenten. Es herrschte eine angespannte Stimmung. Alte Männer standen in Gruppen zusammen, während Frauen mit Kindern an der Hand zur Kirche eilten. An einer Ecke hatte sich eine lange Schlange von Leuten gebildet, die sich für ihre tägliche Wasserra-
tion anstellten und die von aufmerksamen Soldaten bewacht wurden.
Verkäufer hielten Obst und Gemüse feil, eine alte Frau bot den Vorübergehenden Blumen an, die sie in einem Korb auf dem Rücken ihres Esels hatte. Es herrschte ein stetes Kom- men und Gehen, während die ganze Zeit über der Galgen für Danielas Freunde errichtet wurde.
Signora Gabbiano warf ihr einen finsteren Blick zu und lenkte das Gefährt zu dem Pferdestall, den ihr Schwager be- trieb. Dort ließen sie die Kutsche und den Wallach zurück. Daniela versteckte rasch noch den Sack mit den Utensi- lien für ihren Überfall unter einem Heuhaufen. Untergehakt machten sie sich zum Gefängnis auf. Unterwegs hörten sie das Gerede der Leute, von denen sich manche sicher waren, dass der maskierte Reiter seine Helfer befreien würde. Andere wollten auf der Piazza auf den berüchtigten Gesetzesbrecher warten, falls er tatsächlich dort auftauchen sollte.
Als die beiden Frauen eine Straße überquerten, wurden sie beinahe von einem schwankenden Wagen angefahren. Da- niela sprang zurück und zog Signora Gabbiano mit sich. Als das Gefährt an ihnen vorbeirumpelte, sahen sie, dass es eine große Ansammlung seltsamer Masken und Kostüme geladen hatte. Da es in Richtung des kronprinzlichen Lustschlos- ses fuhr, vermutete Daniela, dass die Verkleidungen für den heutigen Geburtstagsball bestimmt waren. Es würde wahr- scheinlich das ausgelassenste Fest werden, das die Insel je erlebt hatte, wenn man bedachte, dass Rafael nun plötzlich die Macht eines Herrschers besaß.
Endlich trafen sie am Gefängnis von Belfort ein. Die Solda- ten, die es bewachten, geleiteten sie in das Gebäude, wo sie in einem düsteren Vorzimmer mit einem Wärter verhandelten. Signora Gabbiano sprach, während Daniela mit gesenktem Kopf neben ihr stand. Sie achtete darauf, so bescheiden wie möglich zu wirken, wobei ihr Herz beim Gedanken an den Zündstoff an ihrem Körper heftig pochte. Sie konnte kaum fassen, dass sie sich in einem Gefängnis befand, während Soldaten das Land nach dem maskierten Reiter durchkämm- ten.
Endlich war der Wärter einverstanden, dass sie die Brü- der sehen konnten. Ungeduldig verscheuchte er eine Fliege, die um ihn herumschwirrte, und führte dann die beiden Frauen einen dunklen, feuchten Gang entlang. Am Ende öff- nete er eine Tür, in der sich eine kleine Luke befand. „Eine
Viertelstunde“, knurrte er und warf die Tür hinter ihnen zu.
Daniela hielt sich im Hintergrund, während Signora Gab- biano ihre Söhne weinend in die Arme nahm. Die Augengläser des armen Alvi waren zerbrochen, und auch der große,
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