Gaelen Foley - Amantea - 03
Derartiges zu entdecken.“
„Und woher soll ich wissen, dass ich Ihnen trauen kann? Vielleicht hat mein Vater einen unbekannten Feind, dem Sie zuarbeiten“, wandte der Kronprinz mit scharfer Stimme ein.
„Vermuten Sie eine Verschwörung, Hoheit?“ fragte der alte Arzt verwirrt. „Beschuldigen Sie mich?“
Orlando wartete gespannt auf die Antwort, aber Rafael schwieg eine Weile.
Dann sagte er: „Das wird sich zeigen. Ich werde Ihre Auf- zeichnungen anderen Medizinern geben, um sie überprüfen zu lassen.“
„Wie Sie wollen, Königliche Hoheit. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht. Wenn ich etwas anderes wüsste, um ihm zu helfen ...“
„Hat sich noch jemand anders mit dem Fall beschäftigt?“
„Nur Doktor Bianco.“
„Wo kann ich ihn finden?“
„Er ist vor drei Monaten verstorben, Hoheit.“
Orlando wartete beunruhigt, was nun folgen würde.
„Wie?“ wollte Rafael wissen.
„Im Schlaf, Hoheit. Er hat seit vielen Jahren an einem schwachen Herzen gelitten.“
„Wo befinden sich seine Unterlagen über den Gesundheits- zustand meines Vaters? Ich möchte sie ebenfalls weiterrei- chen.“
„Selbstverständlich, Königliche Hoheit. Ich werde sie für Sie suchen lassen. Sie können auf mich zählen ...“
Orlando huschte davon, während der alte Mann weitere Beteuerungen ausstieß.
Verdammt noch mal!
Nach Jahren umsichtigen Planens und dem Geschmack ste- ter Bitterkeit in seinem Mund hatte Orlando diese Verwick- lung nicht vorausgesehen. So hatte es nicht geschehen sollen. Innerhalb weniger Stunden war sein ganzer Plan zunichte gemacht worden.
Er musste Cristoforo finden, bevor Rafael es tat. Das war
das Einzige, was er im Moment tun konnte. Es blieb ihm kaum Zeit, die belastenden Beweise verschwinden zu lassen. Zum Glück hatte er die Aufzeichnungen Doktor Biancos an sich genommen, nachdem er den aufdringlichen alten Mann aus dem Weg geschafft hatte. Aber Rafael befand sich auf dem richtigen Weg. Schon bald würde er wahrscheinlich eine Untersuchung anordnen, und Orlando musste ihm zumindest immer einen Schritt voraus sein.
Er nickte zwei Damen, die ihm im Korridor des Palazzo entgegenkamen, freundlich zu und bat dann einen Diener, sein Pferd satteln zu lassen. Während er auf das Tier war- tete, zündete er sich eine Zigarre an und dachte missmutig nach.
Seine Lage hätte natürlich noch schlimmer sein können. Der König war zwar noch nicht tot, aber zumindest befand er sich zusammen mit dem kleinen Quälgeist Leo in weiter Ferne. Also war nur noch Rafael übrig, der Orlando eigentlich keine Sorgen bereitete. Noch war nicht alles verloren. Außer- dem war er ausgesprochen zäh. Wie sonst hätte er die Alb- träume, aus denen sein Leben bestanden hatte, überstehen können?
Als man seinen Araberhengst aus den königlichen Ställen herbeiführte, drückte er seine Zigarre aus und stieg auf. Er warf dem Pferdeknecht eine Münze zu und ritt dann durch den vornehmen Teil der Stadt zu einem heruntergekommenen Viertel.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand ihm ge- folgt war, stieg er vor einer schmutzigen Taverne, über der sich ein Bordell befand, ab. Er warf dem Jungen, der vor dem Haus stand, einen drohenden Blick zu, bevor er ihm seinen Hengst überließ, und schritt dann langsam hinein. Dabei hielt er die Hand an sein Messer, so dass er es jederzeit zücken konnte.
Der Raum war schummerig und stank nach Schweiß und Rauch. Er ging zur Theke und nickte dem Schankwirt zu.
„Arbeitet Carmen heute?“
Der Mann warf einen abschätzenden Blick auf die teure Kleidung, die Orlando trug. Dann wies er auf eine schmale Holztreppe. „Zimmer sechs, mein Herr.“
„Danke.“ Orlando legte eine Münze auf die Theke und be- gab sich dann zur Treppe, wobei er zu den Männern sah, die am Nachmittag schweigend vor ihren Bieren hockten. Als er vor Zimmer sechs stand, lauschte er einen Augenblick an der
Tür und rollte ungeduldig die Augen. Er hörte deutlich, was drinnen getrieben wurde.
Er klopfte einmal kurz an die Tür. „Cristoforo“, sagte er mit leiser, aber scharfer Stimme. Die Geräusche im Zimmer verstummten. Dann vernahm er besorgtes Flüstern. Er packte den Türknauf und rüttelte daran. „Los, zieht euch an.“
Wieder folgte gehetztes Geflüster.
„Ich muss gehen. Er mag es nicht, wenn er warten muss.“
„Aber Cristoforo!“
„Ich muss tun, was er sagt, Carmen!“
„Warum?“
„Glaubst du, ich kann dich mit dem Geld bezahlen, das ich
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