Gaelen Foley - Amantea - 03
genug war, um seine Einsamkeit zu verscheuchen.
Ein Fest an einem Tag wie diesem schien ihm völlig fehl am Platz zu sein.
Er nahm einen weiteren tiefen Schluck aus seinem Glas und achtete nicht auf die innere Stimme, die ihn davor warnte, dass er bereits zu viel getrunken hatte.
Vierundzwanzig Stunden waren vergangen, seitdem er zum mächtigsten Mann auf Amantea geworden war, doch er spürte weder Freude noch Stolz. Er empfand noch immer dieselbe Leere, von der er geglaubt hatte, dass sie verschwinden würde, sobald er nur die Krone in Händen hielt. Zwar war er zum Herrscher des Königreichs geworden, doch befand er sich wieder nur auf einem weiteren öden Ball, als wäre gar nichts geschehen.
Vielleicht werden sich die Dinge für mich niemals ändern, überlegte er sich und schüttelte sich bei diesem Gedanken. Womöglich würde er vor Langeweile und Stumpfsinn ei- nes Tages sterben. Zwar mochte er das Vergnügen in jeder Form kennen gelernt haben – aber hatte er jemals wirkliche Zufriedenheit erfahren?
Seufzend betrachtete er die Menge unter sich. Er sah, wie seine Geliebte neben dem Tisch mit Punsch stand und einige Worte zu ihren hingerissenen Bewunderern sprach. Seine Freunde hatten sich unter die Gäste gemischt und hielten Augen und Ohren offen, um jegliches Anzeichen für einen Hochverrat am König sofort zu erkennen.
Zwar war in den Aufzeichnungen der Ärzte kein Beweis für eine Vergiftung seines Vaters zu finden gewesen, doch Rafael ließ dennoch die königlichen Speisekammern leeren und al- les auf Gift hin untersuchen. Eigentlich konnte er sich nicht vorstellen, dass jemand beabsichtigte, Lazar zu töten. Wahr- scheinlich hatte er nur zu viele Schauerstücke im Theater gesehen. Aber er wollte sich dennoch vergewissern.
Er seufzte erneut und schaute trübsinnig auf das bunte Treiben hinab, das ihn überhaupt nicht interessierte.
Vielleicht hatte sein Vater Recht. Zum Teufel – das hatte er meist. Womöglich würde ihn nicht nur die Macht glück- lich machen, sondern auch das ruhigere Leben eines Ehe- manns und Vaters. Allerdings kam ihm diese Vorstellung im Augenblick entsetzlich langweilig vor.
Er hatte sein Bestes getan, um sich für eine der fünf Frauen zu entscheiden, die für ihn ausgewählt worden wa- ren. Aber bis jetzt schien ihm keine auch nur im Mindesten begehrenswert zu sein.
Eine war eine strahlende Schönheit – mit einem gierigen Funkeln in den Augen, das ihm nicht behagte. Eine andere besaß Witz und hatte sogar einen Artikel über moralisches Verhalten veröffentlicht. Doch das war das Letzte, was er brauchen konnte: eine Ehefrau, die ihm all seine Fehler austreiben wollte.
Wieder eine andere galt als tugendhaft und war für ihre Frömmigkeit bekannt. Er mochte wahrhaftig nicht derjenige sein, der sie befleckte. Die Vierte sah kränklich und zerbrech- lich aus. Eine Geburt würde sie vermutlich das Leben kos- ten. Und die Fünfte war eine plumpe, rotbäckige bayerische Prinzessin, die recht fröhlich aussah. Sie gefiel Rafael noch am besten, doch seine Freunde hatten ihm versichert, dass ihr die Höflinge mit ihren bösen Scherzen das Leben zur Hölle machen würden. Und sie hatten natürlich Recht.
Er runzelte die Stirn. Es sollte doch gar nicht so schwierig sein, eine der Frauen auszuwählen, doch bisher hatte er stets angenommen, dass er nur heiraten würde, wenn er ...
Was für ein Narr du doch bist, tadelte er sich selbst. Es war an der Zeit, mehr Champagner zu trinken.
Er wollte sich gerade ein gefülltes Glas holen, als er eine schöne junge Dame bemerkte, die sich vorsichtig durch die Menge bewegte. Sie erinnerte ihn an eine Katze, die sich durch einen Garten schlich. Rafael hielt inne, und sein Herz schlug plötzlich heftig.
Ist das etwa mein Rotschopf?
Als ihm klar wurde, dass es tatsächlich Daniela war, die stehend auf einem Pferderücken reiten konnte, stützte er sich auf das Geländer und betrachtete sie lächelnd.
Sie war also doch gekommen.
Aha, sie hat mich entdeckt, dachte er zufrieden. Nun, eine Dame durfte ihre Meinung ändern.
Rafael blickte bewundernd auf die junge Contessa Daniela. Trotz ihrer Halbmaske über den Augen hatte sie sich vor ihm nicht verbergen können. Ihr haftete etwas so Einzigartiges an, dass er sie sogar aus einer Menge, die zehn Mal so groß wie diese war, herausgefunden hätte. Ihr hochgestecktes Haar schimmerte rötlich im Licht der Kerzen.
Sie kam ganz offensichtlich vom Land und sah wunderbar deplatziert unter all
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