Gaelen Foley - Amantea - 03
besonders an ihr interes- siert haben mochte. Am liebsten hätte Daniela den Schal von den Schultern ihrer Nachbarin gerissen und damit Chloe Sinclairs üppigen Busen bedeckt.
Als sie sich umsah, wurde ihr deutlich, dass viele der Gäste Miss Sinclairs Schönheit bewunderten. Einige jedoch sahen ebenso entsetzt wie Daniela aus. Was dachte sich Seine Ho- heit dabei, eine Schauspielerin zu seiner Gastgeberin zu er- nennen? Gott allein wusste, wie viele andere Mitglieder der besten Familien er damit beleidigt hatte.
Als Daniela an der Reihe war, begrüßte Chloe Sinclair sie mit ihrem ausgeprägten englischen Akzent. Danielas Mei- nung über Rafael sank noch tiefer, als sie den gezierten Aus- druck auf ihrem Gesicht bemerkte. Schamlos schien sie ihre Position als die Gastgeberin des heutigen Balls zu genießen. Daniela nickte der Schauspielerin nur kurz zu und ging dann voller Verachtung weiter. Miss Sinclair nahm die Abneigung offenbar wahr und schien sogleich beleidigt zu sein.
Contessa Chiaramonte wollte nicht noch mehr Zeit damit verbringen, sich mit den Privatangelegenheiten des Prin- zen zu beschäftigen. Irgendwo in diesem Palast des Lasters wartete ein kleiner Junge darauf, von ihr gerettet zu werden.
Unsicher bahnte sie sich einen Weg durch die Menge, bis sie an den Rand des Ballsaals gelangte. Sie umrundete Gruppen von plaudernden Gästen, wobei die Frauen elegante Kleider in jeder nur erdenklichen Farbe trugen und die Männer meist schwarz angezogen waren.
Sie wich Lakaien aus, die große Tabletts mit Weinglä- sern und köstlich aussehenden Antipasti brachten – Stück- chen geräucherten Schwertfischs, Schnecken, Kaviar, Käse und andere Leckerbissen. Zudem gab es kandierte Feigen, Aprikosen und in Wein eingelegte Pfirsiche.
Ein Lakai bot ihr ein Gläschen süßen Brombeerlikör an, doch sie wagte es nicht, auch nur einen Schluck zu trinken. Auch die Delikatessen sahen verführerisch aus, aber Daniela wollte nicht noch mehr Zeit verlieren.
Sie ging an einem der jungen Männer aus Rafaels Ge- folge vorbei, der eine Frau gegen eine Säule gedrängt hatte und gerade dabei war, sie mit einer Auster zu verköstigen. Die Frau hatte den Kopf zurückgelegt und schlürfte sie mit geschlossenen Augen.
Ein Anflug von Sinnlichkeit überkam Daniela beim An- blick der beiden. Rasch senkte sie den Blick und eilte weiter. Beim Vorübergehen hörte sie allerdings noch, wie der Mann seiner Angebeteten zuflüsterte, dass Austern als Aphrodisia- kum wirkten.
Errötend warf Daniela heimliche Blicke auf die anderen
Herren aus Rafaels Gesellschaft. Sie hielten sich in der Nähe auf und begutachteten die Menge wie Raubvögel, die auf Beute lauerten. Dabei fiel ihr besonders Adriano di Tadzio auf, dessen schönes Aussehen so manche Dame auf dem Ball weit in den Schatten stellte.
Beim Gedanken an jene Nacht, in der sie ihn ausgeraubt hatte, zuckte sie innerlich zusammen. Aber warum hatte er auch so hochmütig sein müssen, so dass sie sich herausge- fordert gefühlt hatte, ihn zu demütigen?
Sie erkannte auch den blonden, dünnen und freundlichen Vicomte Elan Berelli, der wahrscheinlich der Einzige der Freunde war, den man als anständig bezeichnen konnte. Seine große Nase, die leicht nach vorn gebeugte Haltung und sein vorgereckter Kopf ließen ihn wie einen freundlichen Bus- sard erscheinen. Man munkelte, dass er zum zukünftigen Premierminister herangezogen würde.
In diesem Moment vernahm Daniela ein tiefes Lachen, das nur wenige Fuß von ihr entfernt erklang.
Sie warf einen Blick über die Schulter und sah Rafael, der inmitten einer Traube von Leuten stand, die ihn alle bewun- dernd anschauten und förmlich an seinen Lippen hingen.
Auch Daniela sah ihn wie gebannt an. Verwirrende Gefühle stiegen in ihr hoch. Der junge Gott Apollo ist auf die Erde gestiegen, dachte sie, um ein Bad in der Menge zu nehmen.
Der begehrenswerteste Junggeselle des ganzen Landes.
Sie betrachtete sein Haar, das von der Sonne geküsst zu sein schien, seine bronzefarbene Haut, sein markantes Gesicht, aus dem ein starker Wille sprach, und seine sanften Augen. Er hatte dichte Brauen und einen sinnlichen Mund. An jedem anderen Mann hätte eine saphirblaue Jacke geckenhaft ge- wirkt. An Rafael jedoch unterstrich sie noch seine prachtvolle Figur.
Daniela holte tief Luft und schaute woanders hin, doch das wunderbare Bild hatte sich ihr eingeprägt.
Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie den Heißsporn bewunderte, musste jedoch
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